Wissenschaft und Religion:

 

Theologie, Astrophysik und das SETI-Projekt.

 

1-31-06

 

Die Folgerungen aus der Astrophysik und dem SETI-Projekt für die christliche Theologie:

 

Das Konzept einer Theologie mit Gültigkeit im Weltraum, „Kosmotheologie“

 

 

 

 

Helmut Schwab

 

Princeton, 2003

 

(5. Fassung)

Inhaltsverzeichnis

 

Zusammenfassung

 

1.  Einleitung

 

1.1.         Das dynamische Sichergänzen von Wissenschaft und Theologie

1.2.         Die zusätzliche Perspektive der Erforschung des Weltraumes

 

2.  Was bringt die Weltraumforschung der christlichen Theologie?

 

2.1.      Wie sehen die Religionen und die christliche Theologie unsere Existenz? 

Die 3 religiösen Grundfragen: 

Gott:  Die 5 Grundfragen nach Gott und dem Jenseits:

*      Gott der Schöpfer

*      Der weiterwirkende Gott

*      Der persönliche, gnädige Gott

*      Der richtende Gott und das Weiterleben der Seele

*      Das Böse, das Leiden und das Nutzlose in der Welt.

Das Gesetz

Der Sinn oder Plan der Existenz und des menschlichen Lebens  

 

2.2. Welche Vorstellungen ergeben sich aus der Weltraumforschung?

Gott:  Die 5 Grundfragen nach Gott und dem Jenseits:

*      Gott der Schöpfer                                                      

*      Der weiterwirkende Gott                                           

*      Der persönliche Gott, der helfen kann                                   

*      Der richtende Gott und das Weiterleben der Seele    

*      Das Böse, das Leiden und das Nutzlose in der Welt 

Das Gesetz     

Der Sinn oder Plan der Existenz und des eigenen Lebens     

                                    Die universale Gültigkeit spezieller Glaubensinhalte

 

2.3. Was bleibt der Theologie im Universum?

 

3.  Bemerkungen zum Phänomen der „Religion“ 

 

4.  Meine Sicht

 

5.  Abschließende Zusammenfassung

 

6.  Unser Weg

 

 

 

Zusammenfassung:

 

 

Die Darwinsche Evolutionslehre führte zur Revision der Schöpfungsgeschichte und des gewohnten Bildes Gottes als eines liebenden Vaters.  Nun ließ die Weltraumforschung intelligentes Leben auf anderen Himmelskörpern erwarten (SETI Projekt).  Die Astrophysik erkannte das zukünftige Vergehen aller kosmischen Strukturen.  Was bedeutet das der christlichen Theologie?  Die Vorstellung von Erbsünde, dem Opfer Christi zur Erlösung der Menschheit, Jüngstem Gericht und Paradies müssen kritisch betrachtet werden.  Daraus kann sich ein „universell-kosmischer“ Kern unseres Glaubens ergeben und eine neues Verständnis des Sinns unseres Lebens.  Siehe die letzte Seite, „Unser Weg“.

 

 

1.  Einleitung:

 

1.1.  Das dynamische Sichergänzen von Wissenschaft und Theologie:

 

Der bis auf Leben und Tod gehende Kampf zwischen Wissenschaft und Theologie liegt hinter uns, zumindest in der westlichen Welt.  Ein Galileo würde heutzutage nicht mehr bedroht.  Die Verfolgungen der Gläubigen in den atheistischen, totalitären Systemen der letzten Vergangenheit scheint auch überwunden.  So bleibt nur der anachronistische Rückzugskampf einiger fanatischer Muslim gegen die Ungläubigen, der eher Ausdruck anderer Probleme ist.  Zwischen christlicher Theologie und Wissenschaft aber entstand aus den früheren Kämpfen um Vormacht nun ein Sichergänzen.

 

Keppler und Galileo verursachten die erste Herausforderung der Wissenschaft an die christliche Theologie.  In den folgenden Jahrhunderten entstand eine zunehmend merkantile, technische und wissenschaftlich informierte Gesellschaft, die zu einer schleichenden Herausforderung für die Theologie und die Kirchen wurde.  Die Dominikaner und Jesuiten versuchten, die sich bildende Kluft zu überbrücken.  Dann begann 1859 mit Wallaces und Darwins Lehre von der natürlichen Evolution eine ganze Reihe neuer, grundsätzlicher und ernstere Herausforderungen an die Theologie. 

 

Durch die geologisch-biologische Evolutionslehre erkannte man, daß der steigende Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre vor ungefähr 600 Millionen Jahren zu einem neuen Energiezyklus der Lebewesen führte.  Statt nur friedlicher Photosynthese, ergab sich nun die Oxydierung von organischen Substanzen als Energiequelle.  So veranlaßte die sich in der Evolution entfaltende Schöpfung die jeweils höheren Lebewesen zum Abfressen oder Morden und Verzehr der niedrigeren, schwächeren oder weniger kampffähigen.  Dieses führte zur Mobilität und schließlich Hirnentwicklung dieser neuen Lebewesen für Beutesuche, Gefahrvermeidung und Bestehen gegenseitiger Rivalitäten. 

 

Im weiteren Sinne erkannte die Evolutionslehre die Natur in der Pflanzen- und Tierwelt, also in Gottes früher Schöpfung, als eine Welt einer großartigen Entfaltung der Schöpfung, aber auch als eine natürliche Welt ohne Mitleid, ohne Gerechtigkeit und ohne Fairness (von wenigen proto-ethischen Regungen bei Fürsorge für Nachkommen, bei Reziprozität zwischen Partnern und bei Aufopferung für die Stammesgruppe abgesehen).  Dieses wurde von der christlichen Theologie nie voll zur Kenntnis genommen, besonders auch nicht das natürliche Hineinreichen dieser “Darwinschen” Welt in unser menschliches Sein und unser persönliches Schicksal. 

 

Dann kamen die Erkenntnisse der Geophysik bezüglich der dynamischen und wiederholt von Katastrophen geprägten Bedingung auf Erden, der Psychologie bezüglich der Seele des Menschen, der Relativitätstheorie bezüglich der Zusammenhänge zwischen Materie, Energie, Zeit und Raum, der Quantentheorie bezüglich der Ungültigkeit des Determinismus [1] und bezüglich gewisser Partikelverbundenheit auf subatomarem Niveau [2], der Molekularbiologie bezüglich des Ursprungs des Lebens, sowie der Neurophysiologie und kognitiven Psychologie bezüglich des Bewußtseins, des Denkens, der Intuition und des Empfindens des Menschen.  Und nun kommen neuerdings die Erkenntnisse der Weltraumforschung bezüglich dessen, was sich in der Tiefe des Universums und der Zeit abspielt.  Zahlreiche Planeten wurden bereits bei anderen Sternen entdeckt und das SETI-Projekt [3] (Search for Extraterrestrial Intelligence) sucht nach anderen hoch-entwickelten Zivilisationen auf derartigen Himmelskörpern.

 

Die Wissenschaft konzentriert sich auf das Verständnis der Welt, in der wir leben – aufbauend auf die immer und überall geltenden Naturgesetze und immer vorhandenen kausalen Zusammenhänge im Kosmos (einschließlich der nach einer Wahrscheinlichkeitsverteilung auftretenden Ereignisse).  Fragen bleiben aber noch offen nach dem letztlichen Ursprung der Existenz und, zumindest bei einigen Wissenschaftlern, nach dem Auftreten sehr komplexer Schritte in der Evolution, die extrem niedrige Wahrscheinlichkeit des Erscheinens hatten, vor allem wenn man die Zeitzusammenhänge berücksichtigt.  Wichtiger ist noch, daß die Fragen nach der hervorragenden Rolle des Menschen in der Schöpfung, bezüglich des Menschen Suchen nach Sinn und Ziel der Existenz und nach dem Verhältnis des Menschen zu Gott oder Gottes zu den Menschen von der Wissenschaft unberücksichtigt bleiben.  Die Wissenschaft hat diese Fragen nicht beachtet und mag auch nicht fähig sein, dieses zu tun.  In der Wissenschaft bleibt für Gott nur ein Platz im Augenblick der Urschöpfung, nicht aber in einer weiterwirkenden Teilnahme an der Welt, in der Beantwortung persönlicher Bitten oder in einem Jüngsten Gericht oder Jenseits. 

 

Die Theologie konzentriert sich auf die geglaubte, göttliche Offenbarung bezüglich des Wesens Gottes, der Moralgesetze für die Menschheit, göttlichen Gerichtes und eines möglichen ewigen Lebens.  Theologie beginnt, die Evolutionslehre zu akzeptieren, aber glaubt nicht nur, sondern sieht sogar, wenn sie “wissenschaftlich” denkt, eine Öffnung für Gottes Weiterwirken und persönliche Präsenz in der Welt (siehe die „Intelligent Design“ Theorie, vielleicht als „intelligente Gestaltungstheorie“ zu übersetzen [4]).  Diese Vorstellung ergibt sich aus der Tatsache, daß alle wegweisenden Entwicklungen und Schicksalswendungen nicht zwangsläufig nur so erfolgen müssen, sondern sich aus mancherlei Zufälligkeiten ergeben, manchmal aus solchen von sublimster Feinheit (siehe Chaos-Theorie).  In wissenschaftlichen Worten liegt das unter anderem in Heisenbergs Unschärferelation und in dem spontanen Entstehen von Mustern in komplexen dynamischen Systemen, vielleicht auch in dem Entstehen gewisser Ideen oder “Eingebungen” im Denken der Menschen, zumindest der „Ausgewählten“ unter ihnen.  In all diesen sublimen Zusammenhängen wird das Wirken Gottes gesehen, der sich aber der Natur für sein Handeln bedient.

 

Im Allgemeinen haben sich so die Theologen und Wissenschaftler – gemeinsam auf dem Raumschiff Erde ja zusammen in ein und derselben Welt lebend und letztlich ein und dieselbe Welt betrachtend – in ihrem Blickwinkel ergänzt oder zumindest miteinander akkomodiert.  Keiner greift den anderen an.  Dabei leben die meisten Menschen in beiden Welten – im Alltag und Beruf geht es nach wissenschaftlich-technischen und Darwinschen Gegebenheiten, Sonntags, in der Familie und zwischen Freunden geht es nach religiös-idealen Vorstellungen. [5]  

 

Und wie soll es weiter gehen? [6] Die Wissenschaftler kümmern sich um die naturwissenschaftlichen Fakten, Gesetze, Prinzipien, Theorien und Fragen des Ursprungs.  Die Theologen beziehen sich auf  die göttliche Schöpfungskraft und Weiterwirkung, die Morallehre, den Glauben und die Lehre von der Erlösung der sündigen Welt durch Christus und die Gnade eines liebenden Gott-Vaters.  Die Morallehre wurde von den Religionslehrern schon vor Jahrtausenden darauf abgestützt, daß die Moralgesetze von den jeweiligen Göttern oder von Gott ausgegeben sind, es eine persönliche Verantwortung des Einzelmenschen gibt und ein göttliches Gericht nach dem Tode entsprechende Belohnung oder Bestrafung in einem ewigen Leben (zumindest für die Seelen) bringt.

 

Der Papst Johannes Paul II hat sich in der Enzyklika “Fides et Ratio” mit diesem Rückzug der Theologie auf Moral- und Jenseitslehre auseinandergesetzt und kommt zu dem Schluß:  “Der Ratio beraubt, hat der Glaube das Gefühl und das Empfundene betont und läuft somit Gefahr, nicht mehr eine universelle Vorstellung zu sein” (Kap. 48).  Das Universelle fehlt aber auch der Wissenschaft.[7]  Der lebendige Mensch sieht in der modernen Welt der Wissenschaft und Technik ein Vakuum des Empfindens, eine Sinnlosigkeit des menschlichen Seins und in der reinen Rationalität, die dann oft nur nach Nützlichkeit trachtet, eine Gefährdung von Familie, Nation, Menschheit und aller “Werte”, die dem Leben Inhalt, Bedeutung und Richtung geben.  Können die beiden Welten der Wissenschaft  und des Glaubens wieder zusammenfinden zu einer ganzen Welt?

 

1.2.  Die zusätzliche Perspektive der Erforschung des Weltraumes

 

Nun kommt in unseren Tagen ein neues Gebiet wissenschaftlicher Erkenntnis dazu – das Wissen um die Tiefe und Dynamik des Weltraums und damit auch ein Blick in die Tiefe der Zeit.  Bringt dieses neue Wissensgebiet etwa auch wieder neue Fragen oder Herausforderungen für die christliche Theologie, wie es Galileo und das Auftreten der Darwinschen Entwicklungslehre brachten?  Werden diese Herausforderungen diesmal von der Theologie aufgenommen?

 

Die Erforschung des Weltraumes führte zunächst bei den Menschen zu einer Ernüchterung, als auf Mars keine Kanäle oder Lebewesen gefunden wurden und sich auch alle anderen Himmelskörper als leblose Gebilde aus Mineralien oder giftigen und zu heißen oder zu kalten Gasen ergaben.  Das mag die Wissenschaftler interessieren, bedeutete aber dem gewöhnlichen Menschen nicht viel.  Der gläubige Mensch und der Theologe erkennen aber dennoch in der sich entfaltenden Tiefe und Gewaltigkeit des Weltraumes die eher noch beeindruckendere Großartigkeit der göttlichen Schöpfung.

 

Nun hat die Astrophysik und Astronomie zunehmend klargestellt, wie die Sterne des Himmels und die Galaxien entstanden sind.  Die Astrophysik und Kernphysik haben aber auch klargestellt, wie die Sterne und unsere Sonne nach Ausbrennen ihrer Energiequellen wieder zusammenfallen, verlöschen oder in Schwarzen Löchern im Galaxiezentrum verschwinden, vielleicht auch wieder verstrahlt werden, so daß sich alle Strukturen des Kosmos am Ende auflösen werden.  Nach einer anderen Theorie könnte der ganze uns bekannte Kosmos wieder auf einen einzigen Punkt zusammenfallen in Umkehrung seiner Entstehung im Urknall.

 

Neuerdings hat sich herausgestellt, daß auch andere “Sterne” im Weltraum von Planeten umgeben sind, wie unsere Sonne.  Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Bildung von Planeten um ferne Sonnen eher die Regel als die Ausnahme ist.  Man weiß inzwischen auch schon einiges mehr von dem Vorgang der Entstehung und den Eigenarten der Planeten.  Die Grundmaterialien im Weltraum sind immer dieselben und überall gelten die gleichen Naturgesetze.  Somit ist, selbst bei der sehr großen Vielfalt der Phänomene bei der Entstehung der Galaxien, anderer Sonnen und ihrer Planeten, die Entstehung und das Vorhandensein von Erd-ähnlichen Planeten irgendwo auch bei anderen Sternen im Weltraum mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen.  Dabei sind jeweils gewisse Gebiete in gewissen Galaxien für die Entstehung höheren Lebens der Art, wie wir es kennen, besonders geeignet.  Da alleine unsere Galaxie, die Milchstraße, bereits einige Milliarden Sterne enthält (möglicherweise mehr als 100 Milliarden), könnten also schon in dieser “näheren”, galaktischen Umgebung von uns zumindest einige “Erden” sein.  Im Gesamtkosmos, mit vielen Milliarden Galaxien (wohl mehr als 10 Milliarden), kann man also beachtliche Zahlen von „Erden“ erwarten.

 

Unsere Erde ist erst 7 bis 10 Milliarden Jahre nach der Urschöpfung durch allmähliche Materiekonzentration und Abkühlung entstanden.  Man kann inzwischen alle Stufen der Entstehung des Lebens auf Erden nachvollziehen (außer bisher nur der synthetischen Herstellung von RNA).  Unsere spezielle, menschliche, „höhere“ Zivilisation ist aber erst 3 ½ Milliarden Jahre nach der Entstehung des Lebens durch natürlicher Evolution à la Darwin vor ca. 7,000 Jahren erschienen und hätte sich beinahe bereits in unseren Tagen durch einen unsinnigen Nuklearkrieg wieder vernichtet und wird das vielleicht eines Tages durch Massenvernichtungsmittel tun.  Weitere geophysikalische Katastrophen müssen erwartet werden (die nächste möglicherweise innerhalb von „nur“ 10 Millionen Jahren) und werden ebenfalls wieder weitreichendste biologische Auslöschung auf Erden bringen.  In weiteren ungefähr 2 Milliarden Jahren wird unsere Sonne derartig heiß geworden sein, daß auf Erden sowieso keine Zivilisation mehr bestehen kann, (sich danach erst bis auf Näher der Erde ausdehnend, dann zusammenfallend, um ein weißer „Zwerg“ zu werden).

 

Erd-artige Planeten woanders im Weltraum werden mit ihren Sonnen zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sein.  Wenn überhaupt Leben auf ihnen entstand, dann kann dieses ja nicht von Anfang an höhere Komplexität aufgewiesen haben, sondern solch Komplexität jeweils auch nur durch eine natürliche Evolutionen erreicht haben.  Es mag hier und da zu hohen Zivilisationen gekommen sein und diese mögen sich erhalten oder auch bald wieder selbst vernichtet haben.  So müssen Zivilisationen im Weltraum, wie das Entstehen und Vergehen ihrer Sterne und deren Planeten, in einer Zeitverteilung zu erwarten sein, einige weit vor uns, andere mit uns, wieder andere weit nach uns.

 

Fragen von “richtig” und “falsch”, “gut” und “böse”, sind in jeder durch eine Evolution gehenden Entstehung intelligenten Lebens aus der statistischen Verteilung von Eigenschaften und Lösungswegen, wie für die Evolution notwendig, zu erwarten.  Dabei bezieht sich „gut“ und „böse“ ja nicht auf was man selbst für sich tut, sondern was man an Anderen oder für Andere tut (einschließlich anderer Teile der Schöpfung in einem umweltbewußten Denken).  Da jede höhere Zivilisation das Zusammenwirken von vielen Individuen verlangt, geht es also um das, was man für diese Gruppe oder Gesellschaft tut.  Aber die auf sämtliche Mitglieder der eigenen Art, also auf alle Untergruppen ausgedehnte Bruderliebe, über Familienverbände hinaus, ist nicht zwangsläufig zur Evolution von einzelnen Zivilisationen notwendig (siehe bei uns Menschen solche Kulturen wie die der Spartaner, Azteken, Japaner, Israelis, Serben oder Muslims).  Im Gegenteil, Natur scheint auch den Kampf konkurrierender Gruppen als Teil der Evolution hervorzubringen. 

 

Nimmt man nun aber im Weltraum auch nur eine einzige intelligente Zivilisation mit Werten von gut und böse unter den Milliarden und sich ständig noch vermehrenden Sonnensystemen (Sternen) einer geeigneten Galaxie als Minimum an, so kann man dennoch Milliarden solcher “ethischer” oder teils-ethischer Zivilisationen im Laufe der Zeit im Weltall erwarten, denn so viele Galaxien gibt es.  Wenn eine solche Zivilisation aber nur einmal in  tausend Galaxien auftritt, so wird es zumindest noch viele Millionen von ihnen geben oder gegeben haben. 

 

Für die christliche Theologie ergibt sich nun die Frage, ob man erwarten kann, daß alle intelligenten Wesen in allen ethischen Zivilisationen im Weltraum an einen liebenden Gott-Vater glauben, selbst aber mit Erbsünde behaftet sind oder sein müssen?  Muß und kann man die Entsendung des “eingeborenen” Sohnes Gottes und seinen qualvollen Opfertod auch bei allen anderen ethischen Zivilisationen im Weltraum erwarten oder nur bei einigen?  Das wären möglicherweise immer noch Millionen oder Milliarden mal, sich immer wieder im Laufe der Zeit wiederholend?  Wenn es Erlösung auf anderen Planeten im Kosmos gibt, muss diese immer durch die Ermordung von Gottes Sohn erfolgen?  Könnte diese auch durch ein festliches Opferritual mit Tier- oder Lebensmittelopfern erfolgen, wie von primitiven Religionen bekannt?  Ist die Tötung von Gottes eingeborenem Sohn Millionen Mal, immer wieder, auf einem Planet irgendwo im Kosmos nach dem anderen, wirklich eine vertretbare Interpretation Von Gott und Gottes Schöpfung?  Wenn es aber dem entsandten Gottessohn auf anderen Planeten im Weltraum besser ergangen ist oder ergehen wird, wie steht es dann mit der “Erlösung” von der Sünde auf diesen anderen Planeten im Raum?  Die Vorstellung einer Sonderstellung der Erde in der Gesamtschöpfung hat sich doch bisher nicht halten können und kann wohl auch nicht im “Guten”, “Bösen” oder der Erlösung postuliert werden.  Was aber ist eine generelle, universale oder zumindest sich oft wiederholende Lösung?

 

Und wie steht es mit der Vorstellung vom ewigen Leben in einem Kosmos, dessen materieller Inhalt aus einer Urenergie entstanden ist und dessen materieller Inhalt und gesamte Struktur in “Schwarzen Löchern” oder einer Zerstrahlung über viele Milliarden von Jahren im Weltraum auch wieder völlig aufgelöst wird (siehe Hawking) oder wieder auf einen einzigen Punkt zusammenfällt?  Wie steht es da mit der Erhaltung der „Seelen“? [8] 

 

Wegen der so sehr langsamen Lichtgeschwindigkeit (in Weltraumdimensionen gesehen) ist es unwahrscheinlich, daß wir speziell gesuchte oder gefragte Informationen von anderen Zivilisationen im Weltraum in Absehbarer Zeit erhalten.  Mögliche theologische Konsequenzen allein aus der Tatsache der Existenz anderer Zivilisationen im Weltraum und dem Kenntnisstand der Weltraumforschung  ergeben es aber dennoch.  

 


2.  Was bringen Astrophysik und Weltraumforschung der christlichen

     Theologie?

 

2.1.  Wie sehen die Religionen und die christliche Theologie unsere Existenz?

Alle Religionen beziehen sich auf drei Grundfragen der hilfesuchenden, beobachtenden, Erklärungen suchenden, denkenden und empfindenden Menschen in allen Kulturen: 

o   Wie entstand alles?  Welche Kräfte verursachten die Schöpfung?  Vor allem aber, welche Kräfte lenken die Naturphänomene und das Schicksal?  Welche Kräfte können uns Menschen helfen oder schaden, oder welche Kräfte richten uns?  Was wird aus uns wenn wir sterben?  Warum gibt es das Böse und das unverdiente Leid? – Daraus ergibt sich die Vorstellung von Göttern oder dem einen Gott und von einem Jenseits.

o   Wie kann der Mensch die Gunst jener göttlichen Kräfte erwirken, sie zumindest nicht erzürnen, richtig leben?  Was ist gut für den Menschen?  Welch Verhaltensregeln oder Gesetze ergeben sich daraus für den Menschen.

o   Warum sind wir da?  Wonach sollen wir eigentlich in dieser Welt trachten, nachdem vorrangig zumindest einmal unser Überleben und Grundbedürfnisse abgesichert sind?  Verläuft die Schöpfung, vielleicht auch unser eigenes Leben, nach einem Plan?  Das ist die Frage nach dem Sinn und Weg der Existenz und des menschlichen Lebens.

 

Die  Fragen nach Gott und dem Jenseits: 

 

Es hat schon immer zwei, oft miteinander gekoppelte Wege gegeben, wie die Menschen Wissen um Gott gesucht oder gefunden haben:

*      Eingebungen, Visionen, intuitives Erkennen, „Offenbarungen“

*      Beobachtung der Schöpfung – der Welt, wie sie ist, und des Schicksals, wie es abläuft.

 

Alles kreative Denken des Menschen ist kombinatorisch (siehe Aufsatz „Creative Thought“ von H.S.).  Ausgehend von dem Gelernten oder vorher Erkannten werden aus neuen Erkenntnissen oder Beobachtungen und eigenem Denken immer komplexere und höhere Begriffe und Gedankensysteme aufgebaut.  Auch Religionsstifter bringen höhere oder unterschiedliche Lehren je nach ihren eigenen kulturellen Voraussetzungen, Erkenntnissen oder Eingebungen.  Jeder Religionsstifter oder Theologe weist aber auch auf Beobachtungen der Natur – der Schöpfung und des Schicksals – hin, oft selektiv, um seine Lehre zu bestätigen.  Auch Christus tat das.

 

Anhänger einer religiösen Lehre weigern sich oft, über die Lehre des Religionsstifters hinaus weiter zu denken oder zu beobachten und so die Lehre weiterzubilden.  Bei einigen Religionen gibt es aber “Reformationen” oder neue, weiterführende Lehren. 

 

Jede Theologie muss zu fünf grundsätzlich unterschiedlichen Fragen nach Gott Stellung nehmen:

*      Die Frage nach der Urschöpfung, dem Entstehen der Existenz in die wir hineingestellt sind, die Frage nach der Urkraft, nach Gott als dem Schöpfer

*      Die Frage nach dem Ablauf der Naturereignisse und der Welt, der Evolution, vor allem auch die Frage nach dem Verlauf des Schicksal, die Frage nach dem aktiv lebendigen, weiterwirkenden Gott [9]

*      Die Frage nach der Anrufbarkeit Gottes um Hilfe in Not oder in Dank, nach der Erreichbarkeit Gottes, nach dem persönlichen, Anrufe beantwortenden, gnädigen Gott.

*      Die Frage ob und wie Gott den Menschen richtet, die Frage nach dem richtenden Gott und damit die Frage nach dem Jenseits.

*      Die Frage nach dem Bösen, Nutzlosen und dem Leid in der Welt, dessen Ursprung und Sinn, die Frage nach Gottes Toleranz des Bösen, Nutzlosen und des Leides, die Frage der „Theodizee“. [10]

 

Gott, Der Schöpfer:

In der judeo-christlichen Lehre gibt es nur einen Gott, ohne Ursprung oder Anfang, der aus freiem Willen und ohne bekannten Grund oder Zweck die Welt einmal so schuf, wie sie jetzt ist. 

 

Der weiterwirkende Gott:

Die Bibel sah die einmal geschaffene, natürliche Welt als statisch an.  Durch Auslegung (Exegese, Hermeneutik) der 7-tägigen Schöpfungsgeschichte hat die Theologie eine schwache Akkomodation mit der naturwissenschaftlichen Entwicklungslehre eröffnet.  Die Bibel sagt nichts darüber aus, ob oder inwieweit Gott die Naturereignisse bestimmt und in die Weiterentwicklung des Kosmos, der Erde, oder die Evolution der lebenden Natur eingreift.  Die Bibel sagt auch nicht, ob Gott eine Weiterentwicklung etwa nur den einmal von Ihm geschaffenen Naturgesetzen und dem in der Schöpfung ja wohl auch vorgesehenen Zufall (zumindest in der atomaren Unschärfe) überläßt.

 

Auch nach der biblischen Lehre greift Gott aber öfters in den Ablauf des Schicksals ein.  Dieses geschieht meist, um zu bestrafen, zu belohnen oder zu retten – ganze Völker betreffend oder nur einzelne Individuen oder Familien – gelegentlich auch in Beantwortung von Gebeten.  So sieht die Bibel Katastrophen oder schwere Schicksale als den Menschen auferlegte Strafen für Verschuldungen oder als Prüfungen zur Bewährung an (von Sodom zu Hiob und bis zu den Märtyrern).  Gutes und Wohlergehen werden als Gnade Gottes oder als Belohnung gesehen. 

 

Natürlich wird das im praktischen Leben auch von Christen meist anders gesehen, wo man den ungünstigen Zufall oder das erlittene schlechte Verhalten anderer Menschen für sich selbst als unverschuldetes Leid empfindet oder naturgesetzlichen Abläufen und unzureichendem eigenen Verhalten zurechnet.  Gewinn rechnet man dann aber auch als unverdientes Glück an oder als sich aus der Lage und der eigenen Handlung oder Leistung ergebend.  Damit ändert sich die Lebenshaltung von einem passiven Akzeptieren des Schicksals aus der Hand Gottes zu einem aktiven, selbstverantwortlichen Eingreifen und Gestalten des eigenen Lebensweges.

 

Der persönliche, gnädige Gott:

Dem christlichen Glauben folgend, wird Gott als liebender Vater gesehen und kann von jedem jederzeit angerufen werden.  Hilfe wird in Aussicht gestellt.  Gott beantwortet aber selten die Anrufe wörtlich, reagiert aber sehr wohl von Fall zu Fall auf einige Anrufe, auf viele andere aber nicht.

 

Die Bibel berichtet allerdings nur von der Anrufung Gottes durch die Juden – später durch die Christen – und nur von Antworten Gottes an diese.  Es ist in der Bibel wohl angenommen, daß die Nicht-Juden oder Nicht-Christen ihre eigenen Götter anrufen – oder rufen und flehen sie alle ungehört ins Leere? 

 

Diese biblische Darstellung der selektiven persönlichen Verbindung Gottes zu den Menschen verlangt schon auf unserer “global” und multikulturell werdenden Erde eine theologische und religions-historische Klarstellung, Erweiterung oder Richtigstellung (wann hat Gott zu wem auf Erden gesprochen), erst recht in Vorbereitung auf ein Weltraum-bezogenes religiöses Denken.  Es ist wohl nicht haltbar, daß Gott in den Jahrtausenden menschlicher Entwicklung (und den Jahrbillionen der Weltraumentwicklung) nur zu den Juden des Alten Testaments (und zuletzt zu Christus oder Paulus) auf nur gerade dieser Erde gesprochen habe. [11]

 

Der richtende Gott und das Jenseits:

Die Christliche Lehre (und nicht nur diese) sieht jeden Menschen als von Natur aus moralisch nicht perfekt, fehlerhaft und im christlichen Sinne sündig an.  So sieht die Christliche Lehre das Leben primär als eine Bewährungsprobe.  Am Ende des Lebens steht das Gericht Gottes.

 

Wegen der menschlichen Fehlerhaftigkeit müßte so zwangsweise eine Verurteilung jedes Menschen erfolgen.  Die Bibel zeigt nun zwei unterschiedliche Wege aus dieser Lage heraus.  Zum einen kann der gütig-liebende Gott-Vater gnädig verzeihen.  Zum Anderen verlangte es aber den Opfertod Jesu Christi, um die Sünden der Menschen zu kompensieren, als ob Gott sonst nicht verzeihen würde.  Zum Erreichen der verzeihenden Gnade Gottes sind Glaube und gute Werke der Menschen verlangt – nach der Meinung vieler Christen nur der Glaube.

 

Der Richtspruch Gottes führt zu einem ewigen Leben im “Himmel” oder der “Hölle” oder einem vorübergehenden Aufenthalt im “Purgatorium”.

 

Damit liegt die Bedeutung des göttlichen Gerichtes nicht nur in der anerkennenden oder ablehnenden Beurteilung der individuellen Glaubenshaltung und Lebensführung, sondern vor allem auch in der Kompensation des Lebens auf Erden durch ein Leben im Jenseits.  Wer hier unschuldig gelitten hat, kann dann im Himmel große Freuden erwarten.  Wer hier im Bösen ein genüßliches Leben führen konnte, wird in der Hölle ewig dafür büßen.

 

Das Böse, das Leiden und das Nutzlose in der Welt:

Warum geht es guten und unschuldigen Menschen oft so elend auf dieser Erde?  Warum geht es bösen Menschen oft unbestraft so gut auf dieser Erde?  Wie kann man das mit dem Bild Gottes als eines gütigen Vaters vereinigen?  Wenn nicht aus Gottes Hand, woher kommt dann das Böse und das Leiden in dieser Welt? 

 

Der christliche Glaube und andere Religionen erklären das Böse mit einer zweiten, Gott entgegengesetzten, auch transzendentalen Kraft.  Wenn nicht ein anderer Gott, so ist dies zumindest ein abtrünniger Engel, der Luzifer, der Teufel.  Ihm ist Macht auf dieser Welt gegeben, den Menschen Prüfungen aufzuerlegen und den Bösen unter ihnen Vorteile in ihrem Leben zu verschaffen.  Werden die Prüfungen bestanden, winkt dem Menschen aber reiche Kompensation im Jenseits.  Unterliegt der Mensch den Versuchungen und genießt die Früchte des Bösen, werden schwere Strafen im Jenseits folgen.

 

Dieses Bild bezieht sich vor allem auf moralische Versuchungen im Leben.  Es erklärt aber nicht, warum schon Kleinkinder körperlich und psychisch leiden und sterben, warum Jugendliche durch Mißgeburt, Krankheit, Unfall oder seelische Mißhandlung schwer leiden müssen und viele alte und schwache Menschen nicht nach ihren Verdiensten, sondern nach statistischer Wahrscheinlichkeit (und fast nach Willkür) durch einen qualvollen Tod enden müssen.  Es erklärt auch nicht den Tod vieler Millionen im Holocaust, von wohl 40,000 Menschen (meist Frauen, Kindern und Alten) bei der Bombardierung Dresdens, von den vielen unschuldigen Opfern von Terroristenanschlägen und von allem andere, was jährlich und täglich die Welt erschüttert.  Das Reden von „auferlegten Prüfungen“, der Notwendigkeit der Buße, und des „Zeichens“ für andere Menschen versagt hier, egal ob es sich bei dem furchtbaren Leiden um Christen, Juden oder Menschen handelt, die nie von Christus gehört haben.

 

Eine theologische Erklärung des vorzeitigen Ablebens wertvoller Menschen, der sinnlosen Zerstörung kultureller Werte (über eine eventuelle Bestrafung der beteiligten Menschen hinaus) oder der großräumigen Zerstörung in der Natur, vor allem in den großen Auslöschungen der geologischen Zeitabläufe [12], aber auch in den vielen Ereignissen, die auch in unseren Zeiten beobachtet werden können, fehlt ebenfalls.   

 

 

Das Gesetz: 

 

Welch Verhaltensregeln oder Gesetze gelten für den Menschen, um die Gunst jener Kräfte, die die Schöpfung und das Schicksal lenken, zu erwirken, sie nicht zu erzürnen, richtig zu leben?

 

Die Religionen aller Kulturen empfehlen Opfer an die Götter, um diese günstig zu stimmen oder zu versöhnen.  Diese Opfer an die Götter werden dann im Laufe der Geschichte in Opfer an den Tempel, letztlich an die Priester oder Mönche umgestaltet.  So war es auch in der christlichen Kirche.  Das Opfer wird schließlich im Lauf der Geschichte als sozialer Beitrag zu einer menschlichen Gesellschaft oder als moralische Entsagungs- und Disziplinübung umgedeutet.

 

Gleich wichtig wie die Opfer wurde das Ritual, von den Priestern gestaltet und überwacht,  meist deren Anwesenheit verlangend.  Es ist interessant, wie in allen Religionen das Ritual – die vorgeschriebene Bewegung, Kleidung und Handlungsfolge – zum wesentlichen Bestandteil des Menschlichen Bemühens wird, den Göttern oder dem einen Gott zu gefallen.

 

Auch das Ritual wurde zum Teil in eine moralisch interpretierte Selbstdisziplinübung uminterpretiert, sei es das Knien oder sich auf den Boden werfen, sei es das Kleidungsstück auf irgendeiner Stelle des Körpers tragen oder gerade auch nicht (Hut, Schal oder Schuhe).

 

Zu den Vorschriften für Opfer und Rituale kommen bei allen sich entwickelnden Religionen Reinheitsvorschriften und die Vorschriften für das Verhalten der Menschen untereinander hinzu.  So entsprechen die in einer Kultur anerkannten Tugenden dann immer dem Wunsch einiger ihrer Götter oder dem Auftrag des einen Gottes.  Deshalb erfreut das tugendhafte Leben diese Götter, das untugendsame erzürnt sie.  Darin liegt der Übergang der Religion von einem Opfer- und Ritualkult in eine die Gesellschaft und deren Gesetze gestaltende Kraft. 

 

Dazu wurden auch noch die von den Priestern für das Zusammenleben der Allgemeinheit als notwendig oder empfehlenswert gesehene Gesetze als von den Göttern gewünscht ausgegeben, siehe die Zehn Gebote.  Das mag grundsätzlich daran gelegen haben, daß man das eigene Erkennen von guten „Ideen“ für solche Gesetze in früheren Zeiten als göttliche Eingebung empfand, wie ja das Erscheinen von Ideen im eigenen Denken für viele Menschen auch heutzutage noch etwas Mysteriöses ist.  Es mag aber auch ganz einfach sein, daß man (wie auch in antiker Literatur oft zu finden) durch Zuschreibung der Autorschaft der Gesetze an einen Größeren, an den Gott, größere Wirkung und eigene Geltung erreichen wollte (siehe Entstehung des 5. Buches Moses, des „Deuteronomiums“ [13]). 

    

Die jüdisch-christliche Lehre sieht ihre Gesetzesgrundlage in den Zehn Geboten, die die Verehrung Gottes und ein praktisch tolerables Zusammenleben der Menschen untereinander festlegen.  Die Zehn Gebote enthalten keine karitativen Hinweise.  Die über die Zehn Gebote hinausgehenden Gesetze der Bücher des Alten Testaments sind entweder weitere Ausbildungen der gegebenen Grundgedanken des menschlichen Zusammenlebens oder sind praktisch-hygienisch oder ritualistisch und darin zeitgebunden oder willkürlich.  Erstere wurden von Christus menschlich weiter erhoben und auf das Wesentliche geführt, letztere wurden von den Christen bei der Einbeziehung der Heiden vieler Kulturen in den christlichen Glauben als überwunden erklärt und abgelegt.  

 

Die christliche Lehre betont die Nächstenliebe, die Ablehnung von Macht, Reichtum und Genuß, und das Befolgen des Sinnes der Gesetze und nicht nur des Buchstabens derselben.  Mit der Betonung der Nächstenliebe und der Beachtung der sanftmütigen, barmherzigen, eines reinen Herzens, friedfertigen, armen und leidenden Menschen vor den Reichen und Mächtigen erhebt sich die christliche Lehre über das Denken ihrer Zeit und zeichnet sich vor allen anderen Religionen aus – einen Durchbruch der kulturellen Entwicklung der menschlichen Zivilisation bringend.  Damit eröffnet die christliche Lehre dem menschlichen Denken und Empfinden eine sich über das praktische Zusammenleben erhebende, neue Dimension und neue Werte – und auch neue Widersprüche mit dem praktischen Leben.  Damit steht aber nicht mehr das Opfer an die Götter und das Ritual im Mittelpunkt der religiösen Praxis, sondern, außer dem demütigen Gebet an Gott, der Mitmensch und das Empfinden.

 

Die moderne Ethik (oder Moralphilosophie) ist als Zweig der Philosophie die praktische Nachfolgerin der Gesetzes- oder Morallehre der Religion.  In der heutigen Aussage ist die Moralphilosophie nach Renaissance, Reformation und Aufklärung entstanden.  Der Verwurzelung im göttlichen Willen enthoben, sucht die Ethik eine rationale Begründung ihrer Lehre.  Sie findet sie im „Nutzen“ für die Gesellschaft und für den Einzelnen oder in dessen „Glück“.  Dabei fehlt eine vertiefte Analyse, was das menschliche Glück [14] eigentlich ausmacht, und wie die vielen Dimensionen desselben gegeneinander abgewogen werden können. [15]      

 

Das Nutzen-Denken brachte eklatanten Mißbrauch (wie etwa bei den Nazis, aber nicht nur bei diesen).  Neue Theorien (siehe Rawls) versuchen, durch Umkehr des Nutzendenkens auf Minimierung des Risikos für die Schwächsten derartigen Mißbrauch zu vermeiden und verlangen die Unverletzbarkeit jedes menschlichen Lebens.  Das kann den Unterprivilegierten und Unterdrückten Schutz geben, aber läßt nicht nur eine Bewertung der bei allen Menschen bestehenden Hoffnungen und Aspirationen außer Acht, sondern auch große Gebiet menschlichen Lebenswertes im Emotionellen und Kulturellen.

 

In der philosophischen Ethik fehlt auch die eindeutige Lösung des Dilemmas, ob die Regeln der Moral für alle menschlichen Handlungen gelten oder ob sie durch die moralische Bedeutung eines erwarteten Ergebnisses oder erreichen eines Zieles außer Kraft gesetzt werden (siehe in letzter Zeit die Rechtfertigung des Terrorismus im Kampf um Freiheit oder Folter und Tötung von vielen Unschuldigen, um erwartete, größere Terroranschläge zu vermeiden).

 

So bleibt das Verlangen nach absoluten, menschlich akzeptablen Richtwerten der Moral für das persönliche Leben, das Familienleben, das Verhalten der Industrie und der Regierungen.  Fragen des Gewissens oder des menschlichen Empfindens bleiben bei der akademisch-intellektuellen Ethik-Philosophie aber unbeantwortet, wobei die akademische Psychologie das Emotionale auch jeweils auf Kausalität oder neuerdings auf ursprünglichen Zweck in der Evolution hinterfragt.

 

Wesentlich bleibt somit für die Religionen unserer Zeit – und wird im Laufe der globalen Entwicklung auf Erden immer wichtiger – die Formulierung von (gottgefälligen) Verhaltensregeln mit Gültigkeit für die Menschen aller Kulturen (siehe Hans Küng’s Schriften).  Dabei zeigt sich, daß sich die Regeln des Verhaltens gegenüber Gott (auch das Ritual) immer mehr verlieren und die Regeln des Verhaltens gegenüber den Mitmenschen in den Vordergrund treten. 

 

So werden die religiösen Gesetze schließlich eine Richtschnur für das Wohlergehen der Menschen auf Erden (mit lediglich einem Blick über die Schulter, ob Gott sich genügend geehrt fühlt).  In der Praxis bezieht sich die Sorge um das Wohlergehen dabei oft vor allem auf die Menschen der gleichen Nation, ethnischen Gruppe oder Religionsgemeinschaft, erst im übertragenen Maß auch auf alle anderen Menschen, nicht aber auf die jeweiligen Feinde, die mit Sanktionen, Schikanen und Terrorismus oder Foltern bedacht werden, seien es politische Gegner oder benachbarte Stammesgruppen im Territorialstreit (siehe Mittlerer Osten).

 

So stehen die religiösen Gesetze dann in einer gewissen und zunehmenden Parallelität zu den politischen, vor allem sozialpolitischen Richtlinien und Regeln des Zusammenlebens der Menschen untereinander.  Damit erhebt sich die Frage, ob die Menschen bei zunehmender politischer Reife in ihrer gesellschaftlichen Regelung letztlich auf dieselben Gesetze kommen, wie die Hochreligionen, oder wer von wem lernen muß oder wo Differenzen bleiben werden oder müssen.  Eine globale, multikulturelle Gesellschaft wird sich ja auch von dem Bezug der empfohlenen Verhaltensgesetze auf die Aussagen nur einer speziellen Gottheit oder einer einzelnen Religion lösen wollen. 

 

Die zunehmend sichtbaren Probleme des Wohlfahrtsstaates und der internationalen Hilfe zeigen praktische Grenzen der alten religiös-idealen Morallehre auf.  Wer nicht selber etwas leisten will und sich diszipliniert, wird nun weniger unterstützt.  Diese Grenzen der Nützlichkeit der Hilfe werden auch von der praktischen Psychologie oder Pädagogik im zwischenmenschlichen Verhalten aufgewiesen.  Eltern wird etwa empfohlen, ihren Kindern auch Entsagungen zuzumuten, um daran zu reifen.  Eltern von Aussteigern oder Süchtigen wird geraten, diese erst einmal in einen Tiefpunkt geraten zu lassen, wo sie sich selbst zu helfen beginnen und vorher Hilfe zu versagen.

 

Wenn man einmal soweit ist, besteht die Gefahr, daß bei der Auslegung des Spruches “liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst” der Willkür oder der jeweiligen Mode der Politik oder Psychologie Tür und Tor geöffnet sind.  Als Christ will man aber weder eine Welt der rohen Nützlichkeitslehre noch der jeweiligen Mode in Politik oder Psychologie.  So sucht man die Grundlage für eine Welt der warmen Menschlichkeit und des Gutes-Tun in einem einfachen Fundamentalismus der alten Religionslehre. 

 

Im Maße wie das moderne Denken zunimmt, nimmt der Glauben an eine alles bestimmende Lenkung durch die Hand Gottes ab.  Damit findet sich aber der Menschen mit der Verantwortung zu persönlichem Einsatz und mit der persönlichen Verantwortung für die Folgen des eigenen Wirkens.

 

Das religiöse Gesetz, die Morallehre und die Ethik-Philosophie sind im Wesentlichen auf die menschlichen Schwächen und Problemlösungen ausgerichtet.  Nur sekundär sind sie auf die Steigerung von Nutzen, „Glück“, Lebensqualität oder das Erreichen eines persönlichen Potentials oder das der Gesellschaft ausgerichtet, wie es sich im Leben ergeben könnte.  So gibt es keine religiöse Gesetzesausrichtung oder Ethik Vorstellung, die die Förderung der Stärken und Fähigkeiten der Menschen zum Ziel hat (lediglich die staatliche Schulpflicht) oder die Wahrnehmung von Chancen und Möglichkeiten in der persönlichen oder gesellschaftlichen Evolution oder Entwicklung in der Zeit (letzteres dem freien Markt überlassend).  Erst moderne Staaten beginnen Zielvorstellungen und Strategien für deren Erreichung von ihren intellektuellen oder politischen Führern (wie schon seit einiger Zeit von ihren Business Executives) zu verlangen.  Schließlich ist ja auch die Erziehung unserer Kinder bis zum Studentenalter derartig ausgerichtet, das heißt auf Förderung der Stärken und Fähigkeiten, sowie  Wahrnehmung von Chancen und Möglichkeiten.  Gibt es hier etwas nachzuholen bei der Entwicklung des religiösen Denkens und der Theologie?

 

Der Sinn oder Plan der Existenz und des menschlichen Lebens:

 

Warum sind wir da?  Hat die Existenz in dieser Welt einen göttlichen Plan als Grundlage?  Lenkt Gott unser eigenes Leben nach einem Plan?  Wonach sollen wir eigentlich in dieser Welt trachten, nachdem zumindest einmal unser Überleben abgesichert und unsere Grundbedürfnisse erfüllt sind?

 

Die jüdisch-christliche Lehre gibt keinen Grund an, warum Gott die Welt schuf oder was Gott mit der Welt vorhat oder bezweckt.  Es heißt nur, daß Gott mit der Schöpfung zufrieden war.  Damit kann man eigentlich nur sagen, daß die gesamte Schöpfung, einschließlich uns Menschen, lediglich zur Freude Gottes da ist.

 

Da die jüdisch-christliche Lehre keine Evolution der Schöpfung kennt, kann man auch von keinem Ziel einer Weiterentwicklung der Schöpfung oder der menschlichen Kulturen sprechen.  Die kirchliche Lehre sieht in der Hinwendung der Menschheit auf Gott und in der letztlichen Erlösung durch Christus für ein ewiges Leben im Jenseits einen göttlichen Plan für die Menschheit als ganzes und für jeden Einzelnen.

 

Wonach sollen wir in dieser Welt trachten?  Dem Menschen wurde weder bei der Vertreibung aus dem Paradies noch irgendwo später in der Bibel ein Auftrag zur zivilisatorischen Entwicklung oder persönlichen Entfaltung erteilt.  Die christliche Lehre spricht nur von der Zukunfts-Erwartung des Paradieses oder des „Ewigen Jerusalems“, das heißt einer besseren Welt in der Zukunft, etwa nach apokalyptischen Katastrophen.  Die jüdisch-christliche Lehre gibt lediglich einige Hinweise auf eine menschliche Lebensführung in Form von Anweisungen, wie wir zu leben haben.  Dazu findet man folgende Aussagen:

 

Damit wird nicht das „wozu“, sondern das „wie“ wir leben Inhalt und Sinn des menschlichen Lebens.  Das Erreichen des Paradieses ist das einzige Ziel.  So ergibt sich die von Paulus [16] ausgebaute kirchliche Lehre:  Des Menschen Lebensweg geht von Erbsünde durch Bewährung in Gottesglaube und Nächstenliebe zu Gericht;  dann folgt entweder die Erlösung, die nur durch das Opfer Christi möglich wurde, oder die Verdammung – das heißt entweder das ewige Leben im Himmel oder in der Hölle.

 

In diesen Aussagen geht die Theologie immer von der Heiligen Schrift aus.  Die Wissenschaft geht in ihrer Methodik aber immer von Beobachtungen aus.  Warum kann oder sollte die Theologie nicht auch relevante Beobachtungen von Gottes Schöpfung und der Geschichte in ihr Denken einbeziehen?

 

 

2.2.         Welche Vorstellungen ergeben sich aus der Weltraumforschung für das Verständnis unserer Existenz?

 

Was ergibt sich aus der wissenschaftlichen Betrachtung und speziell nun aus der Astrophysik und Raumforschung zu den im vorigen Kapitel aufgestellten Hauptfragen nach:

§  Gott

§  Gesetz

§  Sinn des Lebens

Dazu bleibt die Frage, ob die speziellen christlichen Glaubensinhalte universale Gültigkeit haben können:

§  Die christlichen Grundgesetze:  Glauben an Gott und Nächstenliebe

 

Ferner die folgenden christlichen Vorstellungen:

§  von der Sündigkeit des Menschen, der Erbsünde

§  daß die Hauptaufgabe des Lebens und damit Plan und „Sinn“ des Lebens für den Menschen die Bewährung zwischen Gut und Böse ist

§  daß es ein Jüngstes Gericht und Jenseits geben wird

§  daß Erlösung von den Folgen der Sünde nur durch das Opfer Christi möglich geworden ist, Gottes eingeborenen Sohnes, eine der Erscheinungsformen der Trinität

§  daß Freisprechung von Sünde auf Grund des Glaubens, vielleicht auch guter Werke, vor allem aber durch die Gnade Gottes möglich ist

§  daß man Belohnung im Ewigen Leben im Himmel oder Verdammung zu ewiger Pein in der Hölle erwarten kann

 

 

Die Frage nach Gott und dem Jenseits:

 

Wie oben dargestellt, unterscheidet sich diese Frage in die Teilfragen nach

§  Dem ursprünglich schöpfenden Gott

§  Dem im Schicksal und der Evolution weiterwirkenden Gott

§  Dem persönlich anrufbaren und etwa auch helfenden Gott

§  Dem richtenden Gott und dem Weiterleben nach dem Tod

§  Der Frage nach dem Bösen, dem Leiden und Nutzlosen in der Welt

 

Der schöpfende Gott:

Ist die Frage nach einem „Gott“ aus kosmischer Sicht überhaupt gerechtfertigt?  Werden andere intelligente Wesen irgendwo im Weltraum auch nach einem Gott fragen?  Werden sie eine Antwort für ihre Frage finden können?  Aus einer Evolution entstandene, intelligente Wesen irgendwo im Weltraum, die es durch kausales Handeln zu einer Zivilisation gebracht haben, werden wegen dieses Denkens in Kausalität auch nach dem kausalen Ursprung ihrer und der Welt Existenz fragen.  Wegen der Komplexität auch ihrer Umwelt, werden auch sie fragen, wie der kombinatorische Aufbau der Welt möglich wurde.  Weil sie sich irgendwo im kosmischen Raum befinden und Sterne um sich sehen, werden sie fragen, wie denn das Vakuum Strahlung übermitteln kann.  Deswegen werden auch sie sich mit den wichtigsten und mysteriösesten Fragen konfrontiert finden:

§  Was hat die ernorme Anfangsenergie hervorgebracht, sowie die Unregelmäßigkeiten, die die spätere Struktur des Kosmos bestimmten?

§  Was hat die universal gültigen und invariablen Naturgesetze und Konstanten hervorgebracht?

§  Was hat das wichtige „kombinatorische Prinzip“ hervorgebracht, durch das kleine Naturelemente zusammengefügt werden können, um größere zu bilden, die dann völlig neuartige Eigenschaften oder Bedeutung haben? [17]

§  Warum kann das Vakuum, das Nichts, Felder beherbergen und diese Felder im Laufe der „Zeit“ weiterbewegen, fortpflanzen?

 

Man kann die Frage hinzufügen:

§  Was veranlaßte die meisterhafte Abstimmung der grundsätzlichen Zahlen, Konstanten und Gesetze der Natur, um das kombinatorische Prinzip überhaupt zu ermöglichen? [18]

 

Aus Gründen der überall im Universum geltenden physikalischen Gesetze werden auch sie nicht über den Urknall zurückforschen können. [19] Werden sie Antworten auf ihre Fragen finden können?

 

Sieht man die verschiedenen Energien, Strahlungen und Kräfte des Universums als Wirkung von Feldern im Vakuum des Raumes und auch die so dünn verteilte Materie nur als Konzentration solcher Feld-Energien (Strings) im Vakuum, so erscheint die gesamte Realität der Existenz als etwas sehr Abstraktes – eben nur als Felder, was immer das ist, im Vakuum, im Nichts. 

 

Dazu kommt die Frage nach dem Wesen der Zeit.  Die Relativitätstheorie zeigt, daß Zeit für unterschiedliche bewegte Körper im Raum unterschiedlich läuft und erst mit dem Urknall begonnen haben kann (in Schwarzen Löchern aber zum Stillstand kommt).

 

So kann der letzte Ursprung der Schöpfung von uns wie von allen anderen Weltraumzivilisationen nur als ein sehr abstraktes, großartiges Phänomen gesehen werden, das wir, weil von jenseits der physikalischen Kausalität kommend, als „transzendental“ bezeichnen, welch immer Namen ihm gegeben wird, dieses als „Großer Geist“ oder mit dem Ausdruck „Gott“, „Tao“, „Allah“ oder nur als „X“ bezeichnend.[20] 

 

Mit anderen Worten, man erkennt einen wichtigen und grundsätzlichen Unterschied der Behandlung der Frage nach Gott zwischen Theologie und Wissenschaft.  Theologie mag diskutieren, ob es Gott gibt oder nicht.  Die Wissenschaft aber erwägt, was man von der Beobachtung der Schöpfung ausgehend über die ursprüngliche Essenz aussagen kann, die die Entstehung des Universums verursacht haben mag.

 

Neu kommt von der Astrophysik nun die ganz wesentliche Erkenntnis dazu, daß das ganze Universum nur eine begrenzte Existenzdauer hat.  Alle „Sterne“ werden nach Aufbrauchen ihres nuklearen Brennstoffes – manchmal in verschiedenen Stufen – schließlich verlöschen.  Neue Galaxien und Sterne werden sich nach Aufbrauchen allen interstellaren Staubes nicht mehr bilden.  Galaxien werden möglicherweise in den „Schwarzen Löchern“ in ihren jeweiligen Zentren verschwinden.  Die Schwarzen Löcher werden (nach Hawkings Theorie) langsam zerstrahlen. [21]  So bleibt am Ende vom Kosmos nur eine sich ausbreitende, immer dünner und kälter werdende Strahlung.  Eine alternative Theorie sieht nach der Ausdehnung des Kosmos – von interstellarer Energie des Raumes beschleunigt – deren Umkehr und am Ende den totalen Kollaps des Universums.  

 

So ergibt sich ergänzend zur Frage nach der Urkraft der Schöpfung, dem schöpfenden Gott, die Frage nach der alles wieder auflösenden Kraft, dem alles auflösenden Gott – eine Frage, die auch im Zusammenhang mit den sehr großen, biologischen Auslöschungen in geologischen Zeiträumen gesehen werden muß, wie vorher beschrieben.

 

Die Theologie geht von einem „offenbarten“ Verständnis Gottes aus und konstruiert, was daraus für Folgen für die menschliche Existenz entstehen.  Die Naturwissenschaft kann und muß aber umgekehrt vorgehen.  Wir und andere Weltraumzivilisationen können fragen, was sich aus der Beobachtung des existierenden Universums eventuell über die verursachende und alles wieder auflösende Kraft „X“ oder „Gott“ aussagen läßt [22]

 

Dazu gehören bestimmt folgende Beobachtungen:

o   Unser Universum ist dynamisch, sich ständig in sich bewegend und verändernd

o   Ein besonderer Aspekt dieser Dynamik ist das kombinatorische Prinzip, aus dem sich die immer neue Entstehung oder Weiterentwicklung von zunehmend komplexeren Erscheinungen und immer größerer Vielfalt an einigen Stellen des Universums ergibt, an denen die Bedingungen dafür geeignet sind

o   Ein anderer Aspekt ist das ständige Vergehen, zerstört oder ausgelöscht Werden von bereits entstandenen Erscheinungen oft hoher Komplexität, oft durch Zufälle mit katastrophaler Auswirkung, schließlich durch die totale Auflösung des Universums.

o   Besonders beeindruckt die absolute Gültigkeit aller physikalischen Konstanten [23] und Naturgesetze überall und zu allen Zeiten des Universums, nach denen viele Phänomene in absoluter Gesetzmäßigkeit festgelegt sind (etwa die Bahnen der Planeten oder die Anordnung der Moleküle in einem Kristall).

o   Ebenso beeindrucken die weiten Bereiche, in denen nur chaotische oder bestenfalls statistische Verteilungen der Einzelphänomene zu finden sind (etwa das Erscheinen von Paaren von Elementarteilchen in der Quantenfluktuation oder die Heisenbergsche Unschärferelation, aber auch die Verteilung der Moleküle in einem Gas, der Sterne am Himmel oder der Bahnen der Flocken in einem Schneegestöber).

o   Damit ergibt sich für den Ablauf der einzelnen Phänomene und der Evolution im Kosmos viel Unbestimmtheit und damit viel Flexibilität und gewisse Freiheitsgrade für die Entwicklung des Universums und aller seiner Teile.

o   Diese mysteriöse Ungleichmäßigkeit der schöpferischen Essenz zwischen festgelegter Ordnung und alles offen lassender Unordnung, zwischen Entstehen und Vergehen, zeigt sich nicht nur in der physikalischen Welt, sondern auch im Ablauf der biologischen Evolution und des Schicksals jedes Wesens.  Perioden des raschen Aufbaus von Strukturen werden unterbrochen von langen Perioden der Stagnation, Auslöschungen oder großen Zerstörungen (siehe in der astronomischen, geologischen und biologischen Welt).  In der Historie der Menschheit folgen nach Zeiten des kulturell-geistigen Aufbaus zu erstaunlicher Verfeinerung plötzliche Naturkatastrophen (siehe Thera/Santorin, das durch ein vulkanisches Ereignis zerstört wurde), Pestilenzen (siehe die Pest, an der Perikles starb, und die dadurch zum Abstieg Athens beitrug), der Einbruch wilder, zerstörender Horden (siehe die Mongolen) oder geistige Verwirrungen (siehe die Hitler/Stalin/Mao/Pol Pot Ära) und Niedergang (siehe den geschichtlichen Wandel in Ägypten, Rom, bei den Maya oder im alten China).  

o   Dennoch bringt die Entwicklung im Kosmos im Laufe der Zeit durch kombinatorische Entwicklung Erscheinungen zunehmender Komplexität und Vielfalt hervor, ob als „Ziel der Schöpfung“ oder auch nur als Konsequenz der Anfangs- und jeweiligen Randbedingungen.

o   In der biologischen Natur sind viele Lebewesen (alle Viren, die meisten Bakterien, alle Tiere und alle Menschen) zu Ihrem Gedeihen auf den Verzehr oder die Vernichtung anderer Lebewesen, auch solche höherer Komplexität, angewiesen - siehe etwa die Bazillen und Viren, die von Menschen leben.

o   In der biologischen Natur führt die hohe Fortpflanzungsrate zu ständigem Kampf ums Überleben in harter Rivalität, mit hoher Sterblichkeit und – wegen statistischer Varianten bei den Lebewesen – Bevorzugung der Geeignetsten.  Damit schreitet die Evolution ständig fort. 

o   Dabei führte die fortschreitende Entwicklung der Lebewesen von passiver Existenz erst zu reflektiver Automation und schließlich zunehmend zu Eigeninitiative, Selbstbestimmung und Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern auch für Mitwesen, Gesellschaft und Umwelt.  Bei den Menschen führt die Entwicklung weiter zur Verfolgung höherer Intellektualität und der von Emotionen geleiteten „Höheren Werte“, sowie der Freude am Schönen.

o   Alle Sterne werden einmal verlöschen, vielleicht in Schwarzen Löchern verschwinden und wieder verstrahlt werden, bis der ganze Kosmos, die ganze uns bekannte Schöpfung, sich in immer dünner und kälter werdender Strahlung im Unendlichen auflöst oder in einem Kollaps wieder auf einen Punkt zusammenzieht.

 

So ergibt sich aus der Beobachtung der Welt und des Schicksals ein sehr großartiges, abstraktes und für Menschen logisch widerspruchsvolles, moralisch unverständliches Bild von „X“, vom Gott der Schöpfung und der zu erwartenden Auflösung.  Zu diesem Gottesbild oder zu der von dieser Urkraft hervorgebrachten Schöpfung kann man aus der Beobachtung nur sagen:

o   Wenn die Schöpfung auf ständige Bewegung und Veränderung in der Zeit ausgelegt ist, muß der schöpfende Geist „X“ oder „Gott“ dieses wohl gewollt haben.

o   Wenn die Schöpfung auf ständigen Aufbau zu immer höherer Komplexität und Vielfalt von Erscheinungsformen – oft von großer Schönheit – ausgelegt ist, muß der schöpfende Geist „X“ oder „Gott“ dieses wohl gewollt haben.

o   Wenn die Schöpfung dann aber auch auf Zerstörung, Tod und schließlich  wieder völliges Vergehen der ganzen Schöpfung ausgelegt ist, muß der schöpfende Geist, „Gott“, das wohl auch gewollt haben.  Auch in einzelnen Entwicklungen führt der Aufbau nicht immer weiter und Auslöschungen in Teilen der Schöpfung erscheinen grenzenlos und willkürlich.

o   Man kann sich auf Gottes naturgesetzliche Ordnung überall und zu allen Zeiten verlassen

o   Wegen der chaotischen Zufallsverteilung und quantenmechanischen Unschärfen in weiten Gebieten der Schöpfung kann man aber nicht einen festgelegten Ablauf der Entwicklung oder des Schicksals erkennen.

o   Damit hat die Schöpfung sich selbst Freiheit der Weiterentwicklung vorbehalten.

o   Die Schöpfung hat auch den Lebewesen mit Denk- und Entscheidungsfähigkeiten – soweit diese frei verlaufen – Freiheitsgrade überlassen.

o   Die Weiterentwicklung der Schöpfung, von Erscheinungsform zu Erscheinungsform kontinuierlich, hat gelegentlich aber zu derart neuartigen Erscheinungsformen geführt, daß man sie wegen der Bedeutung ihrer Unterschiedlichkeit zu allem Vorherigen als neue Schöpfungsdimensionen oder neue Schöpfungsideen bezeichnen kann – wie die Entstehung des Lebens oder die des menschlichen Denkens, der menschlichen Werte und der menschlichen Kunstfertigkeit.  Offen ist, ob eine derartige Entwicklung wie auf Erden andernorts im Kosmos auch so, vielleicht schon früher, anders oder vielleicht sogar weiter erfolgt ist – und möglicherweise unterschiedliche „Schöpfungsideen“ dort im Weltraum zu einem anderen Gottesbild führen würden oder müssten.

o   Rückschauend von der Dimension der menschlichen Werte erscheint das biologische Lebens als grausam und ohne jegliche Gerechtigkeit, Fairness oder Mitleid – von proto-ethischen Regungen einiger höherer Tiere abgesehen

o   Vorausschauend von der Dimension des biologischen Lebens erscheint der Ausdruck und die Weiterentwicklung der speziellen menschlichen Fähigkeiten die Sonderrolle des Menschen in der Schöpfung zu ergeben.

o   Die Denkfähigkeit, aber vor allem auch die Emotionen sind dabei die besonderen Geschenke oder die besondere Last die die Schöpfung den Menschen gebracht hat

o   Diese Fähigkeiten geben dem Menschen die Möglichkeit, in das Schicksal und den Schöpfungsablauf selbständig einzugreifen.  Gibt „Gott“ damit Macht ab?  Ist „Gottes“ Macht damit eingeschränkt?  Oder läuft die Schöpfung doch nur nach ihrer Eigengesetzlichkeit weiter, dem Menschen beliebig Freiraum gebend, ihm ausgesetzt seiend.  Sind denn der Geist und die Emotionen des Menschen frei oder auch nur eine Äußerung der natürlichen Eigengesetzlichkeit der Schöpfung? [24]

o   Soweit das Denken und die Emotionsverarbeitung des Menschen frei sind, überläßt die Schöpfung den Menschen sich selbst – seiner Eigeninitiative und Selbstverantwortung für sich, die menschliche Gesellschaft und die Umwelt.

o   In wieweit man aber die menschlichen Dimensionen des Denkens und Empfindens in das Bild Gottes projizieren kann, ist offen. 

o   Man kann vielleicht sagen, daß „Gott“ alle Entwicklung im Kosmos der Naturgesetzlichkeit und dem Zufall überläßt.  Kann man aber auch sagen, daß Gott wohl nicht gegen etwas sein kann, was sich dann aus der Entwicklung der Schöpfung ergibt? 

o   Sollte man erwarten können, daß „Gott“ als Schöpfer vor allem auch alles „wahrnehmen“ kann, was sich innerhalb der Schöpfung ergibt, auch menschliche Gedanken, Empfindungen und Gebete?  

 

 

Einige weitere Beobachtungen zur Frage nach Gott:

 

Wenn man sich vom Kosmos ein Modell bauen oder vorstellen würde, in dem der sichtbare Teil unserer Galaxie, die Milchstraße, ein Scheibchen von 1 mm Durchmesser wäre, so wäre der Kosmos bei linearer (und nicht gekrümmter) Ausbreitung des Lichtes seit dem Zeitpunkt des Urknalls ein Kugel von nur ungefähr 150 m Radius.  Wenn man 1,000 Jahre einer Sekunde gleichsetzt, so ist unser Kosmos nur ein halbes Jahr alt.  Unsere Sonne wird in diesem Maßstab bereits in sechs weiteren Wochen ausgebrannt sein.  Das aufgewiesene Erlöschen und die Auflösung des Kosmos werden in diesem Maßstab schon nach einigen hundert Jahren beachtlich fortgeschritten sein.  So gesehen ist die uns bekannte Schöpfung, unser Kosmos, nicht sehr groß, nicht sehr alt und wird auch nicht sehr alt werden.  Was tut Gott außerhalb unseres Kosmos, tat vor Anfang unseres Kosmos, wird nach Ende unseres Kosmos tun? 

 

Das veranlaßt einen zu denken, daß vielleicht doch noch mehr in der Gesamtschöpfung eines vielleicht vieldimensionalen Universums entstanden sein und noch entstehen könnte.  Könnte die Gesamtschöpfung in Raum und Zeit etwa vieldimensional unendlich sein?

 

Wenn Gott aber den Kosmos lediglich nach dem einmal gegebnen Anstoß und den einmal gegebenen Gesetzen weiterlaufen läßt, was tut Gott dann die ganze Zeit?  Führt einen das zu Gedanken östlich meditativer Philosophie, des im Nur-Da-Sein Wirkens – wie die alt-chinesischen Kaiser, die untätig nur durch ihr Da-Sein wirken sollten, dem ganzen Reich, Staatsapparat und Gesetzen durch ihr Da-Sein Kraft und Leben gebend?  Oder sind da doch die ständig neuen kosmischen Schöpfungen und das Weiterwirken in jeder Einzelschöpfung, selbst wenn nur durch subtilste Ereignisse im kleinsten, statistischen Bereich mit dann großen Wirkungen?

 

Kann man all das Obige nun objektiv und allgemeingültig aussagen?  Wie werden etwa andere Zivilisationen im Weltraum über diese Dinge denken?  Da hochentwickelte Wesen woanders im Weltraum auch aus einer Evolution entstanden sein müssen (nach Abkühlung und Biotopbildung ihrer jeweiligen planetarischen Wohnstätte), so können sich auch ihre geistigen Vorstellungen erst im Laufe der Zeit entwickelt haben.  Wie in einer anderen Schrift aufgezeigt (siehe „Creative Thought“, H.S. 1994), ist die kreative Entfaltung neuer Denkvorstellungen ein kombinatorischer Vorgang im Laufe der Zeit, dem allgemeinen Prinzip der kombinatorischen Entfaltung der Schöpfung entsprechend.  So wird auch die Erkenntnis des transzendentalen Ursprungs der Existenz bei anderen Weltraumzivilisationen aus primitiveren Vorstellungen hervorgegangen sein und eine etwa vorhandene Vorstellung der kosmischen Schöpfungskraft (Gott) dieses reflektieren. 

 

In der biologischen Natur gibt es „Fehlentwicklungen“, die auf Dauer nicht überleben können, und dominierende Lebensformen, die das Hochkommen anderer Lebensformen für lange Zeit verhindern können.  Das kann auch mit philosophischen und theologischen Doktrinen so geschehen.  Irrlehren und glaubensmäßige Unterdrückungen des Weiterdenkens mag es auch bei anderen Zivilisationen im Weltraum geben, so wie bei uns auf Erden von Zeit zu Zeit. 

 

Das Bild Gottes wurde weiter oben als für uns Menschen widerspruchsvoll und unverständlich bezeichnet.  Es gibt zwei mögliche Wege, dieses zu einer Klärung zu bringen. 

o   Man kann annehmen (wie die meisten Wissenschaftler das tun), daß der schöpfende Gott die Evolution völlig der Eigengesetzlichkeit des Kosmos überläßt. 

o   Man kann auch annehmen, daß Gott von Zeit zu Zeit weiterschaffend mit neuen Ideen eingreift (siehe das Entstehen des Lebens und der menschlichen Werte) und damit neuere Phasen als in ihrem Sinn unabhängig von den älteren erscheinen läßt, diese überholend (siehe die „Intelligent Design Theory“). 

 

Das folgende Kapitel nimmt dazu Stellung.

 

 

Der in der Evolution und im Schicksal weiterwirkende Gott:

 

Um die Frage nach dem Weiterwirken Gottes in der Schöpfung unserem gewohnten Denken und Empfinden zu entziehen, sei diese Frage nun einmal aus der Sicht einer anderen Weltraumzivilisation betrachtet.

 

Wie schon vorher dargestellt, muß auch jede andere Weltraumzivilisation aus einer Evolution hervorgegangen sein.  Damit ergeben sich auch dort Fragen nach dem Verlauf dieser Evolution.

 

Kennen andere Weltraumzivilisationen auch ein „Schicksal“?  In der physikalischen Welt, auch überall im Weltraum, verlaufen viele Ereignisse nach einer zufälligen Wahrscheinlichkeit.  So werden die Wesen in anderen Weltraumzivilisationen auch ständig mit Überraschungen – günstigen und ungünstigen – konfrontiert werden.  Auch bei ihnen wird es die allgemeinen Naturphänomene wie Erdbeben und Meteoreinschläge geben.  Bei den Individuen jener Zivilisationen wird es, wie als Vorraussetzung für eine Evolution verlangt, Schwächere und Stärkere geben, sowie statistisch verteilte Begabungen, vielleicht auch Krankheiten und, wegen der Strahlung im Weltraum, Geburtsfehler.  Aus all dem ergibt sich auch bei ihnen ein jeweiliges individuelles „Schicksal“ oder ein Schicksal von Gruppen von Individuen.

 

Eine intellektuelle Zivilisation irgendwo im Weltraum wird sicherlich Kausalitäten auch bei den nach einer statistischen Wahrscheinlichkeit eintretenden Ereignissen suchen und könnte dort wenn nicht natürliche, dann transzendentale Eingriffe vermuten.  Im Maße jedoch wie gut die Kausalitäten und eine statistische Verteilung in der physikalischen Natur erkannt werden, besteht keine Notwendigkeit mehr, ein willkürliches oder gezieltes Eingreifen des Schöpfer-Gottes im Ablauf der Welt zu sehen.  Selbst die unwahrscheinlichsten Entwicklungen können immer noch als ein besonders seltener Zufall gedeutet werden.

 

Außerdem mag es hochentwickelten Zivilisationen im Weltraum mehr als uns gelingen, ungünstige Entwicklungen und „Zufälle“ abzuwehren und günstige herbeizuführen.  Wäre dieses Eingreifen in die Evolution und das Schicksal dann gegen den weiterwirkenden „Gott“?  Wir auf Erden lehnen ein derartig fundamentalistisches Denken ab, ergreifen die Initiative und bedienen uns unserer Kenntnisse, Fähigkeiten und Freiheit, als ob wir einen weiterwirkenden Gott nicht zu beachten haben oder diesen nur in günstigen Fällen zulassen.      

 

So ist es nicht mit Sicherheit zu erwarten, daß andere, sehr hochentwickelte Zivilisationen im Weltraum an einen über die Urschöpfung hinaus weiterwirkenden „Gott“ glauben

 

Wenn eine andere hochentwickelte Weltraumzivilisation dennoch an einen weiterwirkenden Gott glaubt oder davon sogar weiß, wäre es für uns auf Erden von größter Wichtigkeit zu erfahren, wie sie einen solchen Glauben oder ein solches Wissen begründen würde. 

 

Ein einmalig gesehener Eingriff wäre wohl weniger überzeugend, als eine Mehrzahl oder eine Reihe, aus der man möglicherweise noch Rückschlüsse auf das Wesen oder die Absicht Gottes ableiten könnte.  Die in der Chaos-Theorie behandelten Vorstellungen, wonach die sublimsten Differenzen auch die größten Wirkungen hervorbringen können, oder quantentheoretische Überlegungen wären ein Ansatz dafür. 

 

Bei uns auf Erden erscheinen die meisten Schritte der Evolution als erklärbar.  Es bleiben dennoch einige, die sehr unwahrscheinlich, aber in ihrer Wirkung auf die weitere Evolution besonders wichtig waren.  Dazu gehört die Entstehung unserer Erde wo und so wie sie ist (einschließlich der Bildung des Mondes), die Wahl von RNA und DNA als Informationsträger mit sehr komplizierter Molekurbiologie in ihrer Wirkung und bei den nachfolgenden Proteinen, die Entstehung der Nerven mit synaptischer Kopplung und Speichermöglichkeit, die Verfeinerung der Emotionen bis ins Künstlerische und einige andere Evolutionsschritte.  Diese wären aber sehr wenige Schritte göttlichen Eingreifens, in unregelmäßigen Zeitabständen, meist nicht weit führend bis der nächste Schritt als neue Überraschung stattfand.  Dazu kommen die vielen Evolutionswege, die abgebrochen wurden oder in großen Auslöschungen der Naturgeschichte endeten.

 

Die neue “Intelligent Design Theory” (wohl mit “Intelligente Gestaltungstheorie” übersetzbar) versucht nun in Fortsetzung sehr alter Glaubensvorstellungen, aus der besonders intelligenten Gestaltung vieler Naturphänomene ein dahinter stehendes göttliches Weiterwirken im Fortschritt der Evolution abzuleiten.  Wo könnten gläubige Menschen die wirkende Hand Gottes im Wandel der Welt sehen – ohne Verletzung der Naturgesetze und nicht nur in einfachen Zufälligkeiten?  Die Frage der transzendentalen Lenkung von Entwicklungen ergibt sich besonders in folgenden Vorgängen:

o   In einer Sequenz mehrerer unwahrscheinlicher Ereignisse (Ereignisse mit geringer Wahrscheinlichkeit) innerhalb einer für die Wahrscheinlichkeitsüberlegung relativ kurzen Zeit, die in diesem Ereigniszusammenhang zu einem sinnvollen Ergebnis führt.

o   In einer Sequenz von Entwicklungsstufen, bei der die Zwischenstufen der Entwicklung nachteilig sind, das Endresultat aber wertvoll.

o   In dem zeitlichen Eintreten eines sehr unwahrscheinlichen Ereignisses (timing), das durch diese unerwartete zeitliche Koinzidenz zu großer Wirkung führt.

o   In Ereignissen, die nur transzendental gedeutet werden können (zum Beispiel die Stimme, die Saulus hörte und die zu seiner Bekehrung führte).

 

Es müßte ein Katalog solcher Ereignisse vermuteten göttlichen Einwirkens aus der Beobachtung der Evolution oder der Geschichte aufgestellt und auch von Naturwissenschaftlern näher untersucht werden!  Bisher ist das nicht geschehen oder nicht gelungen. 

 

Genauere Beobachtung zeigt nun aber, daß einige der „Designs“ oder angenommenen „göttlichen Gestaltungen“ der Natur eine eher „weltliche“ Deutung zulassen oder aber zu neuen Problemen für die Theologie führen würden.   Planeten mit der Zusammensetzung wie unsere Erde – eine Ansammlung von Reststaub früherer Super-Novas – sind vielleicht doch nicht so ungewöhnlich.  Die Bildung von Monden um Planeten herum oder aus Teilen der Planeten sind vielleicht ganz gewöhnliche Erscheinungen im Kosmos, wie schon in unserem eigenen Sonnensystem zu beobachten, wenn auch mit zufälligen Abweichungen in Größe und Konsistenz.  Die Bildung einer Atmosphäre und die Ansammlung von Wasser durch Kometen oder durch Entgasen der Lithosphäre – besonders nachdem das Herauslösen von Materie durch die Mondbildung die Plattenbewegung der verbleibenden Teile ermöglicht hat – mag auch auf vielen Planeten im Weltraum stattgefunden haben.  Die Bildung großer Moleküle und der Begin des Lebens mag nicht so unwahrscheinlich erscheinen, wenn man die Milliarden von Molekülen berücksichtigt, die sich in der Ur-Umwelt gebildet haben – in flachen Tümpeln oder bei heißen Quellen tief im Ozean – und die Milliarden ihrer Zusammenstöße in Gauss’scher Bewegung bei erhöhter Temperatur über Millionen von Jahren.

 

Die Theologischen Probleme mit der „Intelligent Design Theorie“ resultieren aus der Tatsache, daß einige der „Designs“ oder der „Gestaltungen“, der für etwa göttlich gehaltenen Eingriffe, äußerst grausam sind (siehe mancherlei Parasiten und Krankheiten, wie etwa AIDS).  Andere „Gestaltungen“ erscheinen „unfair“, indem sie bestimmte Gattungen von Lebewesen bevorzugen oder benachteiligen (siehe die Dummheit einiger Tiere, die intelligenteren anderen als Nahrung dienen, und als Gattung nur dank ihrer großen Fruchtbarkeit überleben).  Andere wieder sind direkt unethisch (siehe die menschliche Charakterschwäche, die sich in all den Kriegen und Schrecken der Geschichte zeigte).  Intelligente Gestaltungstheorie kann auch nicht erklären, warum zum Teil sehr komplexe Pilz-, Bakterien- und Virusgattungen entstanden, die dann wunderbare Tiergattungen quälen (siehe die Maul und Klauen Seuche) oder rasch einige Pflanzenarten zum Erlöschen bringen (siehe die Ulmenkrankheit), die ihrerseits erst kurz vorher entstanden waren.  Man braucht nur die Kinderabteilung irgendeines Krankenhauses zu besuchen, um mehr Fragen zu stellen.  Welch eigenartiges Bild des „intelligenten Gestalters“ in Grausamkeit, Ungerechtigkeit und Zerstörung würde sich denn aus dieser Theorie ergeben, wenn sie Gültigkeit hätte?     

 

Ließe die „Intelligente Gestaltungstheorie“ für Gott nur Platz als gelegentlichen Bastler oder Erfinder in der Natur, parallel zu der reichlich nachgewiesenen, selbstlaufenden, natürlichen Evolution?  Wie steht es dann mit Gottes Eingreifen in den allgemeinen Lauf der Welt und der Geschichte?  Die Geschichte des Lebens und der Menschen auf Erden zeigt bemerkenswerte Unklarheit.  Die Endresultate der Evolution, die wir dann vielleicht als positiv beurteilen, hatten oft ungewöhnliche Zwischenstadien zu durchlaufen – als Beispiel: die ursprüngliche Entstehung der Erde mit anfangs für das höherentwickelte Leben unbrauchbarer Atmosphäre, der sehr komplexe und fragile Aufbau des Lebens auf mühsamer Molekularbiologie, die vielen Auslöschungen innerhalb der Darwin’schen Phase der Biologie und die Menschheit mit ihrer oft gequälten Geschichte sinnloser Zerstörung.  Die Zwischenschritte der Evolution sind oft von erstaunlich langer Dauer, ein zielbewußtes Wirken daher nicht erkennen lassend.  Große Durchbrüche auf eine bessere Welt oder höhere Kultur hin werden von Pestilenzen, Kriegen oder menschlichen Dummheiten unterbrochen.  Irrlehren erscheinen öfter, als gute Lehren. 

 

So kann man in Kosmosentwicklung, biologischer Evolution oder menschlicher Geschichte keine klare Ordnung oder Ausrichtung auf ein Ziel sehen, die auf ein weiteres Eingreifen des ursprünglichen Schöpfergeistes „X“ oder Gottes hinweist.  Es zeigt sich in der Evolution eher die Anwendung des „kombinatorischen Prinzips“ (wie vorher erklärt) und das Nutzen von Möglichkeiten, wie sie sich von Zeit zu Zeit ergeben, im Rahmen der Eigengesetzlichkeit der Natur und der Wahrscheinlichkeit.  Die Naturgeschichte zeigt auch die Unterbrechung einzelner Entwicklungsphänomene durch feindliche Kräfte – und die Unterbrechung der allgemeinen Evolution durch große, zufällig auftretende Katastrophen – meistens gefolgt von neuen Phasen großartiger Evolution in völlig neue Richtungen.      

 

Wenn es einen weiterwirkenden Gott im Kosmos gibt, warum geht die Evolution, die menschliche Geschichte und das Schicksal der Einzelnen dann so langsam und oft mehr als mühsam hier auf Erden?  Warum gab es die über zwei Milliarden Jahre Verzögerung zwischen der Entstehung des einzelligen Lebens auf Erden und der Evolution am Anfang des Kambriums zu komplizierten und diversifizierten Organismen?  Warum dominierten die Dinosaurier die Erde für 200 Millionen Jahre, bevor es den schon vorher existierenden Säugetieren vergönnt wurde, sich zu entfalten?  Warum benötigte es 65 Millionen weitere Jahre Darwinschen Ringens bevor Menschen entstanden? 

 

Dann gibt es noch eine Frage:  Warum waren alle diese Zeitabschnitte auf Erden so lang, wenn der schöpfende Geist des Universums die nächste Schöpfungsidee schon vorher irgendwo anders im Weltraum hatte?  Der Gedanke beruht darauf, daß man ja annehmen muß, daß die ganze Entwicklung auf Erden zeitverschoben zu der Entwicklung anderer „Erden“ und Zivilisationen im Weltraum stattfindet, also zeitlich später als viele von diesen.  Das bedeutet, daß ein göttlicher Schöpfungsgedanke für das Erscheinen der belebten Phase der Existenz und die Erscheinung höher begabter oder „intelligenter“ Lebewesen wahrscheinlich nicht zuerst auf Erden in Erscheinung trat.  Bei der Evolution dieser anderen Weltraumzivilisationen wurde also möglicherweise alles schon einmal durchprobiert oder hätte durchprobiert werden können, einschließlich der Entwicklungen, die stecken blieben, versagten, oder zu Sackgassen hier auf Erden führten.  Schließlich muß man ja gewisse Ähnlichkeiten zwischen den Lebewesen des Kosmos erwarten.  Es ist unwahrscheinlich, daß Leben ohne organische Chemie, Zivilisation ohne Denken, Denken ohne irgendeine Art Nerven und Werte ohne Empfinden erscheinen können. 

 

So erscheint in dieser kosmischen Sicht die Erklärung der Evolution durch den Gedanken eines von Zeit zu Zeit „künstlerisch“ weiterschaffenden Gottes, der ständig zu neuen Schöpfungsideen erst hier auf der Erde kommt im Maße wie die Schöpfung sich weiterentwickelt, nicht haltbar.  

 

Schließlich würde sich auch noch die Frage ergeben, nicht nur was der in die Evolution und den Ablauf der Welt eingreifende „Gestalter“ getan hat, sondern was diese geistige Kraft unterlassen und nicht abgewendet hat.  So wurde in der Natur etwa nie das Rad entwickelt oder die metallische Leitung von Signalen und das ganze heutzutage so moderne Gebiet der elektronischen Nachrichtenübermittlung und andere Gebiete, die dann dem menschlichen Erfindergeist möglich wurden.  Ein weiteres Beispiel:  Während das sehr komplexe und „intelligente“ Immunsystem im Körper gegen Bakterien bewundernswert entwickelt wurde, blieb die Verteidigung gegen Viren oder Krebs unterentwickelt.  So blieben diese schweren Leiden für so viele unschuldige Lebewesen nicht abgewendet, wie auch nicht alles Schreckliche, was in der Geschichte der Menschheit geschah. 

 

Dann ist da auch noch die Frage der neuen Geschichte, etwa warum der Holocaust zugelassen wurde.  Das ist die allgemeine Frage der Theodizee,  warum so vielem Bösen oder Nutzlosen nicht entgegengetreten oder dieses vermieden wurde – einschließlich all des Elends und der Katastrophen, die die Unschuldigen auch unserer Zeit befallen.  Um noch einmal obige Frage oder den Ausruf zu wiederholen:  Welch eigenartiges Bild des „intelligenten Gestalters“ würde sich denn aus dieser „Intelligent Design Theory“ bei Beobachtung der natürlichen Evolution und der Geschichte ergeben, wenn sie Gültigkeit hätte?  Als verständlichere Antwort bleibt nur, keinen intelligenten Gestalter in diese Welt eingreifen zu sehen, die nach den einmal gegebenen Naturgesetzen, dem kombinatorischen Prinzip und der aufgewiesenen natürlichen Unbestimmtheit abläuft, so beeindruckend kunstvoll, wie diese Zusammenhänge anfänglich einmal eingerichtet wurden.  

 

Wie kann es eine Konvergenz mit unserem christlichen Glauben geben? 

Die Bibel kennt die natürliche Evolution nicht und sagt daher nichts über ein Eingreifen Gottes in die Entwicklung des Universums.  Die Bibel bezieht sich lediglich auf Gottes Eingreifen als Folge des menschlichen Verhaltens in moralischen Fragen und das auch nur in der jüdisch-christlichen Geschichte.  Da geht es um Bestrafung, Belohnung, Vernichtung schlechter oder Rettung guter Sippen oder Individuen oder um ihnen auferlegte Prüfungen.  Über Gottes Eingreifen bei der Menschheit in anderen Kulturen ist in der Bibel nichts ausgesagt.

 

Soll das heißen, daß Gott erst im Universum eingreift, wenn eine Lebensform im Kosmos Freiheit des Willens und moralische Urteilsfähigkeit erreicht und sie Gottes eigenes Moralgesetz erhalten hat?

 

Eine solche Sicht ist weniger haltbar als eine, die Gottes Eingreifen auch schon in der natürlichen Evolution und bei allen Kulturen auf Erden und im Kosmos sehen würde oder eine Sicht, die überhaupt kein Weiterwirken Gottes im Weltraum über die Urschöpfung mit ihrer Eigengesetzlichkeit hinaus sieht.  Letztere Sicht würde den Kosmos dann für uns wohl immer noch als überwältigend großartig, aber auch als eine leere Maschine und nicht in Gottes schützender Hand bewahrt erscheinen lassen – außer wo wir Menschen uns erheben, um solch „menschliche“ Bedingungen entstehen zu lassen.

 

Auf der menschlichen Ebene hat die praktische Beobachtung der Geschichte und des Schicksals der Menschen den Glauben an ein ständig richtendes und ausgleichendes Eingreifen Gottes in den Ablauf der Welt nicht bestätigt.  Lediglich die orthodoxen Juden glauben noch trotz Holocaust an eine bevorzugte Lenkung ihres Schicksals auf Erden durch Gott (und einige amerikanische Sekten, wie die Mormonen, die aber noch nicht genügend Wandel der Zeiten überstanden haben).  Für alle anderen Gläubigen ergibt sich notwendigerweise erst im Jenseits das ausgleichende Eingreifen Gottes. 

 

Dabei ist eine Sicht des Wirkens Gottes in der moralischen und empfindsamen Welt der Menschen nur mit „guten“ Wirkungen (guten Zeiten, Belohnungen, Rettungen), aber nicht mit auch Zulassung oder Veranlassung der „schlechten“ (Kriegen, Pest, Unfällen, Strafen, Untergängen) weniger haltbar, als eine symmetrische Sicht des Wirken Gottes, die also auch die „schlechten“ Wirkungen als von Gott kommend deutet – zumindest aber von Gott toleriert oder durch Unterlassung von Gottes Hilfe ermöglicht.  Sollen das dann alles nur Versuchungen oder Bewährungsproben sein – auch der Untergang kleiner Kinder oder sehr alter Menschen?  Das verlangt bei einem irgendwie verständlichen Gottesbild – in Anbetracht des ständig entstehenden, unendlichen Leides vieler Unschuldiger durch akzidentelle, kriminelle oder medizinische Ereignisse – den ausgleichenden Jenseitsglauben.  Sonst bleibt nur eine Sicht, die kein weiteres Wirken Gottes in der Welt verständlich erscheinen läßt – weder im Guten noch im Schlechten.

 

So muß man umgekehrt damit sagen, daß ein Wegfallen des Glaubens an ein kompensierendes Weiterleben im „Jenseits“ – selbst nur der Seelen – zum Wegfallen des Glaubens an Gottes Weiterwirken hier auf Erden führen muß – oder zu einem absolut unverständlichen, chaotischen und grausamen Gottesbild.

 

Dazu kommt auch noch, daß bei uns auf Erden das Auftreten von bedeutenden, positiven Ideen als „Eingebung“ zählt, das heißt auch als transzendental verursachtes Ereignis.  Wie steht es aber in einer symmetrischen Sicht mit dem Auftreten schlechter Ideen  –  zum Beispiel dem Auftreten des entarteten „Kommunismus“ oder des entarteten „National-Sozialismus“? 

 

Bei uns Menschen auf Erden und bei jeder Zivilisation im Weltraum, die die natürliche (bei uns Menschen die neurologische) Grundlage ihrer „Gedanken“ oder jeweiligen Vorstellungssequenzen gut verstanden hat, kann das Auftreten von „Ideen“ aber ganz natürlich erklärt werden und muß nicht transzendental gedeutet werden (siehe Aufsatz „Creative Thought“ von H. Schwab, 1994).

 

Für den gläubigen Menschen zählt die persönliche Erfahrung eines „gütigen“ Schicksals im Lebensablauf oder in wunderbar-rettenden Ereignissen, vor allem auf Hilferufe hin, mehr als alle Theorie bei der Begründung eines Glaubens an einen weiterwirkenden „Gott“.  Gilt das aber nur für die im Leben gut bedachten Menschen?  Wie steht es in einer symmetrischen Sicht mit den unglücklichen, chronisch leidenden, akzidentell oder kriminell geschädigten oder trotz innigen Hilferufs untergegangenen Menschen oder den mit ihnen in Mitleid Leidenden?  Was können diese sagen, glauben, vertreten?  Ist unser Glaube denn ein Glaube nur der Überlebenden und Glücklichen?  So geht eine allgemeingültige, transzendentale Deutung des Schicksals in dieser Welt wieder nur mit einem ausgleichenden Jenseitsglauben.  Dazu ist in einem der folgenden Abschnitte Stellung genommen.  Danach ist ein dauerndes, statisches Ablagern aller „Seelen“ in einem beständigen Jenseits in Anbetracht der fortwährenden Dynamik des Kosmos und des laufenden Neuschaffens und dann des letztlichen völligen Vergehens sämtlicher Strukturen desselben nicht zu erwarten – und damit dann auch nicht eine irgendwie verständliche, transzendentale Deutung des Schicksals.

 

Wenn man den Glauben an einen „weiterwirkenden Gott“ und an ein ausgleichendes Jenseits nicht aufrecht erhalten kann, bleiben dennoch einige stärkende, fast „religiöse“ Nachgedanken:

o   Der Anblick des Kosmos und der biologischen Welt, die wir zumindest hier auf Erden kennen, gibt ein überaus großartiges Bild von der ursprünglich schöpfenden, transzendentalen Kraft, von „X“ – oder „Gott“.  Vor dieser Welt mit allen ihren fein abgestimmten Naturgesetzen, aber auch ihren Freiheitsgraden, auch im Gedanklichen, können wir Menschen nur in Staunen und im Wissen unserer Beschränktheit stehen.

o   Wir müssen oft unser Schicksal akzeptieren.  Wir können aber auch oft mit aller Energie und Kraft des uns gegebenen Geistes und Charakters den von uns als richtig erkannten Weg den Umständen entsprechend gehen, können handeln, auf andere Menschen wirken und somit selber verantwortlich ins Schicksal eingreifen.

o   Dabei kann die Erfüllung des Menschseins darin liegen, den wegweisenden menschlichen Werten zu folgen in persönlicher Entfaltung, im Dienst an Anderen und die Weltgemeinschaft und in Freude an der Schönheit und Kultur.  Dieses kann in einem großartigen Leben gelten, aber auch in einem kleinen und beschränkten.  Es kann im Ganzen eines Lebens gelten oder auch nur in kurzen Teilen desselben.  Dieses kann gelten, auch wenn es persönliche Opfer verlangt und persönlicher Untergang uns allen früher oder später bevorsteht.

o   So kann man das Weiterwirken in der Welt so interpretieren, daß es doch irgendwie wieder der ursprüngliche Schöpfer ist, der nun aber durch den Menschen sein Geschöpf mit aller seiner natürlichen Eigengesetzlichkeit in seiner Schöpfung weiterwirkt.

 

Ein Nachgedanke: 

Das Erscheinen der moralischen Urteilsfähigkeit des Menschen, der seelischen Empfindsamkeit und der Freude am Schönen ist eines der besonderen Wunder der Schöpfung.  Nachträglich ist das Erscheinen dieses evolutionären Wunders vielleicht erklärbar wie es sich in seiner Evolution der Gesetzmäßigkeit der Natur bediente.  Die Entstehung von moralischen Werten, seelischer Empfindsamkeit und Freude am Schönen war aber nicht vorhersehbar, ihre Entstehung nicht naturgesetzlich zwangsläufig so nötig.  Darin eben kann ein in der Schöpfung begründetes Wunder gesehen werden.

 

 

Der persönlich anrufbare und etwa auch helfende Gott:

 

Die Frage, ob Gott anrufbar ist, den betenden Menschen hört und etwa ihm auch hilft, steht in direktem Zusammenhang mit zwei Konzepten

o   Der Vorstellung Gottes als liebenden „Vater“, wie von Christus gelehrt, oder zumindest als offen für die Emotionen von Mitleid, Gerechtigkeit und Fairneß

o   Der Frage nach dem im Rahmen einer Hilfe „weiterwirkenden“ Gott.

 

Die christliche Sicht Gottes als eines liebenden (oder auch mal zürnenden) Vaters ist letztlich auf der Emotionalität des Menschen begründet und entspricht deren Notwendigkeit. [25]  Ist hier aber vielleicht Menschliches ins Göttliche projiziert?  Oder gilt, daß was im Menschen von der Schöpfung her entstanden ist auch im Schöpfer enthalten sein muß?   

 

Wer eigene schwere Not oder Not im Mitleid erfahren hat, versteht, wie jeder Betroffene sich an die transzendentale Macht hinter Schöpfung und Schicksal wendet, um einen „gnädigeren“ Ablauf der Ereignisse zu erbitten.  Sollte Gott denn nicht die Geschöpfe wahrnehmen, die er geschaffen hat?  Kann er sich dem Leid oder der Ungerechtigkeit ihres Lebens verschließen?  Sollte Gott nicht die Berechtigung der Gefühle anerkennen, die er geschaffen hat?

 

Ein besonderes Maß der Hilfe Gottes sieht der gläubige Mensch auch im Empfang einer seelisch-emotionalen Stärkung, sein gegebenes Schicksal anzunehmen. 

 

Eine Welt ohne diese Verbindung zu Gott wäre emotional kalt und leer, für manche Menschen in ihrem schweren Schicksal nicht einmal lebenswert – außer wenn sie sich zu ihrer Verantwortlichkeit und etwa doch noch verbleibendem Potential als Menschen erheben – und eine helfende Hand finden, wo sie von Nöten ist.

 

Damit ergibt sich aus den Emotionen das Suchen nach einer persönlichen Gottesvorstellung, die das intellektuelle Verstehen und die daraus resultierende Bewunderung der Großartigkeit der Schöpfung und die aus dem Denken entstandene Eingliederung des Menschen in diese Schöpfung und das Schicksal ergänzt oder übersteigt.  Dabei stehen jedoch der Frage nach einem anrufbaren und helfenden Gott zwei Überlegungen entgegen:

 

Im Holocausts, bei der Bombardierung von Dresden, bei den Terroranschlägen in New York und aller anderen Grausigkeiten während der ganzen Geschichte dieser Welt sind sehr viele Kinder und unschuldige Menschen trotz ihres heißen Flehens zu Gott oder ihren jeweiligen Göttern um Hilfe in großem Leid umgekommen.  Viele schätzenswerte Menschen gehen durch ein schweres Alter und leidvolles Sterben trotz aller Gebete in ihrer großen Not.  Die Gottesschau eines stets „liebenden“ und ins Schicksal eingreifenden „Vaters“ ist daraus nicht möglich. 

 

Ein Gottesbild, das Gottes Anrufbarkeit und persönliche Hilfe in Aussicht stellt und Gottes weiterwirkendes Eingreifen in den Ablauf der Welt im Allgemeinen vorsieht, kann nicht gleichzeitig das unendliche Leid auf der Welt durch alle Zeiten erklären.  Das ist nur von denen denkbar, denen es im Leben letztlich gut ergangen ist oder die ein kompensierendes, gutes Leben im Jenseits erwarten.  So bleibt bei fehlendem Jenseits, wie im Weiteren diskutiert, nur ein Gottesbild, das Gott nicht in den Ablauf der Welt eingreifen sieht, sondern die Welt ihrer Eigengesetzlichkeit und der Initiative der Menschen selbst überläßt – sei es in der Medizin, im Karitativen, der Einhaltung des Rechtes oder der Politik.  Das ist dann das Verständnis eines nicht-weiterwirkender Gottes, der dann auch nicht von Anrufen zum Einschreiten in den Ablauf der Welt erreicht werden kann.  

 

Die Anrufbarkeit Gottes und Seine persönliche Hilfe ist übrigens  bisher nicht mit naturwissenschaftlicher Methodik untersucht worden.  Dazu müßten vergleichende, quantifizierte und wiederholbare Beobachtungsreihen über Anruf und Antwort oder Rückwirkung vorliegen, etwa im Rahmen einer „quantitativen Theologie“.  Ein antiker Herrscher hat einmal den Wahrheitsgehalt verschiedener göttlicher Orakel verglichen.  Andere Herrscher haben einzelne Gläubige auf die Probe gestellt und damit die Anrufbarkeit und Hilfe ihres Gottes geprüft.  Eine systematische Untersuchung in unserer Zeit wird aber von den Theologen als eine dem Menschen gegenüber Gott nicht zustehende Anmaßung abgelehnt, obwohl das Forschen in jedem anderen Bereich der Schöpfung, auch im Bereich der Seele, in der Psychologie, als dem Menschen dank seiner ihm gegebenen Intellektualität zustehend gebilligt wird.  [26]

 

Kann die Weltraumforschung etwas zu dieser Diskussion beitragen? 

Man kann nicht voraussetzen, daß andere Weltraumlebewesen den neurophysiologischen Kontrollmechanismus der „Emotionen“ und damit die Fähigkeiten oder Eigenschaften der Emotionalität und damit der „Werte“ auch entwickelt haben und besitzen.  Hat man nicht den Eindruck, daß diese auch bei einigen Zivilisationen auf Erden gefehlt haben, z. B. nicht nur bei den massenmordenden Azteken, sondern auch bei den sie dann plündernden Spaniern?  Schließlich verläuft auch die Kontrolle des Bienen- oder Ameisenstaates ohne Emotionen.

 

Andererseits kann man nicht ausschließen, daß anderen Weltraumzivilisationen weitere Dimensionen der Wahrnehmung oder des Bewußtseins zur Verfügung stehen, die wir nicht kennen.  Dadurch würde eine andere Gottesschau entstehen, die, wenn nicht höher, zumindest anders ist als unsere.  So wäre die Frage nach der persönlichen Religiosität anderer Zivilisationen im Weltraum für uns auf Erden von ganz besonderem Interesse.  Selbst wenn sich daraus eine andere Anrufbarkeit Gottes ergäbe, wäre das Gewähren von Hilfe auch bei anderen Weltraumzivilisationen an die Frage gebunden, ob Gott in die Schöpfung weiterwirkend eingreift – was, wie oben gezeigt, nicht erwartet werden kann.

 

Wenn man die geistige Schöpfungskraft „X“ oder „Gott“ wohl als schöpfende Urkraft versteht, nicht aber als weiter in die Schöpfung eingreifend, also auch nicht als persönlich helfend, so erübrigen sich alle Opfer an die Götter oder an Gott und die religiöse Notwendigkeit für Rituale.  Man kann aber sehr wohl dennoch Gott in seiner transzendentalen Größe verehren intellektuell, emotional und künstlerisch.  Man kann Gott auch für persönliches Glück, das sich aus der Gesamtschöpfung ergeben hat, danken.  Man kann sich in positiven Zeiten des Lebens über alles Gute und Schöne freuen.  Man kann in schlechten Zeiten versuchen, seine eigene begrenzte Bedeutung innerhalb der Schöpfung anzuerkennen und seine verbleibenden Kräfte oder Gaben nutzen, die Dinge in Verantwortlichkeit besser zu gestalten.  Man kann sich in der eigenen Zielsetzung mit „Gottes“ Schöpfung identifizieren in Verfolgung des menschlichen Denkens, der Umsetzung der menschlichen Werte in die eigene Lebensführung, der Hilfe an Andere und im Beitrag an eine schönere Welt.

 

Wie kann es eine Konvergenz mit unserem christlichen Glauben geben? 

Die Tatsache, daß sehr viele, inständige Gebete durch die Jahrtausende der menschlichen Geschichte nicht „erhört“ wurden, daß es „guten“ Menschen schlecht und „schlechten“ Menschen gut erging, führte zum Glauben an ein ausgleichendes Jenseits.  Wenn man aber das Eingreifen Gottes in den Ablauf der Welt und damit die Anrufbarkeit Gottes nicht sehen kann, verbleibt dann nur das Gebet um eine Stärkung der Seele, das gegebene Schicksal anzunehmen.

 

Das Gebet um eine Stärkung der Seele, das Schicksal anzunehmen, kann man auch so verstehen, daß man sich meditativ auf die Größe Gottes besinnt, die Schöpfung in ihrer Eigengesetzlichkeit anerkennt, sich hingebend einfügt und dann die Initiative ergreift und sein eigenes Bestes für das Notwendige, Richtige oder Gute tut!

 

Hier noch einmal einige Gedanken in Abwandlung des vorher Gesagten:

o   Der Anblick des Kosmos gibt ein überaus großartiges Bild von der ursprünglich schöpfenden, transzendentalen Kraft, von „Gott“.  Vor dieser Welt mit allen ihren Erscheinungen, aber auch dem Entstehen der menschlichen Emotionen, Werte und Freuden können wir nur in Staunen, Annehmen unseres Platzes und im Wissen unserer menschlichen Beschränktheit stehen.

o   Wir müssen das Leid unseres Schicksals akzeptieren, aber können auch unsere Freuden bewußt wahrnehmen. 

o   Wir können und müssen mit aller Energie und Kraft des uns gegebenen Geistes und Charakters uns für persönliche Entfaltung und für das Gute und Schöne in unserer Umwelt einsetzen.  Wir können handeln, auf andere Menschen wirken und somit das erbringen, was in der göttlichen Schöpfung die Möglichkeit, vielleicht sogar die Aufgabe des Menschen ist.

o   Dabei kann durch diesen Einsatz uns selbst eine Erfüllung des persönlichen Menschseins möglich werden in persönlicher Entfaltung, in Dienst an Anderen und an der Weltgemeinschaft und in Freude an der Schönheit und Kultur.  Diese gilt, selbst wenn eine solche Lebenserfüllung nur vorübergehend möglich ist.  Diese gilt auch, wo persönliche Opfer verlangt und persönlicher Untergang uns allen früher oder später bevorsteht.

o   Die Schöpfung erscheint wie ein vorübergehendes Feuerwerk, das entsteht, vielfältig aufleuchtet und wieder vergeht.  Die Bedeutung des Menschseins in diesem Ablauf liegt im intellektuellen, ethischen und zivilisatorischen Aufbau.  Es liegt auch darin, daß der Mensch – dank seines kontemplativen Empfindens und „Bewußtseins“ – ein Schöpfungsphänomen ist, das bei diesem Feuerwerk „zuschaut“.  Es liegt aber besonders in der verantwortlichen Verfolgung, Weiterentwicklung und aktiven, unmittelbaren Umsetzung seiner „Werte“ auf der Erde – einem bevorzugten Platz des Kosmos – und damit in einem Eingreifen in den Ablauf des Geschehens.

o   Dieses gilt für uns auf Erden.  Wir können dieses auch bei anderen Weltraumzivilisationen als geltend erwarten.

 

 

Der richtende Gott und das Jenseits:

 

Der Glaube an das Richten Gottes beruht auf dem Glauben, daß die Moralgesetze (sowie die Opfer- und Ritualgesetze) von Gott gegeben sind und daher deren Einhaltung auch von Gott durch Belohnung oder Bestrafung durchgesetzt wird.

 

Das „Richten“ kann sich sowohl auf Konsequenzen im jeweils ablaufenden Leben des Gerichteten, oder aber auf Konsequenzen nach dem Leben, im Jenseits, beziehen.  Konsequenzen in diesem Leben setzen einen „weiterwirkenden“ Gott voraus, der wie oben gezeigt bei uns auf Erden und bei anderen, hochentwickelten Weltraumzivilisationen nicht erwartet werden kann. 

 

Dazu kommt die Beobachtung auf der Erde, daß das richtende Eingreifen Gottes im irdischen Leben der Menschen nicht konsequent beobachtet werden kann.  Gelegentlich wird es bei passenden Schicksalswendungen vermutet, aber im Allgemeinen sieht man es nicht (siehe dazu auch die Diskussion bezüglich des „weiterwirkenden“ Gottes). 

 

Man könnte noch glauben, daß das Richten ein zeitloses Momentanerlebnis im Augenblick des Todes ist.  Die Beobachtung des friedlichen Todes von Bösewichtern zeigt das nicht.  Mein eigenes Erleben des Sterbevorganges zeigt eher, daß das Sterben im letzten Augenblick – wenn nicht immer, dann doch meistens – ein Ausklingen in eine sehr große und wunderbare Ruhe ist. 

 

So bleibt nur der Glaube an ein Richten im Jenseits, was dann den Glauben an ein Weiterleben im Jenseits verlangt.  Dieses Thema war schon vorher berührt und ist in einem folgenden Kapitel über die christlichen Glaubensinhalte besonders diskutiert.  Es wird dort gezeigt, daß die astrophysikalisch gesehene ständige Dynamik und begrenzte Lebensdauer des gesamten Kosmos ein stabiles und ewiges Jenseits und statisches Einlagern von Seelen auf Dauer als nicht verständlich erscheinen läßt.  Ein zeitlich begrenztes Jenseits würde einen zweiten Tod jener „Seelen“ bedeuten.  

 

Dazu hat sich unser Verständnis von Kriminalität und Gerichtsurteilen seit der Entstehung unserer Religionen geändert.  Wir haben medizinisches, psychologisches und soziologisches Verständnis für Fehlverhalt entdeckt und sehen nur selten die Notwendigkeit für Abschreckung, vorzugsweise aber für Umerziehung und Reintegration, sonst nur selten für Isolierung der chronischen Übeltäter.  Abschreckung verlangt ein Bekanntwerden der Urteilsvollstreckung.  Isolation und Reintegration verlangen ein Weiterleben.  Wie soll das zu den alten Vorstellungen vom Richten und Weiterleben im Jenseits passen?  Oder gibt es beide nicht?

 

Es wäre überraschend, wenn die Beobachtungen anderer Weltraumzivilisationen anders wären, das heißt, daß Gott dort direkt und konsequent eingreift – belohnend, bestrafend in des tägliche Leben und Schicksal der Einzelindividuen und Gemeinschaften eingreifend – bei uns auf Erden aber nicht.  Würde uns das hier auf Erden als auf einer von Gott vernachlässigten Welt erscheinen lassen?  Das entspricht nicht dem christlichen Glauben an einen Gott-„Vater“ und einer kohärenten Weltordnung.  So wird die religiöse Vorstellung eines „richtenden Gottes“ auch bei anderen Weltraumzivilisationen kaum im Alltagsleben begründet sein, sondern müßte auch dort zu einem Glauben an ein Jenseits führen.  Daher wird der Glaube an einen richtenden Gott bei anderen Weltraumzivilisationen nicht bestehen.

 

Man könnte noch sagen, daß der Mensch oder eine Gesellschaft, die gegen die im Menschen von Natur aus verankerte Moral lebt, nicht glücklich sein kann.  Damit würden sie sich aus der Eigennatur des Menschen heraus selbst richten.  Damit wäre das Richten Gottes in die Veranlagung des Menschen, wie sie sich aus der Urschöpfung und Evolution ergibt, zurückverlagert.  Es zeigt sich allerdings, daß ausbeutende Individuen oder Gesellschaften das den Anderen zugefügte Leid selber meist gar nicht empfinden.  Sie sehen in der Ausbeutung ihr eigenes Lebensglück.  So können sie bestenfalls an einen sie persönlich vor allen Anderen bevorteilenden Gott glauben (wie etwa einige Juden), aber nicht an einen über alles richtenden.   

 

Die Frage nach dem Bösen, dem Nutzlosen und dem Leiden in der Welt:

 

Das „Böse“, im Gegensatz zum „Nutzlosen“ oder dem „Leiden“, beruht auf der empfindungsmäßigen Beurteilung von einem Verhalten, das die Moralgesetze verletzt.  Das „Nutzlose“ sehen wir in der sinnlosen Zerstörung von Wertvollem, dem frühzeitigen Zugrundegehen wertvoller Menschen oder einem inhaltlosen, nicht genutzten Leben.  Das „Leiden“ ist der bei einem selbst oder im Mitleid bei anderen empfundene Nachteil oder Schaden, etwa auch körperliche oder emotionale Schmerzen im Leben.

 

Gibt es Böses, Nutzloses und Leiden überall im Kosmos?  Wie oben dargestellt, kann bei anderen Weltraumzivilisationen das Abweichen von Verhaltensnormen unter Individuen als Teil der Evolutionsmechanismen sehr wohl erwartet werden.  Ohne derartige Abweichungen gäbe es keinen evolutionären Fortschritt.  Auch das Vorhandensein von Empfindungen kann zwar nicht vorausgesetzt, aber auch nicht ausgeschlossen werden.  Somit wird es das „Böse“ zumindest auch bei den mit „Empfindung“ begabten Weltraumzivilisationen geben.  Dabei wird sich das „Böse“ wohl immer auf das Zufügen von Schaden, Ablehnen von Erwartungen oder das Verletzen von Empfindungen Anderer Lebewesen oder Gemeinschaften beziehen.  Daher und wegen der statistischen Ereignisse überall im Kosmos wird es auch das Nutzlose und das Leid bei anderen Weltraumzivilisationen geben, besonders bei denen mit Gefühl begabten.

 

Das Böse, das Nutzlose und das Leiden in der Schöpfung wird also auch bei anderen, empfindenden Weltraumzivilisationen kausal oder als Phänomene der Wahrscheinlichkeit erklärt werden müssen.  So obliegt es den Zivilisationen im Weltraum, entsprechend einschränkende Maßnahmen aktiv aufzubauen und zu erhalten, wie bei uns durch Gesetze, Polizei, Psychologie, Medizin, das Staatswesen, und persönliche Lebensführung.  Man kann nicht annehmen, daß hochentwickelte Weltraumzivilisationen das anders sehen.  Eine andere Vorstellung oder Glaube wäre allerdings von größter Bedeutung für uns auf Erden.

 

Noch einige besondere Bemerkungen zum „Bösen“ in der Welt:

Bei uns Menschen auf Erden ist das „gute“ oder „böse“ Verhalten – damit auch der Charakter oder die Persönlichkeit eines Individuums – von drei Faktoren beeinflußt, wenn nicht sogar bestimmt. [27]  Diese sind:

-       die neurophysiologische Struktur,

-       die Körperchemie

-       die vorausgehenden Erfahrungen (einschließlich der eigenen Gedanken), beziehungsweise die Eingebundenheit des Individuums in eine Umwelt, Kultur oder Religion.

 

Alles dieses geht zurück auf genetische, Zufall oder Unfall bedingte und psychologische Gegebenheiten sowie eigenes Denken.  Zu den äußeren Einflüssen – teils unter eigenem oder Umwelteinfluß – gehören auch Ernährung, Kaffee, Alkohol, Drogen, Klima und die Wirkung körperlicher Aktivität.  Wir glauben zwar an die „Freiheit des Willens“, versuchen dennoch, oben genannte Faktoren des Verhaltens und der Persönlichkeit soweit wie möglich zu beeinflussen, angefangen mit der Schulung und Positionierung unserer Kinder. 

 

Bei anderen Weltraumzivilisationen mögen die Mechanismen der individuellen Persönlichkeitsbestimmungen andersartig sein.  Sie ergeben sich aber letztlich immer aus Hardware und Software ihres biologischen Systems und dessen Wartung, das heißt der Sensorik, der Signalübertragung, der Signalverarbeitung, dem Gedächtnis und der Betätigung der Aktuatoren jener Wesen  -  mit den gleichen Konsequenzen, wie bei uns.  

 

Bei der Korrektur des „Bösen“, das heißt von Fehlverhalten, sollte man nach obiger Darstellung der Grundlagen des Verhaltens annehmen, daß bei anderen hochentwickelten Weltraumzivilisationen mehr Betonung auf Umerziehung (oder Umprogrammierung), Einrichten von kulturell/religiösen Umgebungsveränderungen und auch auf „medizinische“ Eingriffe (Medikamente, Operationen und andere Hilfsmittel) Wert gelegt wird, als auf emotionale Vergeltung oder Rache [28]. So bleibt an Stelle von Strafe dann nur ein Charakter-verändernder Eingriff oder die Abschreckung – höchstens noch die abschirmende Eingrenzung des „bösen“ Individuums zur Verhinderung weiteren Schadens.  Sollte das dann nicht auch für uns auf Erden und auch für Gottes Richten gelten?  Das würde die traditionelle Vorstellung vom Jüngsten Gericht, Hölle und Jenseits wesentlich verändern! 

 

Das besonders Interessante für uns wird sein, wie das uns letztlich geheimnisvolle Phänomen der „Freiheit des Willens“ und damit die persönliche Verantwortung bei anderen Weltraumzivilisationen gesehen, erklärt und möglicherweise gestärkt wird – und wie deren Vorstellungen von der Freiheit des Willens in deren Konzepte eines „Gerichtes“ und dessen Konsequenzen eingehen. 

 

 

Die Frage nach dem Gesetz

 

Es wurde in einem vorherigen Abschnitt aufgewiesen, wie sich das religiöse Gesetz von einer Opfer- und Ritualordnung zu einer Stützung der Hierarchie, zu einer symbolischen Disziplinübung und schließlich zu einer Ordnung des menschlichen Zusammenlebens umgestaltete.  Mit der Intellektualisierung des öffentlichen Lebens geht dann die gesellschaftsgestaltende Gesetzgebung auf die politischen Instanzen über, in Konvergenz oder Parallelität zur religiösen, auf „Gott“ begründeten Ordnung.  Verbleibende Differenzen mit konservativen kirchlichen Gruppen können nur schwer ausgeräumt werden, da sich diese Gruppen auf die göttliche Grundlage ihrer Gesetz beziehen und somit nicht der demokratischen Entscheidungsfindung oder neueren Erkenntnissen unterordnen (siehe rechts-stehende Christen, Juden oder Muslims).

 

Gesetze konzentrieren sich im Allgemeinen auf die Vermeidung des „Bösen“ und Nutzlosen.  Beides sind Phänomene, die sich auch bei jeder Weltraumzivilisation finden müssen – wegen der statistischen Verteilung des Verhaltens und der Schicksalsereignisse.  Daher gilt es überall, das Böse abzuwehren und das Nutzlose zu vermeiden.  Warum sollten sich Gesellschaften im Weltraum aber nur auf die Vermeidung von Problemen konzentrieren und nicht auch auf die Optimierung von Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten?  So ginge es bei einem das „Böse“ einschränkenden Gesetz wohl um das Einschränken und Bestrafen, bei einem das „Gute“ oder Chancen fördernden Gesetz müßte es aber wohl um das Fördern und Belohnen gehen.

 

Unser auf Schutz ausgelegtes Gesetz auf Erden tendiert zur Zeit zur Betonung von „Rechten“ der Individuen oder Gruppen und Bestrafung von Verletzungen dieser Rechte.  Bei einer Ausrichtung der Gesellschaft auf Ziele müßten aber auch „Pflichten“ in das Gesetz eingehen, auch bei uns auf Erden, begleitet von Belohnungen für erbrachte Beiträge.  In der christlichen Lehre ist das durch christliche Ethik und Paradieserwartung vorgesehen.

 

In der gesellschaftlichen Ordnung auf Erden, die dann zur Formulierung von Gesetzen führt, gibt es dabei nun drei unterschiedliche Richtungen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen:

o   Bei Betonung des größten Nutzens für die Gemeinschaft kommt es zur Aufopferung des Einzelnen oder seiner Interessen.  Nicht nur die Spartaner, sondern auch autokratische oder diktatorische Systeme unserer Zeit sind dafür Beispiele.  Man sollte beachten, daß eine Maximierung des Nutzens für möglichst viele Individuen in der Gesellschaft auch die Berücksichtigung des Interesses zukünftiger Generationen einbeziehen müßte.  [29]  Und wie steht es mit den Rechten und Anspruch auf Nutzen nicht-menschlicher Lebensarten? 

o   Bei Betonung des geringsten Risikos für die Schwächsten (siehe John Rawls Schriften) kommt es zu einer egalitären Tendenz, wie in einer Demokratie.  Dabei wird aber außer Acht gelassen, daß der Mensch zwischen Risiken und Chancen – wie in der modernen Analyse von Geschäftsentscheidungen – eher entsprechend einer Nutzen-Kurve („utility-graph“) urteilt.  Die Nutzen-Kurve hat aber auch einem positiven Arm, der der Beurteilung von Chancen und Hoffnungen entspricht.  Die Kurve ist allerdings stark nicht-linear. 

o   Bei Betonung des Bedarfs, des Schutzes und der Rechte des Einzelnen, wie in einer christlichen Ordnung und in modernen Demokratien zu finden, wird auch der Behinderte, Alte oder Nutzlose geschützt und zu Lasten der Allgemeinheit gefördert.

 

Wegen des Zusammenwirkens von sachlichen und emotional-psychologischen Gründen scheint es keinen allgemein-gültigen, „wissenschaftlich“ begründbaren Vorzug für die eine oder andere Richtung zu geben.  Es verbleiben immer kulturell- und emotionalbedingte Betonungen der Fairness gegenüber dem reinen Nutzendenken – und die beobachtete nichtlineare „Nutzenkurve“ beim Urteilen der Menschen.

 

So ist also nicht notwendigerweise anzunehmen, daß es in hochentwickelten Weltraum-Zivilisationen nach einer genügenden Zeit ihrer Entwicklung kosmisch-einheitliche oder „göttliche“ Moralgesetze oder „göttliche“ Gesetze für die Ordnung der Gesellschaft gibt, sondern die aus dem Bedarf ihres individuellen Wesens und ihrer individuellen Zivilisation als für sie optimal erkannten. 

 

Wenn der Glaube an einen „weiterwirkenden“ und „persönlich anrufbaren“ Gott fehlt, entfallen auch alle Opfergesetze, die nicht sozialen Charakter haben, sowie alle Ritualgesetze, die nicht hygienisch begründet sind.  Bestenfalls bleiben traditionelle Gewohnheiten.

 

So wäre es von größtem Interesse herauszufinden, welche Richtung die Gesetze entfernter Weltrumzivilisationen verfolgen, zumal wenn sie weiter fortgeschritten wären, als wir hier auf Erden, und worauf sie die Rechtfertigung oder Autorität ihrer Gesetze stützen.

 

Gibt es eine Konvergenz mit religiösem Denken?

Der traditionell-religiöse Mensch sieht die Verankerung unserer moralischen Gesetze im Göttlichen dadurch, daß die Ideen für diese Gesetze „göttliche“ Eingebungen in den Geist erwählter Menschen waren, ob bei Moses, Christus, Mohammed oder dem Gründer der Mormonen.  Dabei bleibt es aber eine Frage des persönlichen Glaubens zu unterscheiden, welche Eingebungen „echt“ von Gott sind und welche nur von den Religionsstiftern erdacht [30].

 

Das allgemeine Prinzip der Evolution zeigt, daß es im Leben darum geht, sich in zunehmender Eigeninitiative und Selbstverantwortung zu behaupten, sich anzupassen, zu wachsen und sich zu entfalten.  Diese positiven und aufbauenden Aspekte entsprechen mehr dem Leben in der Welt, als die negativen Aspekte der Problemvermeidung und des sich Zurückziehens.  Das heißt, daß eine Theologie, die die Sünde auf Erden und das Glück im Jenseits als zentrales Thema hat, nicht dem eigentlichen Wesen der Schöpfung und ihrer Evolution in dieser Welt entspricht.  So müßte es auch bei einer religiösen Gesetzesordnungen nicht nur um Sündenvermeidung, Fehlerkorrekturen und Strafen, sondern besonders auch um Betonung der Entwicklungs- und Wirkungs-Möglichkeiten der jeweiligen Wesen gehen und damit nicht nur um Rechte, sondern auch um Verpflichtungen.

 

Die christliche Lehre hatte eine für ihre und auch noch unsere Zeit besondere Wirkung.  Im harten Überlebensringen früherer Zeiten, überleitend zu Urbanisierung und Bildung von Reichen, hatten die großen Herrscher und Kriegshelden, dann die reichen Händler und Besitzer und immer schon die höchsten Priester besondere Bedeutung in der menschlichen Gesellschaft gefunden.  Dem setzte Christus das Mitleid und die Seligpreisungen entgegen (die Menschen anleitend, sanftmütig zu sein, barmherzig, reines Herzens, und friedfertig).  Diese Gedanken haben zu der sozialen Gesetzgebung und internationalen Hilfe unserer Zeit beigetragen.  Werden andere Weltraumzivilisationen eine entsprechende Bereicherung ihres Gesetzesdenkens benötigen,  um auch in unserem Sinne kulturell höhere Gesellschaften zu werden?  Würde darin ihr „Erlöst-Werden“ von der „Sünde“ stattfinden?

 

Bei hochentwickelten Weltraumzivilisationen kann man, wie gezeigt, nicht erwarten, daß die grundsätzlichen Gesetze sich auf „göttliche Eingebung“ beziehen, sondern auf den aus der Evolution resultierenden Bedarf der Individuen und ihrer Zivilisation.  Im Erkennen dieses natürlichen Bedarfes liegt aber ein Sich-Einfügen in die eigengesetzliche Entwicklung der Schöpfung und damit ein transzendentales, wenn nicht fundamental-religiöses Element, nämlich die Anerkennung und Ausführung des Willens des Schöpfers, ausgedrückt in seiner Schöpfung.  So sieht man hier wieder die Dualität und das mögliche Zusammenlaufen von wissenschaftlichem (und möglicherweise atheistischem) und religiösem Denken, von sozial oder politisch und von religiös fundierten Gesetzen in einer modernen Gesellschaft.

 

 

Die Frage nach dem Sinn oder Plan der Existenz und des eigenen Lebens

 

Die Frage nach dem „Sinn“ der Existenz sollte man vielleicht aufgliedern in die Fragen nach dem begründenden „warum?“ und nach dem zielgerichteten „wozu?“ und damit etwa nach einem „Plan“ der Schöpfung.  Wesentlich ist aber, daß dazu noch die praktische Frage des „was tun?“ für unser Leben hinzukommt.  

 

Das „warum?“ und „wozu?“ ist letztlich verdeckt durch die Undurchdringlichkeit des Urknalls am Schöpfungsbeginn und der erwarteten Auflösung der Struktur des materiellen Universums in ferner Zukunft in entweder „Schwarzen Löchern“, einer Zerstrahlung im Weltraum oder einem allgemeinen Zusammenbruch.  So bleibt nur die eine Antwort, daß alle Existenz letztlich lediglich „zur Freude“ des Schöpfers da ist, wie ein zeitlich begrenztes und dann vergehendes Feuerwerk.  So wie die unbelebte Phase der Existenz nichts anderes war und ist wie ein Feuerwerk zur Freude des einen Beschauers, Gott, so mag die ebenfalls ja mit ihren jeweiligen Sternen vergängliche Phase des Lebens, immer unterschiedlich auf den verschiedenen Himmelskörpern verlaufend, nichts anderes als eine Kaleidoskopfreude für den Schöpfer sein, ohne jeden anderen Selbstzweck.

 

Die Fragen nach dem „was tun“ mit unserer Existenz bleibt aber noch offen für jedes selbstverantwortliche Lebensphänomen zwischen Urknall und endlichem Vergehen, für jedes individuelle Lebewesen eingegrenzt durch Geburt und Tod der eigene Lebensspanne und für die Kulturen durch die letztlich auch kurz begrenzte Zeit ihrer jeweiligen Blüte oder Bedeutung.  Wenn wir den Schöpfer nicht befragen können nach dem „was tun“, so bleiben nur zwei Alternativen als Antworten:

o   Alles Existierende als lediglich von den Anfangsbedingungen her gegeben oder als Ergebnis von Zufällen beim Spiel der Naturgesetze im Ablauf der Weltevolution zu sehen.  Daraus ergibt sich, aus der Beobachtung der Schöpfung und des eigenen Wesens die größtmögliche Erfüllung der eigenen Existenz innerhalb der Schöpfung abzuleiten und entsprechend zu handeln.

o   Gerade in dem unvorhersehbaren Erscheinen der Lebensphänomene und des Menschen ein Wunder der Schöpfung zu sehen und aus der Beobachtung dieser Dynamik der Existenz ein Verständnis des Schöpfers, vielleicht auch unsere eigene Rolle in der Schöpfung abzuleiten.  Die Probleme mit dieser Vorstellung wurden in einem vorhergehenden Abschnitt bereits dargestellt.  Daraus ergibt sich aber als eigene Vorstellung,  sich dieser Schöpfungsentwicklung einzufügen und an der Weiterführung dieser Entwicklung mitzuwirken. 

 

Damit sind die beiden Alternativen, die atheistische und die gläubige, nicht sehr unterschiedlich.

 

Die Interpretation des dynamischen Charakters der Schöpfung:

Hier noch einige Gedanken, das „wozu“ aus einer Interpretation der Schöpfung, etwa aus dem bisherigen Verlauf der Entwicklung des  Universums, ablesen zu wollen.

 

Wenn man den Weltraum betrachtet, ist es immer wieder erstaunlich, wie viel davon materielle Leere [31] ist und wie wenig konzentrierte Materie sich da nur in winzigen Punkten weit verstreut im Kosmos vorfindet.  Selbst von der  vorhandenen konzentrierten Materie eignet sich nur ein unendlich kleiner Teil, auf wenigen, winzigen Planeten einiger verstreuter Sterne, für die Entstehung von Leben und dessen Erhalt für nur eine begrenzte Zeit, vielleicht nicht einmal lang genug, um Zivilisationen entstehen zu lassen.

 

So kann man nicht sagen, daß das Leben oder der Mensch der Zweck und das Ziel oder der Plan der Ur-Schöpfung waren.  Sonst gäbe es viel mehr bewohnbare Plätze im Universum und wir müßten bald feststellen können, daß es von bewohnten Planeten in anderen Sonnensystemen wimmelt (was diesem Aufsatz mehr Dringlichkeit geben würde).  Der Mensch wäre dann auch ohne viele Unterbrechungen der Evolution durch Auslöschungen viel früher entstanden.  Das Leben und der Mensch scheinen aber in ihrer ungewöhnlichen Seltenheit und im übrigen Kosmos und hier auf Erden nur sehr fragilen Haltbarkeit eher wie eine Überraschung der Schöpfung, die sich zufällig aus den physikalischen und chemischen Gegebenheiten auf unserem kleinen Planeten und vielleicht auch irgendwo sonst im Weltraum und im Laufe der Zeit und nach der Art und im Maß der dort steigenden Komplexität des materiellen Aufbaus als möglich erwies und dann auch so entstand.  Es sind also die zufälligen Randbedingungen, nicht irgendwelche Ziele, die in einer immer feiner werdenden Verästelung von Gegebenheiten die Evolution ermöglichen.

 

So erstaunlich, wie die Geringfügigkeit und weite Verstreutheit der materiellen Konzentration in Form von Sternen und Planeten in der Weite des Weltraums, ebenso erstaunlich ist, wie der ganze Weltraum überall von Strahlung erfüllt ist.  Alles strahlt aus allen Richtungen oder reflektiert Strahlung. 

 

Durch die Strahlungen und chemische Vorgänge bilden sich mancherlei organische, pre-biotische Bausteine.  Das ergibt sich daher, weil der materielle Aufbau der Schöpfung im Laufe der Zeit nach dem kombinatorischen Prinzip verläuft (siehe eine vorausgehende Fußnote), wonach kleinere Substanzteile sich zusammenfügen, um völlig neuartige, größere Teile zu bilden mit ihren dann jeweils eigenen Eigenschaften in neuen Dimensionen der Existenz.  Dieses Grundprinzip der Natur erstreckt sich von der materiellen zu der biologischen und schließlich mentalen Evolution der Menschen und ihrer Zivilisationen.  Danach entstehen aus sub-atomaren Materieteilchen die atomaren Kernteilchen Protonen, Neutronen und Elektronen.  Durch Kombinationen dieser Kernteile entstehen innerhalb der Sterne alle möglichen Atome, die die uns bekannten Substanzen ergeben die chemischen Elemente.  Durch Kombination der verschiedenen Atome entstehen Moleküle, die die verschiedensten Materialien ergeben, einschließlich der biologisch-organischen, auch das DNA der Gene und die Proteine.  Die biochemischen Moleküle können schließlich auf dem Wege über Zellen die kompliziertesten Organismen bilden –selbst uns Menschen, die des Denkens fähig sind. Aus Gedanken bilden sich Systeme des Wissens, der Philosophie und auch der Religion.

 

Nach der Entstehung des ersten, primitiven Lebens auf Erden vergingen weitere mehr als ca.   2.5 Milliarden Jahre (also immerhin fast 20 % der Weltraumexistenz und über 50% des Erdalters), ehe sich komplexere Lebensformen bildeten.  Wenn man dann die biologische Evolution durch die folgenden ca. 600 Millionen Jahre Darwinscher Evolution ansieht, ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Entwicklungswege sich bildeten und wie viele wieder ausgelöscht wurden.  Die Auslöschung der Dinosaurier ist wohl die bekannteste, aber zahlreiche Auslöschungen gleichen oder prozentual größeren Ausmaßes fanden laufend vorher schon statt.  Von den überlebenden, zahlreichen Arten des Lebens erreichten die meisten keinerlei eigenes Bewußtsein oder Denken. 

 

Nun sieht es so aus, als ob mit dem modernen Menschen die biologische Evolution zum Stillstand gekommen sei – durch Wissenschaft, Technik, Züchtung von einigen Pflanzen- und Tierarten, sowie Unterdrückung von anderen, durch politische Denken, das zu ausgleichenden Menschenrechten führte, und durch die stark verminderte Fortpflanzungsrate der menschlichen Elite.  Aber der Mensch, der ja selbst ein Ausdruck der Schöpfung ist, setzt nun die Evolution mit der Genmanipulation fort, also als Schöpfungsausdruck nur mit anderen Mitteln.  Zudem genügt ja nur eine weitere von den vielen biologischen Auslöschungskatastrophen der Erdgeschichte, um den Menschen wegzuräumen und die natürliche Evolution, dann vielleicht auf Grundlage einer ganz anderen Gattung, fortzusetzen (und den Mensch nur als vorübergehende Seitenentwicklung aufzuweisen, wie einst die Dinosaurier).

 

Das „anthropische Prinzip“ postuliert, daß die Evolution letztlich so ausgerichtet war, daß das menschliche Leben hier auf Erden ermöglicht wurde.  Das könnte von jedem früheren Wesen auf Erden auch behauptet worden sein, bis es durch eine der großen Auslöschungen wieder weggewischt wurde.  Und was wird gesagt, wenn einmal der Mensch durch eine zukünftige Auslöschung wieder verschwinden muss?  Es ist nicht einzusehen, warum diese „anthropischen“ Überlegungen nicht von anderen hochentwickelten Zivilisationen im Weltraum ebenso als auf sich bezogen gesehen werden könnten.  Das in die Zukunft geöffnete „kombinatorische Prinzip“ der Evolution scheint eine bessere Beschreibung dessen zu sein, was im Universum geschieht, als das auf ein Ziel ausgerichtete  „anthropische Prinzip“.

 

So kann man nicht sagen, daß der Mensch oder andere hochentwickelte Wesen im Weltraum mit ihrem Bewußtsein, ihrer Denkfähigkeit und vielleicht ja nicht nur bei uns auf Erden leitenden, empfindungsmäßigen Werten der Zweck und das angestrebte Ziel oder der Plan einer biologischen Schöpfung sind.  Sonst wäre diese Entwicklung früher, vielleicht auch in anderen Entwicklungszweigen entstanden und nicht von Auslöschungen ständig bedroht.  Die hochentwickelten Wesen scheinen eher wie eine „Überraschung“ der sich biologisch entfaltenden Schöpfung, die sich aus der statistisch verteilten, kombinatorischen Weiterentwicklung des Fortpflanzungsmaterials und der damit fortschreitenden physiologischen Komplexität der Lebewesen als möglich erwies und dann irgendwann zumindest einmal und zumindest vorübergehend in geeigneter Umgebung auch so in der Realität entstand.

 

Für den Menschen ergibt sich aber in der Schöpfung, daß er in gewissem Maße nicht nur Anfangs- und Randbedingungen setzen oder verändern, sondern auch selbst handeln kann.

 

 So ergibt sich als möglicher „Sinn“ der Existenz für den Menschen, nicht nur „zur Freude des Schöpfers“ zu existieren.  Er kann dank seines Bewußtseins wie bei dem kaleidoskopischen Feuerwerk zuschauen. 

 

Besonders kann er aber auch selbst am dynamischen Gang dieser Evolution zu höherer Komplexität, höheren Fähigkeiten, höheren Werten und der Schaffung von Schönheit aktiv und mit Freude  teilnehmen – zumindest während der kurzen Zeit der Existenz, die ihm zugemessen ist. 

 

So werden der Mensch und alle anderen bewußten und selbstverantwortlich handelnden Lebewesen im Weltraum Mitbeobachter und Mithandelnde – vielleicht die einzigen – an diesem kosmischen Drama, ihre eigenen Leitwerte einbringend.  Damit geben sie ihrer Existenz ihren eigenen Sinn.

 

Während man so keinen Sinn oder Zweck in der Schöpfung als Ganzes sehen mag außer der Freude Gottes, so muss man aber bestimmt einen Sinn oder Zweck in der Erfüllung unseres eigenen Lebens sehen – zumal wenn man die Kürze der Zeit betrachtet, die unseren individuellen Leben zugemessen ist.

 

Das führt zurück zu der jedem intelligenten und bewußten Leben dann einen spezifischen Sinn gebenden Frage „was tun?“.  

 

In jeder Evolution gilt im einfachsten Sinne das „Überleben, Gedeihen, Sich-Vermehren“.  Darüber hinaus gilt aber für uns Menschen mit unserer vielfältigen Begabung und komplexen Wesensart die Matrix:

 

 

Auf das „Ego“ des

Individuums bezogen

 

Auf Andere, die

Gemeinschaft und

Umwelt  bezogen

Auf das ästhetische,

kulturelle Empfinden

bezogen

 

Die Ebene der

menschlich-geistigen   Elite und derjenigen,

die der Not

enthobenen sind

 

Wachsen:

Persönliche Entfaltung, wachsen, erforschen,

vielfältiges suchen nach Wissen und tieferer

Erkenntnis, lernen und

Sich betätigen

Dienen:

Unterstützendes und

karitatives Helfen für

andere Individuen und

beitragendes Dienen an

der Gemeinschaft und

Umwelt

Kultur:

Teilnahme an der

Kultur und Kunst,

Freude an dem

Schönen der Welt

(auch Humor).

Die Ebene des

Durchschnitts-Lebens

Erreichen von

Sicherheit, Besitz,

Einfluß und Ruhe

Anerkannt werden,

herrschen, den eigenen

Clan fördern, zufrieden sein

Unterhaltung, Dekoration, Mode,

Ritual, Genuß

 

Die Ebene des

einfachen Lebens

Überleben, biologische

Bedürfniserfüllung,

Vermehrung, Ruhe

Fürsorge

für die Nächsten,

Kontakt mit anderen

Menschen

Freude an Klang,

Muster und Farbe

 

Die drei Spalten unterscheiden sich in Betonung auf Vernunft, emotionale Werte und Lebensfreude.

 

Damit sind unsere höchsten Ziele:

o   das persönliche, geistig-emotionale Wachsen und Sich-Entfalten,

o   das beitragende Dienen am Mitmenschen, der Gemeinschaft und Umwelt,

o   die empfindungsmäßige Bereicherung des Lebens in Kultur, Kunst, Freude (und Humor).

 

Diese hohen Ziele sind abgestützt auf die genügende Erfüllung der unteren, vor allem der untersten Ebenen des Seins.  Es ist auch eine Tatsache, daß auf oberer Ebene die persönliche Entfaltung und das Tun guter Werke erleichtert oder erhöht wird, wenn man auf der mittleren Ebene mehr Geld und Macht erworben hat.  Das Land Amerika, die Rockefellers und jetzt Bill Gates haben mehr Gutes getan dank Ihres Reichtums, als sie hätten tun können, wenn sie unbedeutend geblieben wären.  Ich selber bedaure manchmal und kritisiere vielleicht mich selbst, nicht mehr Geld verdient und eine größere Position erreicht zu haben (etwa in der Politik, selbst auf lokaler Ebene), um dann mehr Menschen geholfen haben zu können.

 

Umgekehrt ist besonders zu bemerken, daß die höheren Ziele dadurch leichter verfolgt werden können, wenn man auf den unteren Ebenen die Erwartungen und den eigenen Bedarf reduziert, sich von deren „Versuchungen“ frei hält.  Dieses Reduzieren der Erwartungen in den unteren Ebenen zur besseren Konzentration auf die höchste Ebene wurde schon von Christus gelehrt.  Der nach Reichtum Trachtende wird kaum mit den selig Gepriesenen ins Paradies eingehen.  Auch Walther von der Vogelweide (1170 – 1230 A.D.) sang davon in seinem wunderbaren Lied vor nun schon 800 Jahren.  Noch heute gilt das für jeden von uns.

 

Dabei bekommt die persönliche Entfaltung erst durch den beitragenden Dienst an Andere, an die Gemeinschaft und an die Umwelt ihre moralische Rechtfertigung.  Andererseits bekommt aber dieser Dienst seine höhere Qualifikation und Wirksamkeit dank einer persönlichen Entfaltung.  Die Freude an allem Schönen in der Welt ist dabei ein Geschenk der Schöpfung an den Menschen.

 

Wenn auch die oberste Ebene der Matrix die in einer Evolution führende und die mittlere Eben die eine Evolution antreibende ist, so ist doch zu bemerken, daß die unterste Ebene der Matrix die auf Erden realste ist.  Noch immer ringen sehr viele Menschen auf Erden – wenn nicht sogar die Mehrheit derselben – nur um das Überleben und die Erfüllung der geringsten Bedürfnisse.  Nach Darwinschen Überlegungen muß das auch so bleiben, da auch der Mensch, wie jede andere Lebensgattung, sich derart vermehrt, daß jede Existenznische bis zur Grenze der Überlebensmöglichkeit (und darüber hinaus) ausgefüllt wird, ob in der Wildnis, in den Slums der Großstädte oder den einzelnen Berufssparten.  Jede Änderung der Umwelt oder der wirtschaftlichen Gegebenheiten verletzt dann zuerst die vielen marginalen Individuen ohne Reserven und Flexibilität.

 

Aber auch der Mensch auf der niedrigsten Stufe kennt sehr wohl die Nächstenliebe im engen Familienkreis, die Freundschaft und die Freude am Schönen und nimmt daraus seinen Lebenssinn.  Es ist interessant (und vielleicht bedauerlich), daß dann beim Aufsteigen zunächst die Ebene des Besitz- und Machtanhäufens und der simplen Unterhaltung folgt.

 

Die Ungleichmäßigkeit des Schicksals führt dazu, daß vielen Menschen ihre Existenz als wertlos und sinnlos erscheint.  Reduzierung der Lebenserwartungen oder Änderung der Erwartungen können ihrem Leben neuen Sinn ermöglichen.  Oft kommen wohl auch noch Wendungen zum Besseren, aber oft bleibt nur der helfende Eingriff anderer Menschen, um neuen Lebenssinn zu finden.

 

Hier noch ein Kommentar zum Maß des Engagements in Verfolgung hoher Ideale:

Die Möglichkeit eines „zu viel“ ist beim „Dienen“ in karitativer und sozialer Hilfe bekannt.  Dieses „zu viel“ kann zu einer Schwächung des Hilfe-Empfangenden durch Gewöhnung führen (Krückeneffekt) oder es kann dessen Entwicklung von eigener Kraft zur Selbsthilfe schwächen.  Ein „zu viel“ des Dienens kann aber auch den Hilfegebenden verschleißen. 

 

Ein solches „zu viel“ kann es bei den in der Matrix genannten hohen Idealen auch bei der Verfolgung des eigenen „Wachsens“ geben.  Das Hinausreichen zu immer neuen, fernen Wissens- und Erfahrungsgebieten kann den Menschen zu weit von seiner menschlichen Wurzel in dieser Welt entfernen, so daß letztlich nicht nur seine Menschlichkeit, sondern auch ein gewisses geistiges Gleichgewicht leidet.  Das kann geschehen, wenn man zu tief in die Wissenschaften einsteigt oder in die Philosophie oder auch die Theologie.  Aber ein stagnieren in der jugendlichen Entwicklung, ein später sich zufrieden Geben mit stets den gleichen Stammtischunterhaltungen oder endlosen Runden von Golf und ein Ruhestand vor dem Fernsehempfänger ist bestimmt nicht die Erfüllung des menschlichen Lebens.

 

Wahrscheinlich kann man auch ein „zu viel“ über die Hingabe an „kulturelle“ Freuden sagen.

 

In unserer westlichen Zivilisation wird auch immer die Möglichkeit eines „zu viel“ der ethischen und technologischen Weiterentwicklung diskutiert – ein Verlorengehen der Familienwerte, das Verlorengehen der mütterlichen Fürsorge in der Familie durch die Bindung der Frauen an interessante Berufe und die Bedrohung alles „menschlichen“ Lebens durch zu viel Technologie.  Sollten wir nicht innehalten und uns dessen erfreuen, was wir haben?  Diese Frage wurde schon von vielen vor uns erörtert, die sich mitten im „Fortschritt“ ihrer Zeit fanden.  Dennoch werden wenige von uns wieder in den unteren Klassen vergangener Zeiten leben wollen.  Zu viel Elend auf Erden (und unseren Innenstädten) verlangt weiter nach Fortschritt.  So geht es auch hier wieder um das richtige Maß und die richtige Richtung des Fortschritts – und um das der Konkurrenz-Voraus-Sein in dem nie endenden Lauf der Evolution.  Die Erfolge und die Versager im individuellen Leben und der Verlauf alter Familien oder historischer Zivilisationen und das Schicksal ihrer Menschen lehren uns etwas.

 

Was soll man im Weltraum erwarten? 

Das Erreichen einer hohen Zivilisation verlangt auf Nutzen ausgerichteten Fortschritt und die Koordination der Individuen einer Gemeinschaft.  So können zumindest die untersten zwei Ebenen der ersten zwei Spalten der Matrix auch bei anderen Weltrumzivilisationen erwartet werden.  Dieses wird desto mehr der Fall Sein, wie durch Evolution die Eigeninitiative und die Selbstverantwortlichkeit vorhanden ist oder zunimmt. 

 

Die oberste Ebene und die dritte Spalte setzt aber wieder das Vorhandensein und die Betonung von Empfindungen voraus, die wohl unserem menschlichen Leben Werte geben, aber nicht bei allen kosmischen Zivilisationen überall im Weltraum erwartet werden können.  Manchen mag auch die Entwicklung einer christlich-sozialen Ethik fehlen.  Verschiedene Kulturen im Lauf der Geschichte und an verschiedenen Plätzen zeigen diesen Mangel trotz ihres Erfolges auch schon hier auf Erden.

 

Können die Anhänger östlicher Religionen erklären, warum das umgehende Verlassen der Existenz und Eingehen in ein Nirwana das höchste Ziel aller intelligenten Wesen überall im Weltraum sein sollte und wenn nicht, warum dann hier auf Erden?

 

 

Die Frage der universalen Gültigkeit spezieller Glaubensinhalte

 

Unsere religiösen Leitgedanken:  Glauben an Gott und Nächstenliebe:

 

Nach obiger Darstellung kann bei anderen Zivilisationen im Weltraum die grundsätzliche Sicht der Existenz in Begründung auf eine transzendentale Kraft auch erwartet werden.  Diese Annahme einer transzendentalen schöpferischen Kraft kann sogar ein absolut rationaler Schluss selbst unter Wissenschaftlern [32] hier auf Erden sein (je nach Bedeutung des Begriffes „transzendental“).   Dieselbe Annahme kann aber von religiösen Menschen auf Erden als „Glaube an Gott“ bezeichnet werden (bei denen die Bedeutung von „transzendental“ oft immer noch recht vermenschlicht ist). 

 

Die Unterschiede treten hervor, wenn man die speziellen Vorstellungen von dieser ur-schöpferischen Kraft „X“, von Gott, betrachtet.  Im traditionell-christlichen Glauben ist diese Vorstellung vermenschlicht und in emotionaler Sicht einem liebenden, weiterwirkenden, persönlich ansprechbaren Vater gleichgesetzt.  Beobachtung zeigt aber die Darwin’schen Kräfte in der biologischen Evolution als ohne jegliches Mitleid, Gerechtigkeit oder Fairness wirkend.  Sie wirken auch noch stark in die menschliche Existenzphase hinein, wie all die Kriege der Geschichte und die täglichen Beobachtungen des Schicksals zeigen.  So erscheint die Vorstellung Gottes als eines stets „liebenden Vaters“ als nicht haltbar.  Die Annahme eines Weiterwirkens Gottes kann, wie weiter oben im Einzelnen dargestellt, auch nicht vertreten werden.  Schließlich muß man auch die gewaltsamen Zerstörungen in der Natur, die willkürlichen Auslöschungen und die schließlich zu erwartende, totale Auflösung aller Strukturen im Kosmos berücksichtigen.

 

Dazu kommt, daß von der Beobachtung des großartigen Weltraums mit seinen vielfältigen Phänomenen ausgehend die Vorstellung Gottes viel gewaltiger und abstrakt-unfassbarer sein muß, vielleicht auch viel-dimensionaler, als uns Menschen verständlich (siehe oben) und  als in menschlichen Bildern darstellbar.  So kann man also von einer sehr hochentwickelten Weltraumzivilisation auch nur eine derart sehr abstrakt-unfaßbare Vorstellung der Urkraft oder Glaube an „Gotte“ erwarten. 

 

Der „Glaube an Gott“ ist so nur Schöpfungs-erklärend.  Der glaube an einen „nur“ schöpfenden Gott hat aber keine Aussage, die als Leitgedanke des Verhaltens gelten kann, außer wenn man von der Beobachtung der Schöpfung ausgeht und davon eine sinngebende und anleitende Rolle für die eigene Zivilisation und das eigene Leben ableitet, wie oben dargestellt. 

 

Und wie wird es dann mit der Nächstenliebe bei anderen Zivilisationen im Weltraum stehen?  Das Entstehen von Zivilisationen und deren technische Leistungen setzt die Kooperation der Individuen mit anderen Individuen und die Kohärenz der Gemeinschaft voraus.  So sollte man auch dort die bei uns menschlich-emotional als „Nächstenliebe“ bezeichnete Zuwendung zu einander erwarten können.  Nur mag bei den nicht mit Emotionen begabten Weltraumzivilisationen die menschlich-emotionale Komponente der „Liebe“ fehlen und lediglich eine evolutionär ausgewählte, genetisch vorgegebene Einsatzbereitschaft für die Gemeinschaft vorliegen, wie bei Bienen und Ameisen.

 

Dabei muß wieder darauf hingewiesen werden, daß die Nächstenliebe sehr wohl ihre Grenzen finden kann, wenn man den Nutzen für die Gemeinschaft betont, wie schon vorher im Zusammenhang mit den Problemen eines übertriebenen Sozialismus diskutiert.  

 

Wie steht es aber, wenn in einer Zivilisation auf einem Planeten im Weltraum wohl die „Nächstenliebe“ als einziger oder wichtigster Leitgedanke gilt, aber daraus nur eine Konzentration auf den Nutzen und das Wohlempfinden der dort gerade vorherrschenden Gattung entsteht, das heißt bei uns auf Erden nur für die Menschen?  Evolution verlangt, daß Vermehrung soviel Individuen hervorbringt, daß deren Bedarf die zur Verfügung stehenden Ressourcen überschreitet.  Dadurch wird immer „marginale“ Not bestehen.  Diese Not bringt die beherrschende Gattung zur Veranlassung, jede andere Gattung entweder als Nahrungsmittel, als Baumaterial oder als Verzierung auszubeuten.  Ist eine derartige „Nächstenliebe“ nur für die Wesen der eigenen Art wirklich alles, was als Leitgedanke für alle führenden Gattungen in der Gesamtschöpfung des Weltraums übrig bleibt?

 

Bei noch engerer Gestaltung dieses Gedankens wäre das ein Gebot der Nächstenliebe nur für Menschen der eigenen ethnischen Gruppe oder Rasse – mit entsprechend bösen Konsequenzen, wie laufend zu beobachten.  

 

Was kann über die Nächstenliebe hinaus gelten?  Wie wäre es mit Leitgedanken, die der Außergewöhnlichkeit und den besonderen Möglichkeiten der Hochzivilisationen im evolutionären Ablauf der Schöpfung entsprechen?  Hierzu könnte gehören:

 

o   Entfaltung der Zivilisationen und ihrer Leitwerte nach ihren besten und besonderen Fähigkeiten

o   Entfaltung aller Individuen in jenen Zivilisationen nach ihren individuell besten und besonderen Fähigkeiten und Leitwerten

o   Schutz und Hilfe für Lebewesen, die nicht zur eigenen Gattung gehören (etwa auch der grausamen Raubtiere, Mücken und Parasiten??  Wer entscheidet in Grauzonen der Bewertung?)

o   Gestaltung (oder Erhaltung) des zugänglichen Lebensraumes

 

Daraus ergeben sich grundsätzliche Rechte, aber vor allem auch Verpflichtungen für Individuen und die Gemeinschaft.

 

Hier läge ein sich nicht nur Einfügen in die Existenz, sondern Mitwirken an den großartigen Möglichkeiten der sich weiter entfaltenden Schöpfung und damit auch Sinn finden für die eigene Existenz. 

 

Vielleicht sind ja die bewußten, denkenden und empfindenden Individuen der hochentwickelten Weltraumzivilisationen die einzigen nach eigenen Vorstellungen und eigenen Bewertungen „weiterwirkenden“ Kräfte in der Schöpfung! 

 

Welche Möglichkeit und welche Verantwortung läge darin?!!  Wie würde das ausdrücken, daß das hochentwickelte und mit besonderen Möglichkeiten ausgestattete Wesen Verantwortung für seine Sonderstellung in der Schöpfung übernimmt?!!

 

Man kann hoffen, daß derartige Leitgedanken bei anderen Weltraumzivilisationen zu finden sind  -  und vielleicht mehr?

 

 

Unsere Vorstellung von der Sündigkeit des Menschen, der Erbsünde:

 

Der Begriff „Sünde“ im christlichen Denken schließt Vergehen in allen Ausdrücken des Menschseins in „Gedanken, Worten und Werken“ und auch alle Unterlassungen ein.  Dabei bezieht sich „Sünde“ auf das, was man Anderen antut oder an deren Unterstützung unterläßt. 

 

Dem Begriff der „Sünde“ steht der Begriff der „Schuld“ sehr nahe.  In Anbetracht der Vielschichtigkeit unseres Lebens und der mehrdimensionalen Widersprüche der Anforderungen (siehe weiter oben aufgeführte Matrix) gibt es kein über alle Lebensjahre hin christlich-moralisch perfektes, schuldfreies Individuum, zumal Kompromisse zwischen Nächstenliebe und dem Wunsch zu eigener Entfaltung oder Teilnahme an Kulturellem im christlichen Denken nicht gefunden werden können. 

 

Gerade der Widerspruch zwischen Nächstenliebe und eigener Lebensentfaltung oder der notwendigen Fürsorge für die eigene Familie oder Gruppe verhindert das karitative Herunterteilen aller Mittel auf das Niveau der geringsten Mitmenschen herab.  Eine Lösung dieses Problems ist auch in der christlichen Theologie nicht erreicht worden, obwohl doch die natürliche Evolution und die Entwicklung der menschlichen Zivilisation offensichtlich die persönliche Lebensentfaltung verlangen.  Selbst die katholische Kirche gestattet den Kirchenfürsten in Mitten allen Leidens der Welt einen sehr gehobenen Lebensstil (gipfelnd im Vatikan).  Die Kommunisten gestatteten dasselbe ihren leitenden Kadern.  Die Voraussetzung für den Wohlstand und die Freiheit unserer modernen Gesellschaft liegt im Anreiz für den Vorteil des wirkenden Individuums und bringt damit die Ungleichheiten.  Ist das dann Sünde?  Weil sich dieses Problem aus der wohl durch die Evolution schöpfungsgewollten Natur des Menschen ergibt, ist das dann Erbsünde?

 

Wie in einem vorherigen Abschnitt dargestellt, werden andere Weltraumzivilisationen ihre individuellen Unzulänglichkeiten auch als in ihrer „hardware“ und „software“ begründet sehen, wie bei uns auf Erden in den neurophysiologischen, biochemischen oder psychologischen Variationen.  Die „Freiheit des Willens“, einen dennoch nach Werten orientierten Weg zu gehen, werden daher auch sie als eingeschränkt sehen.  Aber werden sie das als „Sünde“ sehen?  Und wie wird es bei ihnen mit dem Finden von Kompromissen zwischen widersprüchlichen Anforderungen vor sich gehen?

 

Naturwissenschaftlich nicht begründet ist die Fixierung der Menschheit auf Erden je nach ihrer speziellen Philosophie oder Religion auf jeweils ein einziges Problem des Lebens bei den Christen auf die moralische Mangelhaftigkeit des Menschen, seine Sünde – bei den Buddhisten auf das Leid im Leben, deswegen man lieber auf alles verzichtet.  Das moderne, westliche Denken stellt dagegen die vielseitigen Chancen des Menschen in den Vordergrund und die „unbegrenzten“ Möglichkeiten jedes Individuums, sich in vielen Dimensionen zu entfalten.  Auf jeden Fall wird in unserer modernen Welt auf Erden nicht mehr Sünde, Schuld oder Leid selbst nicht Mitleid als das Zentrale Thema der persönlichen Lebensführung gesehen. 

 

Somit kann man bei anderen Weltraumzivilisationen den Begriff der Erbsünde oder der grundsätzlichen Schuldigkeit jedes Individuums überhaupt nicht oder zum Mindesten nicht in derartiger Formulierung als zentrales Thema der Existenz erwarten.

 

 

Die Hauptaufgabe des Lebens  und damit „Sinn“ des Lebens für den Menschen ist die Bewährung zwischen „Gut“ und „Böse“ im Sinne der christlichen Ethik.

 

Auch diese Sicht kann man, nach dem im vorherigen Abschnitt Gesagten, bei anderen Weltraumzivilisationen in dieser Exklusivität der Betonung nicht erwarten, genau so wenig, wie die Buddhistische Fixierung auf das Entkommen vom Leid.  Natürlich geht es (siehe Matrix der Zielsetzungen weiter oben) für jedes Lebewesen um das Überleben, die grundsätzlichen Bedürfnisse, die Vermehrung, die Fürsorge für die Nächsten und den Kontakt mit Anderen.  Darüber hinaus verlangt aber die dynamische Sicht der Existenz in der Verflochtenheit aller Phänomene eine Betonung der Entwicklung und der aktiven, verantwortlichen Wirkung in der gesamten Umwelt, wie ebenfalls weiter oben dargestellt.  Daß es dabei auch das Kriterium von „akzeptabel“ oder „nicht akzeptabel“, von „richtig“ und „falsch“ und in diesem Sinne auch „gut“ oder „schlecht“ gibt, muß überall angenommen werden.

 

In einer Konvergenz mit dem christlichen Glauben kann man hier auf die Parabel von dem Wuchern mit dem gegebenen Pfund hinweisen (Math. 25, 14-30).  Man muss aber auch sehen, daß die Bibel eine Dynamik der Existenz nicht kannte.

 

 

Jüngstes Gericht und Ewiges Leben:

 

In der christlichen Theologie (und auch im Islam) ist – neben dem Glauben an Gott – der Kernbaustein eines kohärenten Glaubensgebäudes der Glaube an ein Jüngstes Gericht und ein darauf folgendes, ausgleichendes Jenseits.  Das verlangt die bewußte Weiterexistenz der Seele oder einer anderen Grundsubstanz der Geistigkeit und Empfindsamkeit des individuellen Seins.

 

Was ist nun aber das Bewusstsein oder die Seele des Menschen, die weiterexistieren könnte?  „Seele“ ist ein schwer zu handhabender Begriff in der Wissenschaft.  Frühere Psychologen fanden sich noch leicht damit ab, aber Neuro-Physiologie und Kognitive Psychologie sehen Schwierigkeiten mit diesem Begriff.  Im christlichen Glauben ist die Seele eine Essenz unserer Persönlichen Existenz, mit allem, was unsere Persönlichkeit ausmacht, vielleicht auch mit unseren geistigen Fähigkeiten, wie ein spiritueller Humunculus. 

 

Physiologisch gesehen sieht das etwas anders aus.  Wie in einer anderen Schrift dargestellt (siehe den Aufsatz „Creative Thought“, H. Schwab, 1994), ist das „Bewußtsein“ des Menschen ein virtuelles Phänomen, das sich lediglich aus der Erinnerung von vorangehenden Wahrnehmungen und eigenen Gedanken sowie deren vielfältiger Aufrufbarkeit (Adressierbarkeit) ergibt. [33]  Mit anderen Worten, je besser und weiter zurück reichender dieses Erinnerungsvermögen und je komplizierter die Verknüpfungen und die Aufrufbarkeit vergangener Gedanken und Empfindungen ist, desto ausgeprägter ist das empfundene individuelle Bewußtsein – das aber in geringerem Maße schon bei mancherlei Tieren vorhanden ist.    

 

Somit verlangt die Erhaltung des Bewußtseins einer etwa weiterexistierenden Seele die Erhaltung von deren Gedächtnis.  Die Erhaltung von derartigen Fähigkeiten wie Gedächtnis oder Bewußtsein ohne tragende Neuronenstruktur oder Energiezufuhr ist aber aus der Beobachtung der Natur nicht ableitbar.  Man braucht nur zu beobachten, wie die Einengung des Blutkreislaufes oder neurologische Veränderungen zu partiellem Verlieren von Persönlichkeit und eigenem Bewußtsein führen.

 

Die etwa im Jenseits weiterexistierende Seele des Menschen muß, um eine ausgleichende Gerechtigkeit wahrnehmen zu können, mit den Empfindungen von Schuld oder Erlösung, mit daraus sich ergebendem Leid oder Freude, letztlich damit auch mit dem Charakter oder der Persönlichkeit des verstorbenen Individuums verbunden sein.  Wie weiter oben angedeutet und in einer anderen Schrift gezeigt (siehe „Personality“, H. Schwab, 2002), beruhen Empfindungen und „Persönlichkeit“ auf der Neurophysiologie des mittleren Hirnes und der Körperchemie.  Änderungen in diesen Bereichen bringen entsprechende Persönlichkeitsänderungen. 

 

Empfindungen und „Persönlichkeit“ unabhängig von Neurophysiologie und Körperchemie sind aus der Beobachtung der Natur nicht Ableitbar.  Unfälle, Erkrankungen, Hirnchirurgie oder der Einfluß von Drogen bestätigen dieses ebenso, wie die Verbindung von neurologischen oder biochemischen Phänomenen mit mentaler Alterung.

 

So kann der Begriff „Seele“, der sich als virtuelle Vorstellung aus Empfinden, Denken und Erinnern, also aus Funktionen des Hirns ergibt, nicht unabhängig von eben diesem Hirn gesehen werden, sondern nur als Ausdruck von dessen Vorhandensein und Funktionieren.

 

(Auf praktischer Ebene:  Man kann nicht die Essenz eines Computers erhalten, unabhängig von der Erhaltung von dessen spezieller Hardware, Speicherinhalt oder Stromversorgung)

 

Dazu kommen folgende Überlegungen für diejenigen, die an die Existenz von „Seelen“ glauben: 

Warum sollte die Schöpfung eine Sammlung sämtlicher „Seelen“ aller intelligenten Wesen für alle Zeiten wünschen, entweder im Himmel oder in der Hölle?  Müsste das nicht die Seelen von allen intelligenten Wesen von allen Zivilisationen im Universum einschließen?  Das könnt ja nicht nur von unserer unbedeutenden Erde in der Milchstraße sein.  Würde es auf Erden alle Seelen von allen, die jemals lebten und noch leben werden, einschließen?  Anfangend mit den ersten Hominiden, aber nicht ihre Vorgänger oder Vettern im Stammbaum des Lebens?  Die Menschen sind aus einer kontinuierlichen Entwicklung der Lebewesen hervorgegangen.  Ab wann die Seelen dieser Lebewesen erhaltungswürdig wurden, ist nicht zu sehen.  [34]

 

Auf Erden müssen zumindest alle menschlichen Seelen eingeschlossen sein, von den Ureinwohnern Australiens und chinesischen Fischern oder Höflingen zu den Inkas, Polynesiern und Eskimos – und nicht nur westliche Menschen der letzten 4,000 Jahre.  Warum sollte Gott alle diese Seelen auf Ewigkeit sammeln und einlagern wollen?  Die Wesen ferner Weltraumzivilisationen werden ebenfalls aus vielfachen Stadien ihrer unterschiedlichen Entwicklungen hervorgegangen sein, ob mit oder ohne der Fähigkeit der Empfindungen und ob dann mit oder ohne „Sünde“ oder „Schuld“.  Es mag auch bei ihnen Multikulturalismus geben.  Dann müssten aber auch von diesen alle Seelen erhalten werden.

 

Die Archivierung einer ständig zunehmenden, sehr großen Anzahl der Seelen jeglicher Entwicklungshöhe und von allen Weltraumzivilisationen in statischer Art auf unbestimmte Zeit das heißt also unabhängig von der Weiterexistenz ihrer Ursprungssterne oder Planeten, die ja, wie alle Himmelskörper, früher oder später vergehen entspricht in keiner Wese dem Verständnis der Schöpfung, das man aus der Beobachtung seiner Dynamik, aus dem Kommen immer neuer Strukturen, aber auch aus dem letztlich völligen Vergehen aller Strukturen ableitet.

 

Die Limitierung der Zahl der im Universum vorhandenen Seelen durch deren Wiederverwendung, wie von einigen Religionen angenommen, verlangt bei der Zunahme aller Bevölkerungen die ständige Schaffung neuer Seelen.  Das Wunder der Neuschaffung von Seelen sollte aber als größer gesehen werden, als das des Vergehens derselben.

 

Somit kann ein Glaube an die Weiterexistenz der Seelen in alle Ewigkeit im Jenseits bei anderen, sehr hochentwickelten Weltraumzivilisationen nicht erwartet werden.  Wenn man irgendein „am Leben Erhalten“ und die Archivierung der Seelen aller höheren Lebewesen im Weltraum nicht sieht, dann kann man auch ein „Jüngstes Gericht“ nicht erwarten.

 

In Konvergenz mit dem christlichen Glauben gibt es noch eine interessante Überlegung:  Was ist „Zeit“?  Ist „Zeit“ als Dimension der Existenz erst durch die Urschöpfung entstanden?  Kann die „Zeit“ durch den Tod wieder aufgehoben werden, das heißt der Tod ein Übergang in eine Zeitlosigkeit sein?  Jeder, der einmal die Schwelle des Sterbens überschritten hatte und die folgenden Lichtwahrnehmungen sah, hat erfahren, daß dort eine unendliche Ruhe war, die die Zeit nicht kannte.  Man kann sich dieses Erlöstwerden von der Zeit, sollte man einmal sterben müssen, nur wünschen.

 

Führt ein „gut“ gelebtes Leben zur friedlichen Erlösung in die Ruhe und ein „schlecht“ gelebtes nicht?  Kann man in großer Mitsorge für Andere und mit unerfüllten Aufgaben dennoch friedlich aus dem Leben ausscheiden?  Systematische Untersuchungen sind dazu nicht bekannt und würden wieder zu einer „quantitativen Theologie“ gehören.  Was wird man bei anderen Zivilisationen im Weltraum finden?

 

Zu bedenken ist ferner, daß wir alle irgendwelche Spuren in der Welt hinterlassen.  Unser Energiegehalt wird an unsere Umwelt übertragen und teilweise ausgestrahlt.  Durch die allen Weltraum durchquerende Strahlung könnte unser Abbild rein theoretisch noch nach Jahrtausenden von einem Superteleskop irgendwo im Weltraum wahrgenommen werden.  Unser mentaler Gehalt kann auch an die Umgebung übertragen werden.  Ein Gedanke, den wir einem anderen Menschen übermitteln, kann in diesem Menschen und über ihn hinaus ständig weiterwirken.  Haben wir so eine Existenz über unser Leben hinaus, zumindest eine Wirkung?  Und verteilt sich nicht unser materieller Gehalt im Laufe der Zeit auf neue Art in der Biosphäre der Erde und letztlich bei der astrophysikalischen Endphase unserer Sonne – erst als „Roter Riese“, dann als „Weißer Zwerg“ – über diese hinaus?  Ist der Tod also nicht ein Sich-Auflösen sondern eine Rückkehr oder Heimgehen in die Natur und das Universum – zu „Gott“?

 

Und wie steht es mit den spiritualistischen Phänomenen, von ESP bis Futurologie, „Drittem Gesicht“ und der Erscheinung des spirituellen „Abschied-Nehmens“ von in der Ferne Verstorbenen?  Die ersten drei, wenn nicht auf Einbildung beruhend, haben nichts mit der Weiterexistenz der Seelen zu tun.  Letzteres wohl auch nicht, da es eher ein gegenwärtiges ESP-Phänomen ist, wie die Telepathie.  Alles Andere kann zu leicht als Einbildung gesehen werden.

 

In Summe kann man also nicht annehmen, daß andere Weltraumzivilisationen an ein Weiterbestehen ihrer Seelen im „Jenseits“ glauben können und daher, wie vorher gezeigt, auch nicht an ein „Jüngstes Gericht“.  Wenn sie es dennoch tun, wäre die Begründung eines solchen Glaubens wohl die wichtigste Information, die wir aus dem Weltraum erfahren könnten.

 

Es gibt noch eine Betrachtung, die fast zu einer Konvergenz mit der religiösen Vorstellung von der „Seele“ führt:

Woraus bestehen wir eigentlich?  Wir sind ein materieller, lebender Körper mit gewissen mentalen Fähigkeiten, die – unter anderem – unsere Persönlichkeit ausdrücken.  Es ist bekannt, daß die Zellen unseres Körpers nur eine begrenzte Lebensdauer haben und dann von neuen ersetzt werden – am leichtesten bei der Haut zu sehen.  Es ist auch bekannt, daß der Stoffwechsel innerhalb der Zellen die ständige Aufnahme neuen Materials verlangt und zur Ausscheidung von Abfallmaterial führt.  Im Ganzen kann man ausrechnen, innerhalb welcher Zeit der größte Teil des materiellen Inhalts unseres Körpers durch neues Material ersetzt wird.  Wir sind dabei aber immer dieselbe Person.  Diese Betrachtung zeigt, daß wir – unsere persönliche, individuelle Essenz – nicht die Ansammlung unseres materiellen Inhalts sind – der kommt und vergeht – sondern die Form oder Struktur, die dieser in uns annimmt – einschließlich der Formierung unseres Hirnes und Gedächtnisinhalts.  Mit anderen Worten, die Essenz unserer individuellen Persönlichkeit ist etwas sehr abstraktes – nur Form und Struktur – die sich ebenfalls im Laufe der Zeit verändern.   Darüber hinaus gilt die Überlegung, die am Anfang dieses Aufsatzes dargestellt wurde, daß alles Materielle – aus subatomaren Elementarteilchen zusammengesetzt, die man als Energie-„Strings“ verstehen kann – nur eine Ansammlung von Feldeffekten ist – was immer Felder sind – im Vakuum, im Nichts.  [35]       

 

 

Erlösung ist nur durch den Opfertod Christi möglich geworden, Gottes eingeborenen Sohnes, einer Offenbarung der Trinität:

 

Hier liegt eine Verbindung mehrerer Glaubensvorstellungen vor – Erlösung, Opfertod Christi, Christus als eingeborner Sohn Gottes und die Trinität.

 

Erlösung:

Hoffnung auf eine bessere Zukunft durch einen „Lichtbringer“, besseren Fürsten oder Messias gibt es mehrfach in den Kulturen der Welt.  Dieses ergibt sich wohl aus der Verbindung eines elenden Zustandes in der Gegenwart mit der Erfahrung, daß irgendwann einmal ein großer Anführer wesentliche Verbesserung brachte.  Im christlichen Glauben bezieht sich die Erlösung speziell auf die Befreiung von der Schuld vor Gottes Urteil anläßlich des Jüngsten Gerichtes (verursacht durch die Erbsünde und allgemeine Sündigkeit der Menschen), denn alle Menschen sind verloren (da sündig), wenn nicht „erlöst“.

 

Wie oben gezeigt, ist die Vorstellung der „Erlösung“ aus kosmischer Sicht nicht nachvollziehbar.  Es bleibt aber die Hoffnung jedes Menschen auf ein in persönlicher Entwicklung, Dienst am Nächsten und der Gesellschaft und Freude an Gottes Schöpfung erfülltes Leben – und die Hoffnung auf einen friedlichen Tod.  Was vor allem bleibt, ist die Verantwortung für das eigene Vollbringen im Rahmen der Möglichkeiten – oder die Annahme des eigenen Schicksals.

 

Opfertod Christi:

Im christlichen Glauben ist der Opfertod Christi am Kreuz das Grundelement der Erlösung.  Dieser fand ungefähr 15,000 Jahre nach dem Erscheinen der Chromagnon Rasse der Menschheit statt, 4,000 Jahre nach dem Erscheinen ausgebildeter Kulturen und erst 500 bis 700 Jahre nachdem diese Kulturen die Reife des Denkens erreicht hatten, um verfeinerte philosophische oder religiöse Auffassungen der Existenz zu entwickeln, von den chinesischen Philosophien bis zu Buddha, Zarathustra oder frühen westlichen Denkern.   

 

Die Notwendigkeit des Opfertodes Christi (oder zumindest diese besondere Interpretation des Kreuzestodes Christi) ist entstanden aus einer juristisch starren Sicht vom Gesetz Gottes und dessen Konsequenzen beim Jüngsten Gericht.  Diese Vorstellung schließt offensichtlich jede Begnadigung durch Gott oder Freiheit Gottes im Urteilsspruch aus.  Gott wird also nicht als „liebender Vater“ gesehen, was im Widerspruch zu Christi eigener Lehre von Liebe und Vergeben steht.  Statt dessen gestattet diese Vorstellung vom Opfertod Christi aber die Substitution der notwendigen individuellen Strafe durch das Leid eines Anderen, in diesem Falle Christi, des Gottes-Sohnes selber – durch die Trinitätsvorstellung also Gottes selber.

 

Dieses Verständnis des Todes Christi ist aus obiger Sicht nicht haltbar.  Es gibt eine andere Art, die Bibel zu verstehen.  Christus musste die Auseinandersetzung mit der starren Hierarchie einer Religion, die er im Wesentlichen für richtig, aber in ihrer Interpretation für irregeleitet hielt, auf sich nehmen.  Christus hat die Auseinandersetzung mit der Obrigkeit in Jerusalem und damit seinen Tot auf sich genommen, um damit seiner Lehre und seinen Nachfolgern Kraft zu geben.  Dadurch wurden wir alle von der Enge altjüdischer Gesetzesbefolgung, der antiken Heldenverehrung und dem einsetzenden mittelständischen Drängen nach Geld und Macht befreit.  Darin war Christi Tot ein „Opfertod“, der uns „erlöste“ (siehe die Kurzgeschichte „Jesus von Nazareth“ von H. Schwab). 

 

Diese Interpretation befreit uns von einem Verständnis Gottes als seines absolut juristisch-inflexiblen Herrschers der Existenz.  Gott erscheint nicht im Kosmos als ein Buchhalter der Sünde.  Gott brauchte nicht das Opfer Christi, um uns unsere Sünden zu vergeben.  Wir brauchten einen Anführer von der Stärke und Opferbereitschaft Christi, um unseren Glauben an höhere Werte aufzubauen und einen menschlich wertvolleren Weg zu gehen. 

 

Wenn man nicht an Gottes Eingreifen in weltliche Ereignisse glaubt, dann würde Christi Opfertod nicht als vorherbestimmt erscheinen.  Was wäre, wenn der Plan der Priester von Jerusalem, Christus zu töten, nicht erfolgreich gewesen wäre – wenn Christus einfach davon gegangen, entkommen oder von Pilatus als unschuldig erklärt worden wäre?  Wäre dadurch Christi Mission für unser Leben und unsere heutige Gesellschaft weniger wichtig geworden?  Wahrscheinlich nicht.  Buddha Und Mohamed lebten bis zu einem hohen Alter und konnten dadurch detaillierte Philosophien oder Religionen entwickeln.  Christi Morallehre und seine Sicht eines Jüngsten Gerichtes und eines Lebens nach dem Tode könnten dennoch bestanden haben und für die Nachwelt bedeutend geworden sein, auch ohne seinen Opfertod.

 

 

„Sohn Gottes“ :

Daß Götter auf Erden erschienen sind oder Kinder von irdischen Frauen hatten, kam schon früher in anderen Religionen vor.  Ebenso war es weit verbreitet, daß sich große Herrscher als Söhne der Götter bezeichneten.  Das galt für Pharaonen (Ramses = Ra-Moses = Sohn des Ra) und für Alexander den Großen, der sich von einem ägyptischen Orakel in der Wüste als Sohn des Zeus bestätigen ließ.  Das galt auch für jüdische Könige des alten Testamentes, die mit dem Titel „Sohn Gottes“ bezeichnet wurden, so daß dieses ein Königstitel wurde. 

 

Bei der Menschlichkeit der Gottesvorstellungen jener Zeit ist somit die „Göttlichkeit“ hochgestellter Menschen eher verständlich.  So ist es verständlich, daß Christus von den Menschen seiner Zeit nicht nur Messias-königlich, sondern auch „göttlich“ gesehen wurde.  Christus lehrte nun aber, daß alle Menschen Gott als Vater sehen sollten (das „Vater-unser“). So bezeichnen sich alle Christen als „Gottes Kinder“.  Es ist aber nicht üblich, daß sich ein Christ als „Gottes Sohn“ oder „Gottes Tochter“ bezeichnet.  Die Theologie hat sich auch da verheddert und nur durch das Konzept der Trinität einen Ausweg gesucht, die Christus zu einem besonderen Sohn und Teil Gottes erhebt.

 

Bei einer abstrakten Sicht der großartigen Urkraft der Schöpfung kann man den menschlich-biologischen Begriff des „Sohn Gottes“ für Christus nicht nachvollziehen.

 

Trinität

Heidnische Götter hatten in der antiken Welt öfter eine Vielzahl von Rollen.  So wurden sie in solchen Fällen auch jeweils mit verschiedenen Attributen oder in verschiedener Bildhaftigkeit dargestellt.  Das führte aber nur selten zu der konsequenten Darstellung einer „Viel-Einigkeit“, wie sie erst von den griechisch geschulten, christlichen Denkern für die Trinität als schwer erklärbar aber konsequent-notwendig gefunden wurde (denn sie konnten Christus nicht identisch mit Gott sehen als ob Gott selber 33 Jahre lang auf Erden als Mensch gewandelt habe wollten Christus aber dennoch als Teil Gottes über das Allgemein-Menschliche erhoben sehen und dazu den Glauben an nur „einen“ Gott, den Monotheismus, bewahren).

 

Mit einer abstrakten Sicht der großartigen Urkraft der Schöpfung ist der Begriff der Trinität nicht vereinbar.

 

 

Wie mag Christus selbst unsere heutigen Glaubensinhalte gesehen haben? 

 

Die Evangelien sind spätere Aufschreibungen, die in ihrer Anordnung und auch in ihrem Inhalt bereits die Sammler der Information und möglicherweise die Auslegungen und Akzente der christlichen Gemeinden ihrer Zeit reflektieren (siehe die Johannes und Thomas Evangelien).  Wie hätte wohl ein Mensch unserer Zeit, der mit Christus gewandert wäre, ihn und sein Schicksal beschrieben (siehe die Darstellung „Jesus von Nazareth“, H. Schwab, 1996)?

 

Christus spricht nicht von einer Gott-Gleichheit seiner Person.  Er spricht von Gott als seinem Vater, wie er es allen Menschen empfiehlt (siehe „Vater-unser“-Gebet), sieht darin aber wohl eine besonders enge Verbindung für sich selbst.  So ermahnt er seine Jünger, daß auch sie größere Wunder tun könnten, wie er selbst, wenn ihr Glaube stärker wäre.  Christus fragt auch seine Jünger, was die Menschen von ihm sagen und erhält dabei die Antwort, er sei der „Sohn Gottes“.  Dieses muß man linguistisch und aus der Zeit heraus verstehen, wie vorher schon aufgezeigt, als eine allgemeine Bezeichnung großer Herrscher, einschließlich der jüdischen Könige der Vergangenheit.  Christus hat selber diese Bezeichnung nie als seinen Titel herausgekehrt, wurde allerdings am Kreuz als „König der Juden“ verspottet, was auf die Nutzung der „Sohn Gottes“-Bezeichnung unter seinen Anhängern hindeutet.

 

Im „Glauben“ an Christus wurde die Erlösung verhießen.  Das heißt wohl im Glauben an die Gültigkeit seiner Lehre und damit in der Nachfolge Christi.  Nur in der konsequenten Einhaltung seiner Lehre, dem Nicht-Aufgeben, dem selbst den Tod Hinnehmen konnten die Anhänger Christi ihren Glauben behalten. 

 

Christus selbst hat seinen Kreuzestod als sein Opfer für die Gläubigen, nicht aber als Kernstück der Erlösung anlässlich des Jüngsten Gerichtes dargestellt.  Christus sah (seit der Erscheinung auf dem Berg von Moses und Elias) die Notwendigkeit, nicht nur in Galiläa zu predigen, sondern sich der Auseinandersetzung mit seinen Gegnern in Jerusalem zu stellen  Diese waren die Anführer der etablierten, starren und machtbewußten Hierarchie seiner Religion, an die er grundsätzlich selber glaubte, die er aber in ihrem Formalismus und ihrer Menschenferne als irregeleitet ansah.  Da diese Konfrontation auch seinen Jüngern bevorstand, mußte Christus sie als erster und vorbildlich auf sich nehmen und mit seinem Opfer die Haltbarkeit seiner Lehre ermöglichen. So wurde Christi Tod ein notwendiges Opfer zum Erhalt seiner Lehre, damit des christlichen Glaubens und damit unserer Erlösung vom Irrweg der alten Lehre und der falschen Werte.  Dieses ist eine Erlösung der Menschen von sich selbst und eine befreite Hinwendung auf eine Gottes- und Schöpfungssicht höherer Dimension.

 

Es besteht kein Zweifel, daß der Glaube an ein Jüngstes Gericht und an Paradies oder Hölle für Christus und seine Zeit als gegeben galt.  (Dieser Glaube wurde schon von Zarathustra gelehrt und galt auch für die Juden seit der Babylonischen Gefangenschaft, wo sie mit östlichen Lehren verstärkt in Berührung kamen).

 

Christus hat sich auf seine grundsätzliche Lehre für die Juden seiner Zeit konzentriert, sich eher wie ein Reformator sehend, und hat keine ausgeklügelte, systematische Theologie entwickelt – in dem Sinne auch keine Dogmen oder Rituale.  Das Wesentliche des christlichen „Glaubens“ war die Nachfolge Christi.  Die Kernstücke dieses Glaubens waren:

 

So entstanden völlig neue „Werte“ für das Menschsein und die Gesellschaft [36]

 

 

Umweltprobleme gab es zu Christi Zeiten nicht und eine Kenntnis der Evolution oder des Weltraumes auch nicht. 

 

Sollte man nicht erwarten, daß jede Weltraumzivilisation, die durch eine Evolution aus primitiverem Sein entstand, zu irgend einer Zeit auch eine Lehre wie die von Christus vermittelte benötigte (den man somit zurecht in der alten Symbolsprache als Erlöser sehen kann), um zur Höhe des Potentials hochzivilisierter und hochkultureller Existenz zu gelangen, wo und wann auch immer dieses im Kosmos gewesen sein mag?

 

 

2.3.         Was bleibt einer Theologie im Universum?

 

Die Weltraumforschung brachte folgende Erkenntnisse, die eine gültige christliche Theologie nicht übersehen kann:

*      Die Erkenntnis der Dynamik aller kosmischen Strukturen.

*      Die Auffindung von Planeten in anderen Sonnensystemen und die daraus resultierende Erwartung intelligenten Lebens an manchen anderen Stellen des Kosmos.

*      Die Erkenntnis vom dem in einer abschätzbaren Zeit zu erwartenden völligen Vergehen aller Strukturen des Kosmos. 

 

Was man danach erwarten möchte ist nicht nur eine im Wesentlichen anthropozentrische Theologie, die unser eigenes Leben erklärt, sondern eine Theologie, die der Beobachtung der Schöpfung entspricht – einschließlich des sich entfaltenden Universums mit Milliarden von Galaxien und der natürlichen Evolution in der Sphäre des Lebens – und entsprechend dem Wissen von der Vergänglichkeit von Allem.

 

Was bleibt und was nicht in einer allgemein gültigen, „kosmischen“ Theologie?

 

Bezüglich des schöpfenden Gottes und der Existenz:

 

-       Vor allem bleibt die Erkenntnis von einer transzendentalen Essenz als Ursprung der Schöpfung.  Es ist anzunehmen, daß hochentwickelte Weltraumzivilisationen auch den kausalen Ursprung der Schöpfung – ihrer Struktur und ihrer Evolution – als eine transzendentale Vorstellung jenseits alles Verstehens und als absolut abstrakt sehen werden. 

-       Das Sehen dieses Ursprungs als „transzendental“ entspricht einem „religiösen Glauben an Gott“.  In dieser Sicht der Schöpfung liegt auch die Anerkennung der überall geltenden naturgesetzlichen Ordnung, der verbleibenden Freiheitsgrade, der evolutionären Dynamik der Welt und ihres zukünftigen Vergehens. 

-       Ein Plan, eine „leitende Hand“ oder Ziel kann in der Evolution der Schöpfung nicht gesehen werden – lediglich eine vorwärtsgerichtete, dynamische, kombinatorische Weiterentwicklung nach den jeweiligen Ausgangs- und Randbedingungen.  So bestimmt nicht das Ende, sondern der jeweilige Ausgangspunkt die Weiterentwicklung.

-       Solch eine Entwicklung geschah nur zu oft in einer Richtung, die uns unverständlich und sogar grausam erscheint (siehe die Phasen der Stagnation, der Fehlentwicklungen, der Katastrophen in der Natur, der Krankheiten, Parasiten, Raubtiere und dem Aufstieg und Verfall von Zivilisationen). [37]

-       Eine „leitende Hand“ müßte nicht nur verantwortlich gesehen werden für alles, was geschehen ist – positiv und negativ – sondern auch für alles was ungeschehen blieb, nicht verhindert wurde oder widersprüchlich war.

 

Bezüglich der „Seele“:

 

-       Die Vorstellung einer funktionierenden „Seele“, abgelöst vom Hirn, der Biochemie und der Energieversorgung des Körpers, ist ein Widerspruch zu den Erkenntnissen der Wissenschaft bezüglich des Funktionierens der Schöpfung.

-       Die erkannte Dynamik und begrenzte Lebensdauer unseres Sonnensystems und das zu erwartende völlige Vergehen des gesamten Universums läßt ein statisches Ablagern etwaiger „Seelen“ auf unbegrenzte Zeit nicht erwarten.

 

Bezüglich Sünde, Gericht und Erlösung:

 

o   Die Anerkennung einer allgemeinen „Sündigkeit“ aller hochentwickelter Wesen im Weltraum und vor allem eine derart zentrale Betonung dieser Sündigkeit, wie im irdischen Christentum, ist nicht vertretbar [38].

o   Der glaube an ein Jüngstes Gericht – eine ewige Existenz von „Seelen“ im Jenseits voraussetzend – ist aus der kosmischen Sicht des Wesens des Universums auch nicht haltbar – auch nicht im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Verständnis der Begriffe von Persönlichkeit, Verhalten und geeigneter Behandlung von Kriminalität.  [39]

o   Eine Vorstellung von Gott als eines „rächenden“ Richters – anstelle Seines Eingreifens zur heilenden Charakterveränderung des mangelhaften Individuums (siehe vorhergehende Fußnote und die vorherige Diskussion zum menschlichen Charakter) – ist unwahrscheinlich.

o   Gottes Befangenheit zwischen Gesetzgebundenheit (aber Annahme eines Ersatzes für die Bestrafung) und Gnade (in Anerkennung für Glauben) – so daß gnädiges Vergeben von Schuld ohne den Opfertod Christi nicht möglich gewesen wäre, im Glauben an Christus aber zugesichert ist – ist nicht vertretbar. 

o   Daß sämtliche hochentwickelte Wesen im Weltraum, die nicht Christen sind, von Gottes Gnade ausgeschlossen bleiben – selbst wenn sie beliebig moralisch „gut“ sind – ist auch nicht vertretbar (und verlangt schon auf Erden erneute theologische Klärung in unserer pluralistisch-globalen Gesellschaft).

o   Die Anerkennung der Möglichkeit der Substitution eines Schuldigen bei der Bestrafung durch einen Anderen (Christus) ist nicht vertretbar.  Das Anerkennen von Opfern von unschuldigen Individuen zur Beschwichtigung eines emotional „zürnenden Gottes“ ist bei hochentwickelten Weltraumzivilisationen nicht zu erwarten.

 

Bezüglich Christi:

 

o   Die Vorstellung eines „eingeborenen Sohnes Gottes“ ist bei dem erhöhten Konzept des erschaffenden Geistes „X“ oder Gottes, das sich aus dem Anblick des Weltraumes durch alle Milliarden von Jahren ergibt – von Schöpfung durch Evolution, erwartetes Verblassen und schließlich zur Auflösung – zu sehr vermenschlicht.

o   Der qualvolle Tod des „Gottessohnes“ jeweils einmal in allen Zivilisationen des Weltraumes, Millionen mal, immer wieder und wieder, wie diese astronomisch gesehen sich in einer Zeitverteilung bilden, ist nicht zu erwarten. 

o   Die Sonderstellung der Erde als einziger Platz mit „sündigen“ Lebewesen und auch als einzigen Platz im Universum, der „erlöst“ werden musste und wurde, ist ebenso unwahrscheinlich.

o   Was bleibt ist die Vision Christi als von einem, der erkannte, was das menschliche ethische Potential ist und was die ethische Ausrichtung seien sollte, der die Einzelnen und die menschliche Gesellschaft im Laufe der Evolution folgen sollten.  Mit seiner Lehre und seinem Ausharren bis in den Tod hat Christus uns eine geistige Befreiung gebracht, um nicht unsere Schwächen, fehlgeleiteten Gesetze und ungeeignete Strukturen der Gesellschaft zuzulassen.  Er hat uns die Ermutigung gebracht, die uns ermöglicht einem anderen Weg zu höheren Werten zu folgen.

 

 

Bezüglich des weiterwirkenden, persönlichen Gottes:

 

-       Ein in die Evolution der Schöpfung eingreifender, weiterwirkender Gott wird naturwissenschaftlich nicht gesehen – weder im unbelebten, physikalischen Kosmos, noch in der biologischen Evolution mit ihren überall feindlichen Gegebenheiten und ihrer Grausamkeit (siehe obige Ablehnung der „Intelligent Design Theory“).

-       Der Glaube an ein Weiterwirken Gottes müsste alles Leiden, Böse und Nutzlose in der Welt dann auch Gott anlasten.

-       Das Thema des Leidens, des Bösen, Nutzlosen oder Schädlichen in der Welt ließe einen anrufbaren, aber zu oft in dieser Welt nicht helfenden Gott nur im Zusammenhang mit dem Glauben an ein kompensierendes Jenseits verstehen, das, wie oben gezeigt, aber nicht erwartet werden kann.

-       Damit entfällt für den Menschen das Sich-Verlassen auf helfende, schicksalswendende Kräfte von Außen.  Die Menschen sind besser beraten, selbst die Verantwortung und Initiative zu übernehmen, diese Welt, in der wir nun einmal leben, zu verbessern – auch für „unsere Nächsten“ – darin Christi Lehre folgend.   

 

 

Bezüglich des Platzes des Menschen in der Welt:

 

-       In der Sicht der schöpfenden Urkraft und der Schöpfung liegt auch eine Sicht des Einzelgeschöpfes an seinem eigenen Platz in diesem Kosmos.  Somit muss auch jeder Mensch seine Begrenztheit akzeptieren.  Der Mensch kann aber auch seine einzigartige Chance und Verantwortlichkeit sehen – zu persönlicher Weiterentwicklung und Wachsen, zu beitragender Wirkung und Dienen und zur Freude an der Schönheit der Schöpfung. 

-       Wenn dabei uns Menschen (und vielleicht auch manchen anderen Wesen und Zivilisationen im Weltraum) die emotionale Ebene der Liebe, Freude und des Empfindens für Schönheit ermöglicht ist, kann uns dieses zu einem weiteren Verständnis der Schöpfung (und damit der schöpfenden Urkraft, „Gott“), sowie weiterer Lebensentwicklung helfen.  Es mag im Weltraum auch andere Dimensionen darüber hinaus geben.   

 

 

Was bleibt?

 

Es bleibt die Hinwendung des Menschen auf den transzendentalen Kern unserer Schöpfung und die Bewunderung von deren Größe, um die eigene Stellung und das eigen Schicksal hinzunehmen.  In diesem „Glauben an Gott“ kann des Menschen Geist Ruhe finden und Kraft zum Handeln. 

 

Aus dem Verständnis der Schöpfung bleibt für den Menschen die Aufgabe zur persönlichen Weiterentwicklung und zur Weiterentwicklung seiner Zivilisation, hoffentlich zu einem lichtvolleren Konzept unserer eigenen Existenz und der unserer Gesellschaft, aber zumindest zur Linderung des vielfachen, großen Leidens in der Welt.

 

Es bleibt für den Menschen die Selbstverantwortlichkeit für das, was auf Erden im Rahmen des Möglichen geschieht.  So bleibt die Verpflichtung zum persönlichen Einsatz der höheren Wesen zur Verbesserung nicht nur der eigenen Lebensbedingung, sondern vor Allem auch zur Hilfe an Andere, die Gesellschaft und die Umwelt. 

 

Es bleibt mit dem Leid auch die Möglichkeit der Freude – es bleibt trotz all des Bösen auch die Möglichkeit der warmen Resonanz mit anderen Wesen – im Geben und Empfangen.

 

Der Mensch und andere höhere Wesen im Weltraum sind die einzigen Existenzphänomene, die selber beobachtend und selbstverantwortlich wirkend am Kosmos teilnehmen.  Darin liegt ihre besondere Bedeutung und ein erfüllender Sinn ihres Lebens.

 

Uns und unserer Zivilisation ist nur begrenzte Zeit der Existenz zugeteilt.  Was immer wir tun können, sollten wir lieber jetzt tun.

 

Christus hat uns den ethischen Weg gewiesen, unser Leben zur „Freude Gottes“, des Schöpfers, zu erfüllen.  

 

 

3.  Bemerkungen zum Phänomen der „Religion“

 

Die obigen Darstellungen führen zur Frage, wie eigentlich Religionen entstehen und sich im Denken der Menschen und wohl auch anderer „bewußter“ Wesen halten und ausbauen.  Dazu muß man drei wichtige Komponenten betrachten:

*      Das Suchen des Menschen, beobachtete Phänomene durch Auffinden von Kausalitäten zu erklären.

*      Die Fähigkeit des menschlichen Hirnes für mentale Vorstellungen (speziell von solchen Vorstellungen im Rahmen der Denkvorgänge, die unabhängig von sensorischen Eindrücken im Hirn erscheinen – die im Laufe des Denkens oder des Träumens entwickelt, verändert und ausgebaut werden können).  Diese Vorstellungen können im Geist wie in einer virtuellen Realität gedanklich verarbeitet und weiterentwickelt werden. [40]

*      Die Tendenz der meisten Menschen, an einmal akzeptierten Systemen von Vorstellungen festzuhalten.

 

Die Ähnlichkeit zwischen den Zuständen des Schlafens und des Todes führt zu der angenommenen Parallelität von Träumen und einer fortwährenden Existenz der menschlichen Wahrnehmung oder der „Seele“ nach dem Tode und damit einem spirituellen Jenseits.

 

Obige erste Feststellung führt dazu, besondere Phänomene durch dahinterliegende Kräfte zu erklären, denen also eine Realität zugeordnet werden muß. 

 

Die Fähigkeit, mentale Vorstellungen im Rahmen des Denkens auf- und auszubauen läßt schwache Wahrnehmungen, wie etwa einen Windhauch, Schatten oder Lichteffekte, zu Vorstellungen von Geisterwesen werden.  Eine Weiterverfolgung dieser Vorstellungen führt zu beliebigen Vorstellungen von Göttern, wie sie in den einfachen Religionen verschiedener Kulturen vorkommen.  Ein zunehmend philosophisches Denken und die weiteren Beobachtungen des Lebens und der Natur führen zu höheren Religionen, die dennoch eine virtuelle Realität bleiben. 

 

Somit kann Religiosität in allen menschlichen Kulturen erwartet werden.  Die Religiosität entsteht also nicht selber natürlich als solche, sondern fast notwendigerweise als Folge der Vorstellungsfähigkeit des menschlichen Denkens als virtuelle Realität im Geist der Menschen.

 

Wenn eine religiöse virtuelle Realität einmal eine gewisse innere Geschlossenheit gefunden und Teil einer kulturellen Tradition geworden ist, bringen selbst zunehmende Widersprüche zur echten Realität zunächst keine Änderungen der religiösen Vorstellungen oder philosophischen Lehre. 

 

Das mag an einer Abwehr von Verunsicherung gelten, zumal widersprüchliche Erkenntnisse zunächst noch kein neues, in sich geschlossenes Denksystem anbieten mögen.  Die Verteidigung der gewohnten Religion oder des gewohnten Denksystems geschieht vor allem durch selektive Beobachtung oder Entwicklung von persönlichen Vorzügen und Prioritäten.  So findet jede Religion genügend Beobachtungen, die ihre weitere Berechtigung bestätigen und der Einzelne bestimmt, was er für das Wichtigste Argument hält. 

 

Dazu mag kommen, daß die Verwalter dieser Religionen, die Priester, sich nicht um ihre Positionen und das einfache Volk sich nicht um seine lieb gewonnenen Traditionen bringen lassen wollen, die ihnen Geborgenheit geben, im Falle des Christentums sogar eine viel bessere Welt im Jenseits erhoffen lassen.

 

So leben viele Menschen in zwei Welten, der religiösen und der realen – sonntags in der Kirche, montags im Geschäft oder im wissenschaftlichen Labor.

 

Das religiöse Denken der Menschen hat schon einmal einen großen Schritt der Abstraktion durchgemacht, als die animistische Vielgötterei von dem Glauben an nur einen Gott im Himmel abgelöst wurde.  Die stillen Quellen in der Natur hatten dann keine Nymphen mehr, das wilde Meer keinen die Wogen beherrschenden Poseidon, die Sonne war kein Gott-gesteuerter Himmelswagen mehr.  Wie war es möglich, daß alle diese Gottheiten erst so ganz da waren und mit einem Male niemals existiert haben sollten?  Der vielfache christliche Heiligen- und Marienkult mit zahlreichen Kapellen und Ablaß erteilenden Pilgerplätzen war ein Ersatz, der den Menschen gut tat. 

 

Nun ergibt sich die Notwendigkeit zu einem weiteren Schritt zu einer Theologie, die nicht nur das menschliche Leben erklärt und die Welt in den Maßstäben des Menschen sieht (worauf sich die christliche Theologie konzentriert), sonder zu einer Theologie, die die Größe und auch die Dynamik des Weltraums einbezieht, die das Entstehen und auch das Vergehen von vielen Milliarden von Galaxien erkennt und die den Menschen an seinen Platz darin stellt.  Das führt zu einer weiteren Abstraktion der Sicht der transzendentalen Schöpfungskraft und unserer Existenz, damit aber auch zum schwerwiegenden Verlust des Glaubens an einen sehr vermenschlichten, „persönlichen“ Gott-„Vater“, der Hand in Hand mit uns durchs Leben geht. 

 

Dabei sollte man aber nicht leichtfertig die all-zu-menschlichen Vorstellung denen hier auf Erden nehmen, die darin einen ganz wesentlichen Trost und letzten Halt in ihrem oft so schwerem Leben finden.  Denn wohin sollen wir uns dann nach tragischen Schicksalsschlägen oder im sorgenden Mitleid wenden?  Einiges am Christentum gehört zu den gefühlsmäßig am tiefsten bewegenden, hilfreichsten und herausfordernden Vorstellungen der menschlichen Entwicklung in Denken und Empfinden – aus dem Potential unserer Natur entstehend, das uns von der Schöpfung gegeben wurde – und uns eine Richtung für unser reales Leben weisend.

 

Andererseits sollten man gerne alle Mißbräuche der Religionen los werden, die eine Last für die Menschheit im Lauf der Geschichte waren und selbst in unseren Zeiten noch sind.

 

Wir brauchen eigentlich vier Ebenen des menschlichen Glaubens:

 

o   den alten Opfer- und Dank-Kult an die Kräfte der Natur und des Schicksals – für die naturnahen, geistig einfachen Menschen,

o   den strengen Glauben an moralische Gesetze und ein göttliches Gericht – für unsere urban-werdende Gesellschaft wie sie sich Besitz, Macht und Genuss zuwendet,

o   den Glauben an menschlich anrufbare Schicksalskräfte, an Vergebung, Liebe und an einen gnädigen „Gott-Vater“ – für alle im Leben ringenden, suchenden und oft so sehr leidenden oder mitleidenden Menschen, auch für die sich dankbar freuenden,

o   die abstrakte Sicht des großartigen, dynamischen Universums und der Besonderheit der bewußt denkenden, empfindenden und handelnden Lebewesen darin – mit der Notwendigkeit des sich verantwortungsvollen Abmühens im Leben, der Möglichkeit der eigene Entfaltung und dem Dienst an Anderen, mit der Verantwortung für die uns jeweils anvertraute Umwelt, in Freude am Anblick der Schöpfung und in Annahme des Unvermeidlichen.

 

Jede dieser Glaubensformen ist von einer persönlichen, individuellen Beobachtung der Schöpfung und des menschlichen Lebens her gerechtfertigt.

 

*      Die einfachen Religionen beruhen auf einer naturnahen, göttlich durchdrungenen Sicht der Schöpfung – wie in den alten Religionen aller Bauernvölker, die um Ernte bitten – abgesehen von den Entartungen einiger Opfer- und Ritualkulte, die sich historisch daraus entwickelten.  Die moderne, romantische Liebe für eine harmonische Natur als Wurzel unseres Seins und das Verlangen, darin Frieden zu finden, beruht auf einem natürlichen, menschlichen Verlangen und selektiver Beobachtung.

*      Die sich auf Gesetze konzentrierenden Religionen werden gerechtfertigt durch das Verlangen nach einer höheren Verankerung dieser Gesetzte jenseits willkürlicher Änderung und Auslegung in unserer egoistischen und materialistischen, urbanen Gesellschaft – wenn nicht zu einer Besessenheit für die strenge Befolgung marginaler Gesetze gesteigert.

*      Der Glaube an einen Gott-Vater entspricht unseren von der Natur gegebenen Emotionen und unseren Werten, die in der Schöpfungskraft ihren Ursprung, ihre lebendige Resonanz und emotional eine persönliche Schicksalshilfe suchen – wenn nicht in eine Fixierung auf menschliche Schuld und doktrinär-hierarchische Lähmung historisch daraus gesteigert.

*      Die abstrakte Sicht entspricht der Sicht eines transzendentalen Grundes der entstehenden, sich entfaltenden und wieder vergehenden Schöpfung, ihrer Eigengesetzlichkeit und ihrer Freiheitsgrade, sowie der Erkenntnis der Begrenztheit des Menschen, aber auch seiner einzigartigen Möglichkeiten und Verantwortlichkeit in der Erfüllung seines Lebens und der aktiven Teilnahme an seiner Umwelt – wenn nicht in einer moralischen Haltlosigkeit und seelischen Leere entartend.

 

Letztlich sollte es keine Differenzen zwischen der Sicht der Wissenschaften und jener der Religion oder Theologie geben.

 

Die Wissenschaft kann keine dominierende Position innehaben, wo es an sachlichem Wissen fehlt.  Die Wissenschaft ist wohlberaten, Fragen der menschlichen Emotionen oder Empfindsamkeit für Schönheit nicht zu stark zu intellektualisieren.  Die Reduzierung der menschlichen Emotionen und Empfindsamkeit für Schönheit auf Nützlichkeitsbetrachtungen muß offensichtlich Grenzen finden, wie bei Versuchen mit exklusiv derartigen, ungezügelten Betrachtungen erwiesen.  Ihre Reduktion auf das Niveau wissenschaftlicher Verständlichkeit ist erst recht nicht gleich eine Rechtfertigung für preskriptive Formulierungen.

 

Die Theologie kann keine dominierende Position innehaben, wo es an Wissen fehlt.  Theologisches und religiöses Denken sind wohlberaten, diejenigen Dinge nicht zu sehr zu mystifizieren, die rational erklärt werden können.  Es gibt offensichtliche Grenzen bei der Einnahme strenger und unflexibler Positionen oder bei Erlaß von Verhaltensvorschriften auf der Basis des Glaubens, wie aus der Erfahrung mit der exklusiven, ungebremsten Art dieses Vorgehens historisch zu sehen.  Das Erheben spezifischer religiöser Gedanken auf die Ebene eines angenommenen göttlichen Willens durch einige Gläubige ist keine Rechtfertigung, daraus eine global gelten sollende Doktrin zu entwickeln.

 

Es wird immer zwischen wissenschaftlichem Suchen oder methodischer Eingrenzung und theologischem Spekulieren oder religiösem Eifer genügend Raum für Differenzen geben.  Behutsame Zurückhaltung in Gebieten des Widerspruchs und bescheiden vorgebrachte Erwartungen können die Grundlage eines Dialogs sein.

 

Dann gibt es auch noch das Gebiet des politischen Denkens, der Gesetzgebung, des Verhaltens und der Schlichtung – wie bei Beurteilung der Rechte des Einzelnen, der Gesellschaft und der Nationen gegeneinander – wo weder Wissenschaft noch Religion versuchen sollten, die dominierende Kraft zu sein – wo bestenfalls einfaches ethisches Denken und praktische Erfahrung Vorschläge zur Lösung bringen können.

 

 

4.  Meine Sicht

 

Unsere intellektuelle oder emotionale Verständnisfähigkeit wird das Mysterium der kosmischen Existenz und ihres Laufes in der Zeit nicht klären.  Man sucht nach einer Position, die das beobachtende Denken, das mitempfindende Erleben und das Suchen nach der richtigen Richtung des Handelns verbindet.  Zum Schluß bleibt eine persönliche Entscheidung, wo man stehen will, denn eine klare Lebensführung verlangt eine klare Grundlage.  

 

Ich selber glaube an eine letzte Essenz der Existenz, aus der unser Kosmos und seine Naturgesetze, Konstanten und Prinzipien entstanden sind.  Dieser abstrakten Essenz kann man keinen Namen geben und man kann sie nicht verstehen. 

 

In dieser Essenz ist unser eigenes Wesen und unser Leben verankert.  Unsere Fähigkeiten und unser Empfinden sind aus der Anlage des Kosmos und somit aus dieser Essenz entstanden.

 

In der seelischen Verbindung zu dieser Essenz finde ich Friede des Herzens und Stärke zum Handeln. 

 

Die seelische Verbindung zur Essenz des Kosmos ist eine Art des Anrufens dieser Essenz im Suchen – in Verzweiflung, Suche nach Mitleid und auch in Freude und Dankbarkeit.  Ein solcher Anruf – oder „Gebet“ – kann aber nicht die Erwartung von Hilfe beinhalten. 

 

Der Friede des Herzens kommt aus der Annahme der eigenen Position und des eignen Schicksals in der Größe und im Lauf des Kosmos – um den Ablauf der Welt zu ertragen und schließlich im Tode wieder in diese Schöpfung einzugehen. 

 

Die Kraft zum Handeln kommt aus dem Erkennen der Selbstverantwortlichkeit des Menschen in dieser Welt – der steten Notwendigkeit zum Handeln, wenn Verbesserungen durch eigenen Einsatz möglich sind, stets dem rechten Weg folgend.   

 

Ich bin dankbar, daß Christus im Laufe dieser Welt erschien und unserem Leben eine moralische Ausrichtung auf menschliche Werte gab.

 

So ist im Gebet das „Dein Reich komme“ zu verstehen als das Sehnen nach Ruhe in „Gott“ und nach einer besseren Welt – aber vielleicht mehr noch als die von der Schöpfung an uns gestellte Aufgabe. 

 

 

5.  Abschließende Zusammenfassung

 

Der Beitrag der Astrophysik und Weltraumforschung zur christlichen Theologie beruht auf drei grundsätzlichen Erkenntnissen:

*      Die Erkenntnis der Dynamik aller kosmischer Strukturen in ihrem Entstehen, ihrer ständigen Entfaltung, aber auch ihres letztlich zu erwartenden  völligen Vergehens. 

*      Die Erkenntnis der Dualität zwischen der Konstanz aller Naturgesetze und der grundsätzlichen Unbestimmtheit und dem Wahrscheinlichkeitscharakter vieler Phänomene der Natur. 

*      Dazu kommt die Erkenntnis des „kombinatorischen Prinzips“, wonach die Zusammensetzung einfacherer Bausteine der Natur zu immer wieder neuen Erscheinungsformen mit neuen Dimensionen ihrer Eigenschaften führt, von Zeit zu Zeit und im Maße wie die Ausgangs- und Randbedingungen das anzeigen.  So bestimmt also nicht das Ende, sondern der jeweilige Ausgangspunkt die Weiterentwicklung.

*      Die Auffindung von Planeten in anderen Sonnensystemen und der daraus resultierenden Erwartung intelligenten Lebens an manchen anderen Stellen des weiten Kosmos.

 

Dazu kommen die früheren wissenschaftlichen Erkenntnisse, die noch nicht von der Theologie erfaßt worden sind:

*      Die natürliche Evolution und im Besonderen ihre Wirkungsart, die eine natürliche Welt ohne Mitleid, Fairneß oder Gerechtigkeit erkennen läßt.

 

Schließlich muß man auch die Ergebnisse neuerer Forschung berücksichtigen:

*      In der Geophysik:  Der Ausbruch weitreichender Auslöschungen der natürlichen Welt in ungleichmäßigen Zeitabständen.

*      In der Hirnforschung:  Das Verständnis der menschlichen Fähigkeit für mentale Vorstellungen, Denken, Intuition, Urteil und Emotionen, wie sie von der Neurophysiologie und Biochemie des Hirnes erklärt werden.

 

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit für folgende Korrekturen des theologischen Denkens:

*      Die Vorstellung des Ursprungs der Schöpfung mit ihren Feldern im Vakuum, fein abgestimmten Naturgesetzen, Konstanten und Prinzipien, ob „X“ oder „Gott“ oder wie auch immer genannt, kann nur absolut abstrakt und noch großartiger gesehen werden, als in den traditionellen Religionen.

*      Ein Sinn oder Plan ist aus der Dynamik des Kosmos und der Natur aber nicht zu erkennen, die ständig Strukturen höherer Komplexität nach den gegebenen Anfangs- und Randbedingungen in ungleichmäßigen, oft großen Zeitabständen zufällig und kombinatorisch entstehen lässt und dann Vieles in Teilen und letztlich alles wieder völlig vernichtet.

*      Ein Weiterwirken der Ursprungskraft in der Entwicklung des Kosmos ist nur in der Wirkung der natürlichen Kräfte, der Naturgesetze und des kombinatorischen Prinzips zu sehen, aber nicht in willkürlichen Eingriffen.  Eine fortlaufende „intelligente Gestaltung“ kann nicht aus der Evolution der Natur oder der Geschichte der Menschen bestätigt werden.  Wenn man nicht nur betrachtet, was geschah, sondern auch was nicht geschah und was nicht abgewendet wurde, dann würde eine solche Sicht der „intelligenten Gestaltung“ nicht zu einem kohärenten Bild der gestaltenden Kraft führen, sondern zu einem chaotischen, widersprüchlichen und grausamen Bild des angenommenen „Gestalters“.

*      Damit entfällt der einfache Glaube an einen frei weiterwirkenden oder das menschliche Verhalten schon im Leben kompensierenden Gott, der sich auch nicht aus der Beobachtung ergibt.

*      Damit entfällt auch der Glaube an einen auf persönliche Anrufe reagierenden Gott, der sich auch nicht aus der allgemeinen Beobachtung vergangenen Leides auf der Welt ergibt.

*      In Anbetracht des natürlichen Funktionierens des menschlichen Hirns kann man ein Bestehen von irgendwelchen vom Menschen ablösbaren „Seelen“ nicht erwarten.

*      In Anbetracht des dynamischen und letztlich wieder völlig vergehenden Kosmos kann man ein statisches „Jenseits“ für die unbegrenzte Aufbewahrung irgendwelcher „Seelen“ nicht erwarten, damit auch nicht ein „Jüngstes Gericht“ oder einen späteren Ausgleich für das irdische Leben.

 

Was bleibt ist die größte Verehrung der Urkraft der Schöpfung und die Notwendigkeit für die Nachfolge Christi in dessen ethischer Lehre. 

 

Die Selbstverantwortlichkeit des Menschen für die Erfüllung seines Lebens, die brüderliche Zuwendung zur Mit- und Umwelt und die Verantwortung für die Zustände auf dieser Welt müssen stärker in den Vordergrund treten.

 

Es besteht die Notwendigkeit, die Stellung und die Rolle der Menschen und möglicherweise anderer intelligenter kosmischer Wesen  in Bezug auf den Schöpfer und die Ausrichtung ihrer Leben in diesem Kosmos neu zu formulieren.  Dazu kann gesagt werden:

*      Der Mensch und andere intelligente Wesen im Weltraum sind kleinste Randphänomene in der Weite des Kosmos – aber mit Geist begabt, der die Welt umspannen kann, mit Emotionen, aus denen sich ethische Werte ergeben, die in der übrigen Natur fehlen und mit Empfindsamkeit für das Ästhetische.

*      Der Mensch und andere intelligente Wesen im Weltraum sind die einzigen Phänomene der Schöpfung, die an der Dynamik des Kosmos beobachtend teilnehmen. 

*      Der Mensch und andere intelligente Wesen im Weltraum sind auch die einzigen kosmischen Phänomene, die ihre Selbstverantwortlichkeit und ihre eigene Initiative nutzen können, um in den Lauf des Universums einzugreifen – zumindest in dem engen Rahmen ihres jeweiligen Platzes.

*      Daher sind die Menschen und andere intelligente Wesen im Weltraum wohl beraten, ihr spezifisches Potential innerhalb der Schöpfung anzustreben – in Verfolgung ihres geistigen Potentials, in Verwirklichung ihrer ethischen Werte und in freudiger Wahrnehmung ihrer Umwelt.

*      Die reale Vorraussetzung der eigenen Existenzgestaltung ist die Absicherung der Grundnotwenigkeiten in Überleben, Gedeihen, Fortpflanzung, Sorgen für die Nächsten und Erhaltung der eigenen Menschlichkeit in Freude am Leben.

*      Die Bildung größerer Ressourcen und einer Machtposition gestattet größere Wirkung in Verfolgung der höheren Ziele, lenkt aber gleichermaßen von diesen ab. 

*      Damit ist der höhere „Sinn“ der Existenz der Mensch und andere intelligente Wesen im Weltraum in ihrem jeweiligen Leben und beim Aufbau ihrer Zivilisationen:

o   Das Wachsen durch Erweiterung von Erkenntnis, Entwicklung von Fähigkeiten und Entfaltung der Persönlichkeit.

o   Das Dienen und die Fürsorge zum Wohle der Mitmenschen, der Gesellschaft und der Umwelt in Annahme einer Verantwortung in Mitempfinden – in Verfolgung der menschlichen Werte.

o   Das kulturelle Engagement und die Freude an den Phänomenen der Schöpfung

 

– alles dieses in einem dem Menschen zustehenden Maße.


Unser Weg

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-       Woher kommt unser Weg?  Besondere Ehrfurcht und größte Bewunderung muß uns doch erfüllen, wenn wir jene Tiefe des Seins betrachten, aus der die Energie, Struktur und der zeitliche Ablauf des Universums und damit auch unserer eigenen Existenz entstanden.

-       Das Leben ist für viele Menschen ein schwerer Weg mit wenig Hoffnung.  Aber wenn wir unseren Blick erheben können, kann uns Dankbarkeit erfüllen, daß wir dieses großartige Universum wahrnehmen und daran in dem kleinen Gebiet unserer eigenen irdischen Existenz für eine begrenzte Zeit teilnehmen können. 

-       Diese Vision des Ursprungs und der Schöpfung gibt uns die Inspiration, uns immer wieder aufzuraffen, unser Leben verantwortungsvoll und so gut wir dieses können zu erfüllen.  Diese Vision kann uns auch Trost und Friede geben, die Begrenzung unseres Lebens und unsere letztliche Rückkehr zu dem, woher wir kamen, anzunehmen. 

-       Wie alle Natur nach Leben, Wachstum und Entfaltung strebt, so müssen auch wir uns im Leben fortwährend behaupten und dabei unsere eigenen charakterlichen und geistigen Fähigkeiten weiter lernend, suchend und reifend entfalten, stets strebend, das Bestmögliche zu vollbringen.  Dabei sollen wir unsere Fähigkeiten nicht nur zu Eigennutz oder zum Schaden anderer mißbrauchen.

-       Erst im menschlichen Zusammenwirken können wir unser größtes Potential entwickeln, stets Licht und Wärme gebend und empfangend – in der Liebe unserer Familie, in der fürsorgenden Hilfe für Bedürftige, in hingebungsvollem Dienst an der Gemeinschaft und in Verantwortung für die Umwelt.  Wir müssen uns aktiv und in Anteilnahme um die Linderung des vielfältigen Leides und Überwindung des Dunklen in der Welt sowie in Fairness um die Verbesserung echter Lebenschancen für alle bemühen.  Dabei sollen wir nicht die gesellschaftlichen Kräfte nur für persönliche Macht oder zum Schaden anderer mißbrauchen. 

-       Uns wurde die Gabe der Wahrnehmung von Schönheit in Natur und Kunst zuteil.  Aber wir sollen nicht die Macht des subtilen Einflusses auf menschliche Empfindsamkeit nur zum eigenen Vorteil oder etwa zur Schädigung ethischer Werte mißbrauchen.

-       Wir sind dankbar für Harmonie in unserer Welt und brauchen die Gemeinschaft mit Gefährten auf unserer Wanderung durch die Existenz – zu unserer Ermutigung, Trost im Leid, Zurückhaltung schädlichen Verhaltens und zu koordinierter Wirkung auf eine gute Entwicklung der Gesellschaft.  Aber wir sollen solche Gemeinschaften nicht für wortreiche und geschickte Dominanz oder für hierarchische Macht mißbrauchen.

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Sinn und Ausrichtung im Leben:

-       Von Natur gegeben ist das Verlangen nach Überleben, Fortpflanzung und Gemeinschaft.    Bei uns Menschen wird dafür das Lernen eines nützlichen Berufes, Arbeit finden und gute Leistung erwartet.  Aber es ist nicht gut, vom Leiden anderer Vorteil zu erlangen, und es ist auch nicht gut, Kinder zu bekommen, wenn die Fürsorge für diese nicht gewährleistet ist.

-       Berechtigt ist das Streben nach zusätzlicher Sicherheit oder Mitteln zur Wirkung, nach Anerkennung durch andere, nach stärkendem Ausruhen von Mühsal oder nach Freude.  Aber es liegt kein Wert in der Ansammlung von Mitteln ohne deren sinnvolle Verwendung, dem Gewinnen von Ruhm ohne Verdienst oder in frivoler Unterhaltung.

-       In der Selbstentfaltung im geistigen Vollbringen oder nützlichen Fähigkeiten, in fürsorglicher Hingabe zur Unterstützung Anderer und in der Teilnahme an der ästhetischen Gestaltung der menschlichen Umwelt sehen wir die höchsten Ziele des menschlichen Seins.  Diese finden ihre Belohnung in den tiefsten menschlichen Empfindungen und im Wohl für die menschliche Gemeinschaft und Umwelt.                                            



[1]  Heisenbergs Unschärferelation

[2]  Pauli Prinzip

[3] Das SETI-Project (Search for Extraterrestrial Intelligence) ist ein großes Projekt, das von mehreren Organisationen gestützt wir, unter anderem von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Es benutzt besondere Antennenanlagen, um die interstellare elektromagnetische Strahlung nach möglicherweise „intelligentem“ Gehalt – also von einer intelligenten Quelle herrührend – zu untersuchen.

[4] Die „Intelligent Design“ Theorie postuliert göttliches Eingreifen bei der Erscheinung komplizierter  Phänomene der Existenz, von denen man annimmt, daß sie sonst nicht entstanden wären.  Diese Theorie beruht auf der Beobachtung, daß einige Lebensformen erstaunlich kompliziert und intelligent aufgebaut sind und daß ihr Erscheinen aus der Evolution nicht genügend erklärt werden kann, von Phänomenen in der Molekularbiologie bis zum Giftzahn der Schlangen, dem menschlichen Gehirn und der Funktionsweise des menschlichen Geistes.  So wird das Wirken einer „intelligente Gestaltungskraft“, Gott, als Ursache postuliert.  

[5]  Eine Sammlung interessanter und mehr ins Einzelne gehender Kommentare von vielen führenden Wissenschaftlern und einige Diskussionen von Philosophen – gläubigen und Atheisten – sind im Buch „Cosmos, Bios, Theos“ wiedergegeben, herausgegeben von Morgenau und Varghese, Open Court Publishing Company, ISBN 0-8126-9186-5.  

[6] Ergänzende Bemerkung:  Das Suchen der Menschen nach Erkenntnis läuft in vier unterschiedlichen  Dimensionen ab – im Religiösen, dem Spirituellen, der Philosophie und den Naturwissenschaften.  Das Spirituelle ist dabei ein Suchen nach einer geistigen, vom Materiellen unterschiedlichen Realität, ohne notwendigerweise den religiösen Glauben einzubeziehen, wie etwa in Meditation oder in der Annahme, daß spirituelle Kräfte, die über Hirnfunktionen hinausgehen, in der Welt wirken.  Somit ist Spiritualität eine schwächer ausgebildete Form der Religiosität.

     Philosophie ist in ihrer besten Form das geschulte und disziplinierte Denken, das Begriffe analysiert und von analysierten und akzeptierten Prämissen zu weiterführender Erkenntnis und Wahrheit führt.  Zwischen der geglaubten Religiosität und der in Realität basierten Naturwissenschaft ist Philosophie zunehmend marginalisiert worden und hat sich ungewöhnlichen Nischen des Denkens zugewandt, wo sie diejenigen beunruhigt, die weder in der Religion noch in den Naturwissenschaft ihren Boden finden.  In letzter Zeit hat der Post-Modernismus in der Philosophie vor allem den Dekonstruktionismus hervorgebracht, der alles in Frage stellt, nur nicht sich selbst.

    Philosophie war die alte Protagonistin der Religion, wurde dann durch die Scholastik dem  katholischen Denken eingeordnet, bis nun wieder moderne Wege des Denkens eingegangen wurden.  So sucht die katholische Kirche mit der Enzyklika „Fides et Ratio“ gerade wieder die Unterstützung der Philosophie zurück zu gewinnen und sieht in den Naturwissenschaften lediglich eine Anhäufung von Einzelwissen und den Versuch, die Welt technologisch zu gestalten.  Dabei wird übersehen, daß die Wissenschaft aus der Menge des im Einzelnen Beobachteten von Zeit zu Zeit grundsätzlich neue Prinzipien und Perspektiven unserer Existenz in dieser Welt ableitet, die nicht nur der Philosophie als neue Ausgangspunkte spekulativen Denkens dienen sollten, sondern auch dem traditionell überkommenen religiösen Denken Anlaß zur Korrektur geben könnten. 

     Zu diesen neuen Perspektiven der Wissenschaft gehört vor allem die Darwin’sche Evolutionslehre, nun aber auch das Wissen von immer wieder in geologischen Zeiten auftretenden, sehr großen biologischen Auslöschungen, die Erwartung weiteren intelligenten Lebens im Weltraum und die Erkenntnis von der zeitlichen Vergänglichkeit aller kosmischen Strukturen, einschließlich der unseres Sonnensystems.  Zur Bedeutung dieser Erkenntnisse für das religiöse Denken wird in diesem Aufsatz Stellung genommen.

 

[7] Der Papst Johannes Paul II bemerkt in seiner Enzyklika “Fides et Ratio”:  “Dessen beraubt, was Offenbarung bietet, hat Vernunft Nebenwege eingeschlagen, die sie der Gefahr aussetzt, den Blick auf ihr endgültiges Ziel zu verlieren” (Kap. 48).

[8] Es gibt vage Spekulationen bezüglich der Existenz anderer Universen (dargestellt als Sequenzen oder Verästelungen von Blasen, die jene sich ständig ausdehnenden Universen darstellen sollen).  Solch andere Universen hätten aber keine Zeitbeziehung oder physikalische Beziehung zu unserem und wären möglicherweise auch von anderer Art. 

[9]  Siehe die „Christians in Science Conference“, London, 28. September 2002, besonders die Vorträge von Graham McFarlane und Howard Van Till.

[10] “Theodizee” nach Duden: „Rechtfertigung Gottes hinsichtlich des von Ihm in der Welt zugelassenen Übels“.

[11]  Und wie steht es mit Mohamed und etwa J. Smith, dem Begründer der Mormonen?

[12]  Fünf große „Auslöschungen“ sind bereits seit Anfang der großartigen Diversifikation des multizellularen Lebens auf Erden vor ungefähr 600 Millionen Jahren geschehen, wie aus Fossilfunden zu erkennen.  Die Auslöschung, die vor ungefähr 450 Millionen Jahren geschah, muß an die 90 % aller Lebensformen vernichtet haben, dabei auch die Aufbaupläne einiger Organismen, die dann nie wieder entstanden sind.  Die nächste Auslöschung fand dann vor ungefähr 350 Millionen Jahren statt.  Die doppelte Auslöschung vor 250 und 200 Millionen Jahren vernichtete die damals vorherrschenden Trilobiten und mit ihnen 95 % aller Arten des Lebens.  Die Verlustzahl an Lebewesen, die damals existierten, mag anders gewesen sein, da man die Zahl der damals vorhandenen Lebewesen für jede der vernichteten Arten nicht kennt.

     Nur zwei dieser Auslöschungen können in Zusammenhang mit einem Meteoriteneinschlag gesehen werden.  Aber jeder  der Auslöschungen war verbunden mit und wahrscheinlich ausgelöst von gigantischen Blasen hochflüssigen Magmas, die in unregelmäßigen Abständen von der D“-Schicht oder einer anderen Schicht tief im Inneren der Erde aufstiegen (siehe die Forschung von McLean, Virginia Polytech., Jason Morgan, Princeton, und Vincent Courtillot, Paris).  Wenn eine derartige Aufquellung die Erdoberfläche durchbricht, entstehen zunächst riesige Explosionen und der Ausstoß von sehr großen Mengen giftiger Gase (mit Schwefel und Kohlenstoffdioxyd Gehalt), die zum Teil in die Stratosphäre der Erde hinaufreichen, dabei die gesamte Ozonschicht zerstören und riesige Mengen von stark saurem Regen erzeugen.  Dan folgt die Bildung großer Aufrisse an der durch die aufsteigende Basaltblase dort etwas aufgewölbten Erdoberfläche, die mehrere Hunderte von Kilometern lang sein können, einige quer zueinander, was zu einer sehr schnellen Verteilung des hochflüssigen Basalts über große Gebiete und zum Ausstoß von weiteren Gasmengen führt.  Dieses geschieht in Dutzenden von individuellen Ausflüssen über einen längeren Zeitraum, wobei jeder Ausfluß möglicherweise innerhalb von Tagen geschieht und dabei sehr schnell mehrere Hundert Kilometer weit läuft.  Auf Grund der damit zusammenhängenden geologischen und atmosphärischen Ereignisse senkt sich die Oberfläche der Ozeane bis zu 250 Meter ab und zerstört damit den noch verbleibenden, größten Reichtum an Lebewesen in den flachen Teilen der Meere, der nicht schon durch die Giftgase und die sauren Regen vernichtet wurde.

    Die bekanntesten Basaltablagerungen von derartigen Ereignissen sind die „Deccan Traps“ in Indien, die eine Fläche von der Größe Frankreichs bedecken, an einigen Stellen über 1,500 Meter dick sind und mit der Auslöschung der Dinosaurier in Zusammenhang stehen.  Gleichbedeutend waren die „Siberian Traps“, die mit der Auslöschung der Ära der Trilobiten in Zusammenhang stehen.  Die Palisaden am Hudson bei New York und die Basalte am Columbia Fluß in den USA sind kleinere derartige Ausflüsse.  Die bedeutendsten Basaltausflüsse geschahen an den Stellen und zu der Zeit, wo Kontinentalplatten auseinander strebten und sich damit Ozeane erweiterten oder sich neue Ozeane bildeten – wobei die Art und Richtung des Zusammenhanges von Ursache und Wirkung nicht bekannt sind.

     Man kann mit Sicherheit annehmen, daß weitere derartige Katastrophen in ungleichmäßigen Zeitabständen in der Zukunft geschehen werden, die nächst vielleicht innerhalb von 10 Millionen Jahren.  Ob die Menschheit und ihre Zivilisationen überleben werden?  Welche Richtung wird die Evolution nach Abtreten der Menschheit nehmen?

    Durch die Entwicklung eines akustischen „Cat-Scans“ der Erde könnte man bald derartige aufsteigende Basaltblasen einige Zeit vor deren Durchbruch durch die Erdoberfläche erkennen, auch den Durchbruchpunkt dann genau vorhersagen.  Wie wird sich die Menschheit in einer solchen Zeit der erwarten Riesenkatastrophe verhalten?   

[13]  Siehe R. E. Friedman, „Who wrote the Bible“, Harper & Row, New York, 1987, ISBN 0-06-097214-9

[14]  Für eine Diskussion der Vielzahl unterschiedlicher menschlicher Emotionen oder Gefühle siehe den Aufsatz „Brain, Mind: Human Parsonality“, Kapitel 2.1 und andere, von H. Schwab

[15]  Natürlich „dekonstruiert“ die post-moderne Philosophie auch diesen Ansatz, ohne jedoch einen anderen von allgemeinerer Gültigkeit dagegen setzen zu wollen oder zu können.

[16]  Siehe im Besonderen den Brief des Paulus an die Römer

[17]  Ein grundsätzliches Prinzip der Natur veranlaßt die Verbindung von „Strings“ zu Quarks und Gluons, Elementarteilchen, Atomen, Molekülen, großen biochemischen Molekülkombinationen, Zellen, komplexen Organismen, und sogar von einzelnen Wahrnehmungen und Denkvorgängen zu komplexen Vorstellungen und Denksystemen.

[18]   Ein Beispiel:  Nur eine geringe Veränderung des Verhältnisses der Masse des Proton zu der des Elektrons oder der Ladung des Elektrons würde die Entstehung schwerer Elemente in Sternen unmöglich gemacht haben.

[19]  Dabei mögen auch andere Weltraumzivilisationen in die physikalischen und philosophischen Überlegungen verwickelt sein bezüglich der inflationären Phase ganz am Anfang des Urknalls, ob das Raum-Zeitsystem der Existenz in sich selbst ohne Grenze geschlossen ist, ob eine quantenmechanische Fluktuation die Entstehung der Welt erklären kann, ob die Summe der Kosmosenergie aus Materie und Gravitation als gleich Null gesehen werden kann, ob Materie vielleicht aus einer Raumkrümmung entstand, wie man zeitliche Kausalität vor der Entstehung der Zeit oder in imaginärer Zeit verstehen kann und andere Gedanken, die tiefer in die Abstraktheit der Urschöpfung hineinführen (siehe Prof. Hawking, Cambridge, oder Prof. Gott, Princeton), aber auch nicht die Entstehung der Naturgesetze oder des kombinatorische Prinzips erklären, siehe eine vorhergehende Fußnote.

[20]   Wenn man Existenz als das Vorhandenseins eines Unterschiedes sieht, so kann man dessen Ursprung mit der einfachsten mathematischen Stufe als „0/1“ oder mit der geringsten Quanten-Wirkung „q“ bezeichnen, von der alles andere kombinatorisch entstand.  Wo bleibt dann aber das Entstehen der Zeit und damit jeglicher Dynamik der Existenz?  Wo bleibt das Entstehen von Leben, von allen menschlichen „Werten“ und von Freude am Schönen?

[21]   Dieses geschieht wahrscheinlich durch quantenmechanischen Fluktuationen.  Dadurch können sich Paare von subatomaren, komplementären Elementarteilchen in der Nähe der „schwarzen Löcher“ bilden.  Diese können dann unsymmetrische von den schwarzen Löchern „verschlungen“ werden, so daß etwa die aus Antimaterie bestehenden Teilchen der Paare in den Löchern verschwinden.  Das führt dann zu der beobachteten Strahlung und zu Masseverlust der schwarzen Locher – die sich endgültig nach sehr langer Zeit sogar auflösen können.

[22] Dabei kann natürlich der Rückblick von einem erschaffenen System auf den erschaffenden Geist möglicherweise nur einen begrenzten Einblick in diesen geben.  Für das erschaffene System und dessen beabsichtigte oder zugelassene Funktion genügt dieser Einblick aber.     

[23]  Zu den wichtigsten Naturkonstanten gehört die Geschwindigkeit des Lichtes im Vakuum, die Planck Konstanten für die geringste Energie, Länge und Zeit, die Ladung des Elektrons und das Verhältnis der Massen von Proton zu Elektron (kritisch für die Erstellung schwerer Elemente und deren Verteilung im Weltraum durch Super-Novas).

[24]  Zur ausführlichen Diskussion der Freiheit des Willens sollen noch folgende Gedanken hinzugefügt werden:

Was ist denn Freiheit des Willens?  Zu tun, was man will!  Also ist es Freiheit der Selbstverwirklichung, des Selbstausdruckes.  Das „selbst“ ist geformt von genetischen Faktoren der Körperstruktur, Neurophysiologie, Biochemie, vorhergehenden Erfahrungen, persönlichen Wahlen und eigenem Denken.

     Die Frage der Freiheit entsteht vor allem im Widerspruch der Unterdrückung von Optionen durch externe (politische, kulturelle) oder interne (psychologische, pathologische) Kräfte.

    In diesem Sinne haben auch schon Vögel die Freiheit hinzufliegen, wohin sie wollen – aber nicht, sich wie Katzen zu benehmen.  Menschen können sich gewollt anders verhalten, als durch ihre Persönlichkeit vorgegeben (im Rollenspiel), selbst gegen ihr eigenes Interesse (im Karitativen), oder sogar in gewollt willkürlichem Verhalten – außer, wenn unterdrückt, wie vorher bemerkt.  Was würde denn ein absolut freies Individuum anders tun, als das?

     Folglich betrifft die Diskussion der Willensfreiheit entweder das Dilemma, jemand anderes sein zu wollen, als man selbst ist (einschließlich anderer Persönlichkeit, siehe den Aufsatz „Human Personality“ von H. Schwab), oder die Revolte gegen psychologische Faktoren („Ich möchte Gewicht verlieren, ich möchte mehr willensstark sein, aber ich kann nicht“), gegen Beschränktheit persönlicher Fähigkeiten („Ich wünschte, daß ich klüger wäre“), und gegen seinen Platz im Leben – einschließlich der Einbettung in einer Kultur.

     Die neurophysiologische Willensbildung durch Auswertung der sensorischen Eindrücke, Rückbeziehung auf Gedächtnis, Denken und Bewerten von Faktoren und sogar das kürzlich entdeckte zeitliche Nachlaufen bewußter Gedanken bezüglich einer Entscheidung nachdem bereits der Willensausdruck durch unterbewußte Prozesse begonnen hat, kann nicht gegen die Freiheit des Willens gehalten werden.  Wie würde denn eine freie Person es anders tun – im Selbstausdruck, in Selbstverwirklichung?  Es mag da sogar eine „Unschärferelation“ in der Bildung des Willens im Hirn geben (siehe den Aufsatz „Mental Creativity“ von H. Schwab).          

[25] Was sind „Emotionen“?  Emotionen haben sich durch die Evolution des mittleren Hirnbereiches und der Körperchemie als praktischer Kontrollmechanismus der entstehenden höheren Lebewesen vor vielen Jahrmillionen gebildet und dann, besonders später beim Menschen, sehr verfeinert und weiterentwickelt.  Dadurch wurden eine Reihe wichtiger Lebensfunktionen jenseits von den primitiveren, neuro-mechanischen, reflexiven Reaktionen einfacherer Lebewesen auf holistische Weise mit relativ geringem neurophysiologischen Aufwand kontrollierbar. 

     Emotionen (Empfindungen, Gefühle) sind Teilphänomene des menschlichen Bewußtseins, die holistisch die Bewertung von Zuständen, beziehungsweise den Wunsch nach Veränderung eines Zustandes ausdrücken.  Während Gedanken spezifische, virtuelle Vorstellungen von der Art von Worten, Bildern oder anderen Wahrnehmungsarten (Akustik, Geruch, Gefühl) sind, sind Emotionen nicht derart spezifische Vorstellungen, können diese aber auslösen.  Emotionen sind vage und schwer beschreibbar. 

     Emotionen gestatten den Zusammenhang von Situationen nicht nur schneller, sondern auch bezüglich der Kausalität und Auswirkungen besser oder „tiefer“ zu erfassen, als das synaptisch/logische „Denken“ des frontalen Hirnbereiches, denn sie erfassen die Grundlage und nicht die Symptome der Situationen.  Das gilt aber nur für Situation oder Teilaspekte von Situationen, bei denen das Empfinden einen kausalen oder auswirkungsmäßigen Zusammenhang hat, also vor allem menschliche Situationen. 

     Bei rein sachlichen Zusammenhängen, etwa in der Mechanik oder Geologie, nützen Emotionen nichts – dort helfen bestenfalls „Intuitionen“ oder das „intuitive“ Erfassen von Situationen, das aber aus einem ganz anderen neurologischen Zusammenhang entsteht und nicht auf Emotionen basiert und andersartige, eben praktischere Erkenntnisse vermittelt. 

     Die „Erleuchtungen“ östlicher Meditationsschulen sind wiederum andere neurophysiologische und psychologische Phänomene wohl virtueller Art, aber ohne Erkenntnisvermittlung praktischer oder emotionaler Art. 

     Es ist ungünstig, daß man sprachlich viele holistische Bewußtseinsphänomene in dem einen Wort „Emotionen“ zusammenfassen kann, denn es handelt sich um sehr unterschiedliche Phänomene mit unterschiedlichen Verankerungen in der Neurophysiologie des Hirns und der Körperchemie.  Man kann vor allem drei Gruppen von Emotionen unterscheiden:

1)     Natürliche Verlange (Hunger, Durst, Sex) oder Drogenabhängigkeiten.

        Diese Emotionen sind spezifisch und zielgerichtet und verschwinden bei Erfüllung des Verlangens.

2)     Ethische Empfindungen der „warmherzigen“ Verbundenheit, wie Sorge für Kinder, für Sippenangehörige oder Aufopferung für das Gemeinwohl, also Formen der nicht-erotischen „Liebe“ (im Griechischen der αγαπη oder  φιλια, nicht der ερως).

Diese bereits proto-ethisch in der Tierwelt vorhandenen Emotionen sind allgemein genetisch begründet, aber durch persönliche und kulturelle Lernvorgänge ausgerichtet, verfeinert und in ihrem Wirkungsbereich verallgemeinert (siehe die christliche Nächstenliebe für alle Menschen).  Ein von „Herzen“ kommender, liebender Glaube an Gott und die Erwartung der Liebe eines „Gott-Vaters“ liegen in diesen Emotionen begründet.

3)   Allgemeine Zustandsempfindungen von Glück oder Leid in vielen Variationen.

Dazu gehört auch das Glück des erfüllten Lebens, menschlicher Verbundenheit oder Nützlichkeit, der Freude an allem Schönen, sowie aber auch des Leides eines sinnlosen Lebens, der Einsamkeit oder Nutzlosigkeit, auch der Langeweile, sowie der trostlosen Häßlichkeit.

      Bei uns auf Erden hat sich durch die Emotionalität der zweiten und dritten Art eine in der Evolution ganz neue Dimension des Existierens ergeben, die dann zur Entfaltung der menschlichen „Werte“ und der Höhe der „Menschlichkeit“ auf unserer Erde führte.  Zusammen mit dem Bewußtsein und der Denkfähigkeit des Menschen sind es diese Werte, die die Bedeutung und die Rechtfertigung der zu respektierenden „Würde“ des Menschen und der „Heiligkeit“ des menschlichen Lebens (aber bemerkenswerter Weise nicht des pflanzlichen oder tierischen) ausmachen.

 

[26]  Der Papst hat anläßlich einer wissenschaftlichen Tagung im Vatikan vor nicht all zu langer Zeit auch die Forschung über den letzten, kosmologischen Urgrund der Entstehung des Universums untersagt, da es sich dabei um eine Handlung Gottes gehandelt habe, die dem Menschen zu untersuchen nicht anstehe.

[27]  Siehe den Aufsatz „The Brain, the Mind:  Human Personality” von H. Schwab, 2002

[28]  Das “Rache-verhalten“ bei uns Menschen ist ein unglückseliges Überbleibsel einer evolutionären Entwicklung aus der Urzeit im genetisch vorgegebenen Reziprozitätsverhalten, dessen neurophysiologische oder kognitiv-psychologische Verankerung wohl noch nicht genügend verstanden und dessen Abbau noch nicht gelungen ist.  So bleibt dieses Übel bei uns und zwar nicht nur zwischen Individuen, sondern wird von diesen auch zwischen Gesellschaftsgruppen oder Staaten toleriert, weit über rationale Abschreckung oder erzieherische Wirkung hinaus, meist nur endlose Gegenrache hervorrufend, siehe die Kämpfe im Mittleren Osten. 

[29]  Die Frage erhebt sich, wie weit in die Zukunft man ein solches Interesse zukünftiger Generationen mit einbeziehen müßte.  Kann man das Interesse zukünftiger Generationen in der Zeit diskontieren?  Wird zukünftige Technologie leicht das Ersetzen jetzt knapper Ressourcen ermöglichen – wie Erdöl, Mineralien oder Wasser?

[30] Gelegentlich ist dieses auch eine Frage der Schriftforschung, siehe Aufdeckung der Urheberschaft des 5. Buches Moses (Deutoronomium) durch De Wette, Cross und Friedman als nicht von Moses, sondern von Jeremiah aus der Zeit Josiahs um 622 B.C. stammend und dessen eigene neue Ordnung und Gesetze einführend.     

[31]  Wenn man ein Modell bauen würde, in dem die Sonne nur 5 cm Durchmesser hätte, wäre die Erde ungefähr 5 m von der Sonne entfernt und hätte weniger als einen halben Millimeter Durchmesser.  Entsprechend klein und verstreut wären die anderen Planeten im leeren Raum.  Das nächste Sonnensystem zu unserem wäre ungefähr 750 Kilometer entfernt.  Dazwischen wäre alles nur Leere, sogar hier im Bereich einer Galaxie, unserer Milchstraße. 

     Zwischen den entsprechend weit verteilten Galaxien herrscht wieder ausgedehnte Leere.  Die Galaxien sind im Weltraum verteilt, wie ein Schwamm.  Es gibt Ansammlungen von Galaxien in Haufen, aber auch entlang vielen Bändern oder am Rande von riesigen Blasen im Raum, die fast nichts enthalten.  Alles dieses muß man sich in langsamer Bewegung vorstellen auf Grund der fortschreitenden, weiteren Ausdehnung unseres Universums, der Gravitationswirkungen und anderer Ursachen für die Bewegung der Galaxien, was auch gelegentlich zu Zusammenstössen derselben führt.  Es wird erwartet, daß unser Galaxie, die Milchstraße, in einigen Milliarden Jahren mit der Galaxie, die Andromeda Nebel genannt wird, zusammenstoßen wird, wie sie wohl schon mit anderen, kleineren Galaxien zusammengestoßen ist (siehe den Sterngürtel um die Milchstraße).     

[32]  Siehe die Sammlung von Aussagen in der Welt führender Wissenschaftler im Buch „Cosmos, Bios, Ethos“, herausgegeben von Morgenau und Verghese, Open Court Publishing Company, ISBN 0-8126-9186-5

[33]  Die menschliche Fähigkeit für „Bewußtsein“ (Definition: Wahrnehmung des eigenen Seins, der Umwelt und des eigenen Denkens) wird als die mysteriöseste und vielleicht auch wichtigste menschliche Fähigkeit angesehen. 

     Jeder Hund weiß genau, wo er sich zu kratzen hat, wenn es juckt, dadurch ein Bewußtsein seiner selbst beweisend.  Jeder Hund, der nach Futter am richtigen Platz sucht – oder jeder Wolf, der eine gültige Strategie zum Erjagen seiner Beute entwickelt – zeigt Bewußtsein der ihn umgebenden Welt und die Fähigkeit, diesbezüglich zu denken – auch erkennbar bei schlafenden Hunden, die träumen.  Es gibt zwischen den verschiedenen Stufen der Komplexität der Existenz keine scharfe Abgrenzung zwischen keinerlei Fähigkeit zu Bewußtsein und vollem Bewußtsein – zwischen fortgeschrittenen Maschinen, Tieren oder Menschen.  Da sind nur quantitative Unterschiede.  Bewußtsein auf jeder Ebene ist ein virtuelles Phänomen, das von der Erinnerung früherer Wahrnehmungen – einem Vorläufer des Bewußtseins – verbunden mit Erinnerung an vorherige Gedanken, Gedankenverarbeitung und der komplexen, vielfältigen Aufrufbarkeit des Erinnerten herrührt – einschließlich von deren Bewertung und der Beurteilung von Konsequenzen – selbst wenn so nur in die jeweilige Maschine oder Menschen hineinprogrammiert.

     Die oft emotionale Empfindung des Bewußtseins ist nicht anders, als die emotionale Reaktion auf eine Wahrnehmung – z. B. ein Kunstwerk – oder eine nur gedankliche Vorstellung.  Diese emotionale Reaktion tritt nur auf, wenn man über das Bewußtsein nachdenkt, wie sie auch auftritt, wenn man über manch anderes nachdenkt.

    Was von der Essenz des Bewußtsein bleibt, ist die Einzigartigkeit der tierischen und menschlichen Fähigkeit zum Denken, geistige Vorstellungen im Ablauf des Denkens zu haben, wie eine andere Realität, aber eine virtuelle – und die Fähigkeit, solche Vorstellungen des Denkens erinnern zu können.

    Weitere neurophysiologische Erklärungen des Denkens finden sich in den Aufsätzen „Creative Thought“ und „Mental Creativity“ von H. Schwab.     

[34]   Siehe die bedeutende Forschung, die von Jane Goodall über Schimpansen durchgeführt wurde und die bewies, daß diese Lebewesen sehr viel von dem haben, was wir als Seele bezeichnen.

[35]  Was dominiert nun, die materielle Grundlage oder die Form und Struktur unserer Essenz?  Offensichtlich ist es die abstrakte Essenz, die Form und Struktur, da jedes materielle Teil von uns ersetzt werden kann und wir doch dieselbe Person bleiben. 

     Aber was würde geschehen, wenn wir unsere materielle Basis rekonstruieren könnten, Atom für Atom, mit genau der gleichen Form und Struktur, wie wir sie zu irgendeinem Zeitpunkt haben?  Wären das auch wir selber, mit demselben Geist und Gedächtnis  - da beide ja hirnabhängig sind?  Könnten wir dann eine der beiden Kopien eliminieren und genau wie vorher weiterleben, da die überlebende Kopie ja nicht vom Vergehen der anderen wissen würde?  Würde das beweisen, daß unser materieller Gehalt dominiert?

[36]  In einer historischen Klarstellung muß man sagen, daß die Entwicklung des ethischen Denkens der Menschen auf „Nächstenliebe“ zu und die Formulierung entsprechender moralischer Leitwerte auf frühere Zeiten zurückgeht.  So hat sich wohl als erster König Urukagina (auch Uru’inimgina genannt) ungefähr 2,300 B.C., 600 Jahre vor Hammurabi, in Lagash, Mesopotamien, als Beschützer der Schwachen und Ausgenutzten in der Gesellschaft dargestellt. 

     Bald darauf haben ägyptische Schriften auf Rücksichtnahme für die Niedrigen und Schwachen in der Gesellschaft und Schutz der Waisen hingewiesen (siehe A. Erman, LAE, pp 72 und 116 ff). 

     Jeremiah (siehe eine frühere Fußnote) hat um 622 B.C. im Deutoronium diese Gedanken wiederholt und ausgebaut, siehe dort 10/18 und 24/6-22, wobei er bemerkenswerter Weise in Vers 16 den Tod eines Individuums für die Schuld eines Anderen verbietet.        

       [37]  Mit anderen Worten, man kann nicht den Glauben an einen Plan oder ein Ziel der Schöpfung bestätigen, vor allem nicht auf den Menschen und seine Werte zu, da die Leere und unwirtliche Wildheit der Schöpfung sowie die großen Zeitabstände von Entwicklungsschritten und die wiederholten Auslöschungen den Menschen wie auch andere intelligente Wesen im Weltraum eher als zufällige, ständig gefährdete, vorübergehende Erscheinung an jeweils einem der wenigen, geeigneten Punkte des Kosmos zeigen. 

    Dabei ist das Prinzip des kombinatorischen Aufbaus der Existenz mit dem Auftreten von dann immer neuen Phänomenen – vom physikalischen Materieaufbau zu den Strukturen des Weltraums, zum Leben, zur Sensorik, geistigem Bewußtsein, dem selbstverantwortlichen Geist und den Werten der Menschen und anderer höherer Wesen – wohl das größte Wunder der Schöpfung. 

     Ebenso sind dabei die Nutzlosigkeit, das viele Leiden und die vielen Zerstörungen wertvoller Dinge und Wesen bis zur letztlichen Auflösung des Kosmos wohl das größte Rätsel. 

      [38] Man kann also in einer kosmischen Sicht nicht die Ansicht vertreten, daß Gott in der Evolution alle hochentwickelten Wesen des Weltraums mit „Erbsünde“ behaftet und verdammungswürdig habe entstehen lassen, so daß sie nur dank der Gnade des überall im Kosmos einmal stattfindenden, stellvertretenden Opfers seines „eingeborenen“ Sohnes (denn ohne dieses Opfer wäre ja nach unserer Theologie keine Erlösung) und nur, wenn sie an diesen Sohn glauben, „erlöst“ werden können.  Ein solches Opfer müßte Millionen mal, verteilt über das Alter des Universums, immer wieder stattgefunden haben, zu den Zeiten jeweils wie kosmische Zivilisationen entstanden sind.

     Aber die Annahme einer Sonderstellung der Erde als einzigen sündhaften oder einzigen erlösten Platz im Universum ist auch nicht vertretbar.

[39]  Kriminelles Verhalten beruht im Allgemeinen auf naturgegebenen Anlagen oder Umwelteinflüssen, denen man mit Umerziehung, Veränderung des kulturellen Umfeldes, Therapie oder Isolation der auf Dauer Unverantwortlichen entgegentritt.  In wenigen Fällen mag eine Bestrafung die Abschreckung vor Wiederholung oder Nachahmung durch andere bezwecken.  Das geht aber nur, wenn die Abschreckung unmittelbar, durchgehend und öffentlich sichtbar erfolgt.  Daher kann ein scharfes Urteil Gottes und Bestrafung erst in einem Jenseits nach Tausenden von Jahren nicht verstanden werden – und hat auch wenig Einfluß auf die Kriminellen dieser Welt. 

     Was bleibt, ist die Hoffnung der unglücklichen Menschen diese Welt in ihrem oft so mühebeladenen Leben auf eine bessere, zukünftige Welt.

[40]  Die Verarbeitung von mentalen Vorstellungen geschieht etwa auch im Geist eines technischen Konstrukteurs während er ein neues Produkt entwirft.  Die meisten Menschen können sofort Bilder von Gegenständen, Personen oder Situationen malen, die sie beschrieben bekommen haben.  Eine lebensnahere Entwicklung von Vorstellungen findet man bei Schriftstellern von Romanen.  Solch Schriftsteller merken oft, wie die Personen, die in ihren Romanen vorkommen, fast ein „Eigenleben“ entwickeln.  Solche Personen können dann ihre eigene Persönlichkeit entwickeln, durch mancherlei Erfahrungen in ihrem doch nur erdachten Leben gehen und Entscheidungen fällen, die zu entsprechenden Konsequenzen führen. 

     Es ist nicht unüblich, daß Menschen – und nicht nur Kinder – schließlich an Geschichten glauben, die sie selbst erdacht (sich „vorgestellt“) haben, wenn ihre Vorstellungen besonders intensiv oder die Geschichten sehr bedeutend für sie waren oder nachdem sie diese oft genug erzählt oder gehört haben.  Das kann bei allen historischen Religionen oder Ideologien so beobachtet werden, selbst in unseren Zeiten, etwa bei politischen Systemen mit übertriebenem Persönlichkeitskult ihrer Anführer.